Hamburg. Biontech oder Astrazeneca? Hausarzt oder Impfzentrum? Maske und Schnelltest: Dr. Heinrich und Senatorin Leonhard klären auf.

Wenige Themen beschäftigen die Leserinnen und Leser des Hamburger Abendblatts so sehr wie die Impfungen gegen das Coronavirus. Obwohl und weil die Impfungen bereits seit vier Monaten in den Messehallen in Hamburg und seit Kurzem auch in den Praxen der niedergelassenen Ärzte stattfinden, haben sich weitere Fragen ergeben. Das Abendblatt hat den Sprecher der medizinischen Leiter im Impfzentrum, Dr. Dirk Heinrich, und die Sozialbehörde von Senatorin Melanie Leonhard (SPD) um Antworten auf die wichtigsten Leserfragen gebeten.

Wenn ich geimpft bin – wann lässt die Immunisierung nach? Muss die Impfung jedes Jahr aufgefrischt werden? Und kann ich dann unterschiedliche Impfstoffe bekommen?

Heinrich: Es gibt noch nicht genügend wissenschaftliche Studien. Deshalb wissen wir noch nicht, wie lange die Immunisierung anhält und ob sie aufgefrischt werden muss. Das ist nicht unwahrscheinlich. Ich vermute, dass man bei einer Auffrischung andere Impfstoffe als im ersten Durchgang nehmen kann. Es ist ja so, dass man jetzt auch einen anderen Impfstoff bekommt, wenn man unter 60 ist und im ersten Durchgang Astrazeneca erhalten hat.

Muss ich trotz Impfung weiterhin die Maske aufsetzen? Ist die Übertragung des Coronavirus von einem Infizierten auf mich jetzt unwahrscheinlicher?

Heinrich: Maske: ja. Die Impfung verhindert nicht, dass Tröpfchen durch die Luft fliegen. Die Wahrscheinlichkeit ist aber hoch, dass durch die Impfung so viele Antikörper gebildet werden, dass die Infektion nicht mehr „angeht“. Das ist wie ein Samen: Man kann ihn in die Erde pflanzen, aber es wird kein Baum mehr daraus, vielleicht noch ein Bäumchen. In jedem Fall ist die Sicherheit beim Geimpften höher als beim Getesteten.

Kann ich mich trotz Impfung mit dem Coronavirus anstecken und welche Folgen hat das? Kann ich das Virus an andere weitergeben, zum Beispiel meine Kinder?

Heinrich: Siehe oben: ja. Eine Impfung schützt nicht zu 100 Prozent vor einer Infektion. Möglicherweise gibt es auch eine richtige Erkrankung, wahrscheinlich aber nur eine leichte, wenn überhaupt. Es gibt auch ein sehr kleines Restrisiko, dass man schwer erkrankt. Wer erkrankt trotz Impfung kann das Virus auch weitergeben. Es gibt aber Hinweise, dass die Weitergabe eben insgesamt unwahrscheinlich ist.

Die Mutanten beunruhigen mich. Gilt der Impfschutz auch gegen sie und künftige Varianten des Coronavirus, zum Beispiel die indische?

Heinrich: Aus den bisherigen Daten kann man vermuten, dass der Impfschutz auch gegen die britische, südafrikanische und brasilianische Variante wirkt. Möglicherweise nicht ganz so gut allerdings. Die Impfstoffe könnten auch angepasst werden. Bei der indischen Variante gibt es noch zu wenig Informationen.

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).

Ich habe die erste Impfung mit Astrazeneca bekommen. Kann oder soll ich die zweite mit Biontech oder Moderna machen und in welchem zeitlichen Abstand?

Heinrich: Wenn ich unter 60 bin, empfiehlt das Robert-Koch-Institut sogar die Zweitimpfung mit einem mRNA-Impfstoff, also zum Beispiel Biontech. Bei über 60-Jährigen kann und sollte man beim zweiten Mal weiter Astrazeneca impfen. Der Abstand sollte zwölf Wochen betragen.

Dr. Dirk Heinrich, leitender Arzt im Impfzentrum, hat über Twitter eine weitere Gruppe zum Impfen aufgerufen.
Der Sprecher der medizinischen Leiter, Dr. Dirk Heinrich © Andreas Laible | Unbekannt

Wenn ich bei der ersten Impfung den Impfstoff von Astrazeneca nicht vertragen habe (heftige Nebenwirkungen), kann ich dann bei der zweiten Biontech bekommen?

Heinrich: Das kommt auf die Nebenwirkungen an und muss vom Impfarzt entschieden werden.

Ich habe eine Gefäßerkrankung und sollte nicht mit Astrazeneca geimpft werden. Wie und wem mache ich klar, dass ich Biontech brauche? Im Impfzentrum wird mir ja einfach ein Impfstoff zugeteilt, oder?

Heinrich: Wir haben keine Hinweise darauf, dass die nach dem Impfen mit Astrazeneca äußerst selten beobachteten Sinusvenenthrombosen etwas mit Gefäßerkrankungen zu tun haben. Es handelt sich wohl eher um ein sehr spezielles Immungeschehen, das dann zu diesen Hirn- oder Bauchvenentrombosen führt.

 Braucht man nach einer überstandenen Corona-Infektion auch eine Impfung? Und wenn man als Genesener bereits eine erste Impfung mit Biontech hatte, braucht man dann auch die zweite?

 Heinrich: Ja, sechs Monate nach der Erkrankung kann und sollte geimpft werden. Diese wirkt dann wie eine zweite Impfung. Es ist dann nach jetzigem Kenntnisstand keine weitere Impfung erforderlich. Nur wenn die Covid-Erkrankung mehr als neun Monate zurückliegt, empfehlen wir im Impfzentrum eine komplette Serie.

Muss man nach einer überstandenen Covid-Erkrankung erst einen Antikörper-Test machen, um zu schauen, ob jemand überhaupt geimpft werden soll?

Heinrich: Nein.

In einem Pflegeheim werden die nicht geimpft, die Corona hatten. Ist das die korrekte Vorgehensweise?

Heinrich: Ja, sechs Monate nicht, siehe oben.

Historisch: Die erste Impfung gegen das Coronavirus in Hamburg mit Bürgermeister Peter Tschentscher, Dr. Dirk Heinrich, Karin Sievers und Sozialsenatorin Melanie Leonhard
Historisch: Die erste Impfung gegen das Coronavirus in Hamburg mit Bürgermeister Peter Tschentscher, Dr. Dirk Heinrich, Karin Sievers und Sozialsenatorin Melanie Leonhard © dpa | Unbekannt

Wenn die Betriebsärzte impfen, kann ich mir dann den Impfstoff aussuchen? Heinrich: Nein.  Müssen Geimpfte auch noch Corona-Tests machen und warum oder warum nicht?

Heinrich: Zurzeit ja. Über die Beratungen beim Impfgipfel, ob man Geimpfte mit Getesteten gleichstellt, muss erst noch politisch entschieden werden.

Wenn ich die Wahl habe, schnell einen Termin im Hamburger Impfzentrum zu bekommen oder noch drei, vier Wochen zu warten, bis mein Hausarzt impft – was soll ich Ihrer Meinung nach tun?

Heinrich: Auf jeden Fall im Impfzentrum den frühen Termin wahrnehmen. Man könnte vor einem späteren Termin beim Hausarzt oder Facharzt ja theoretisch noch erkranken.

Wenn ich mich aus verschiedenen Gründen nicht impfen lassen kann – habe ich dann trotzdem in Zukunft dieselben Rechte wie Geimpfte?

Heinrich: Wer aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden kann, dem darf daraus kein Nachteil entstehen.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Wenn ich die erste Impfung im Impfzentrum hatte, habe ich dann die zweite auch garantiert da, oder muss ich in eine Arztpraxis? Was ist, wenn das Impfzentrum schließt?

Leonhard: Wenn die erste Impfung im Impfzentrum erfolgt ist, findet auch die zweite Impfung dort statt. Das gilt auch für Personen unter 60 Jahren, die bei der ersten Impfung den Astrazeneca-Impfstoff erhalten haben. Anstelle der zweiten Astrazeneca-Impfstoffdosis wird dann eine Dosis eines mRNA-Impfstoffs verabreicht. Wer auf jeden Fall auch als zweite Dosis Astraeneca erhalten möchte, sollte dafür in einer Arztpraxis einen individuellen Termin vereinbaren.

Sozial- und Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard
Sozial- und Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard © MARCELO HERNANDEZ / FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Warum organisiert die Stadt Hamburg nicht auch die Termine bei den niedergelassenen Ärzten?

Leonhard: Die Corona-Schutzimpfung in den Arztpraxen funktioniert wie jede andere Schutzimpfung auch: Sie melden sich vor Ort und vereinbaren einen Termin. Die jeweiligen Arztpraxen kennen ihre Patientinnen und Patienten selbst am besten und sprechen sie für die Terminvereinbarung im Moment auch direkt an. Zum Teil sind die Zeitfenster für Impfungen auch sehr unterschiedlich organisiert. Indem die Termine für die Impfungen in den Praxen direkt vergeben werden, können individuelle Absprachen je nach Verfügbarkeit getroffen werden.

Wenn mein Hausarzt nicht impft – an wen wende ich mich, wenn ich nicht ins Impfzentrum möchte?

Leonhard: Ab dem Wochenende werden auch einzelne Hamburger Krankenhäuser beginnen, Termine für über 70-Jährige anzubieten. Auch diese können Sie über 116117 oder impfterminservice.de buchen. Vielleicht ist eine Impfung im Impfzentrum doch möglich, wenn Sie z. B. durch eine Person Ihres Vertrauens begleitet werden? Diese können Sie gerne mitbringen und müssen Sie auch nicht vorher anmelden.

Wann dürfen die Betriebsärzte in den Unternehmen und die Privatpraxen in Hamburg impfen?

Leonhard: Impfungen über die Betriebsärzte sind möglich, sobald genügend Impfstoff zur Verfügung steht und keine Priorisierung mehr überprüft werden muss. Im Moment ist noch zu wenig Impfstoff in Hamburg, sodass wir derzeit noch nach den medizinischen Kriterien der Priorisierung vorgehen und den am meisten gefährdeten Personen als erstes ein Impfangebot machen. In einigen Wochen wird das wahrscheinlich schon anders aussehen.

Wann fällt die Impfreihenfolge, sodass sich jeder überall einen Termin besorgen kann? Und: Kann ich als Pendler auch die eine Impfung in Schleswig-Holstein, die zweite in Hamburg machen und wie organisiere ich das?

Im Impfzentrum Hamburg werden rund 8000 Menschen pro Tag geimpft.
Im Impfzentrum Hamburg werden rund 8000 Menschen pro Tag geimpft. © Marcelo Hernandez | Unbekannt

Leonhard: Eine Aufhebung der Priorisierung kommt erst dann in Frage, wenn die Impfstoffverfügbarkeit das ermöglicht. Wir sind nach wie vor in einer Situation, in der sehr viel mehr Nachfrage besteht, als wir Impfangebote machen können. Damit besonders gefährdete Gruppen weiter prioritär geimpft werden, ist eine Aufhebung der Impf-Priorisierung derzeit noch nicht möglich. Die Erst- und Zweitimpfung erfolgt im Interesse eines geordneten Ablaufes am selben Ort, hierfür wird bei der Terminvereinbarung immer auch der zweite Termin mit vereinbart und entsprechend eingeplant. Eine Impfung in verschiedenen Bundesländern ist nicht möglich, es gilt mit Ausnahme bestimmter beruflicher Konstellationen grundsätzlich das Wohnortprinzip.

Wenn demnächst alle Kita-Mitarbeiter und Lehrer durchgeimpft sind, was heißt das für das Maskentragen in Kitas und an Schulen?

Leonhard: Wir müssen bei der Anpassung von Hygiene- und Schutzmaßnahmen sehr vorsichtig vorgehen. Nach wie vor wollen wir vermeiden, dass Infektionen in Einrichtungen hineingelangen. Die geltenden Regelungen müssen deswegen noch weiter gelten, und werden uns noch für viele Wochen begleiten. Das Maske-Tragen ist vielen ja schon zur gewohnten Begleitung geworden, und es bietet erwiesenermaßen einen wirksamen Schutz.

Muss ich beim Friseur noch einen Schnelltest machen, obwohl ich geimpft bin?

Leonhard: Aktuell ja. Es soll bundesweit gültige Regelungen geben, wann Geimpfte oder Genesene bestimmte Regelungen nicht mehr einhalten müssen. Es wäre aber nicht sinnvoll, in Hamburg dafür eine andere Regel zu bestimmen als beispielsweise in unseren Nachbar-Bundesländern. Bis Ende Mai soll deswegen im Bund eine einheitliche Regelung getroffen werden.

In einem Altenheim gab es mehrere Corona-Infizierte. Sie wurden nach ihrer Genesung jedoch nicht geimpft. Wird das noch nachgeholt? Die Bewohner wollen auch von den möglicherweise geltenden Privilegien für Geimpfte profitieren.

Leonhard: Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft verfügen Personen, die von einer Coronavirus-Infektion genesen sind, über Antikörper und damit einen gewissen Schutz vor der Erkrankung. Die STIKO (Ständige Impfkommission) empfiehlt eine einmalige Impfung von Personen mit durchgemachter Infektion frühestens sechs Monate nach der Genesung – so werden wir es auch in den Pflegeeinrichtungen in Hamburg handhaben.

Wie kann man nachweisen, dass man geimpft ist? Gibt es einen Impfpass, der deutschlandweit oder auch international gilt?

Leonhard: Ein Nachweis ist über den Impfausweis, das bekannte gelbe Heftchen, möglich. Zusätzlich ist ein digitaler Impfnachweis in Arbeit, der über das Smartphone gespeichert werden kann. Daran wird im Bund und der Europäischen Union gearbeitet.