Hamburg. Kleinbauern bewirtschaften die Felder an den Bergen seit Jahrhunderten mit ausgeklügelter Bewässerung.

Mein Blick wandert talwärts. Er bleibt an einem Labyrinth aus Obstbäumen hängen, die mit Gemüse- und Kräuterbeeten ein grünes Muster bilden. So vielfältig zeigt sich mancher Garten auf den Hügeln des Ricote-Tals in Südostspanien. Seit Jahrhunderten bewirtschaften Kleinbäuerinnen und -bauern hier Terrassenfelder mit ausgeklügelter Bewässerung. Die traditionellen Felder sind widerstandsfähig und artenreich – und eine klimafreundliche Alternative zur indus­triellen Landwirtschaft. Doch in vielen verlassenen Gärten ist das Grün gewichen.

Warum geben die Menschen das Land auf? Dem bin ich genauer nachgegangen. Am Centrum für Erdsystemwissenschaft und Nachhaltigkeit der Universität Hamburg habe ich die Terrassenfelder zwischen 2016 und 2019 erforscht. Wie viele werden noch bewirtschaftet? Was sagen die Menschen vor Ort?

Im ersten Schritt lokalisierte ich die landwirtschaftlichen Terrassen auf Basis von Katasterdaten und eines laserbasierten digitalen Höhenmodells der Erdoberfläche. Je nachdem, wie eben die Oberfläche im Höhenmodell ist, konnte ich ableiten, wo sich terrassierte und wo sich felsige Flächen befinden.

Überraschendes Resultat

Im zweiten Schritt verwendete ich Satellitenbilder, um die Nutzung der Terrassen zu ermitteln: Ich berechnete einen Vegetationsindex, der sichtbar macht, inwieweit die Flächen von Pflanzen bedeckt sind und wie gesund diese wirken. So konnte ich erkennen, welche Felder bewässert werden.

Dann führte ich die lokalisierten Terrassen und ihre Nutzung zusammen und berechnete, wie groß die bewirtschaftete Fläche der Terrassenfelder ist. Das Resultat überrascht: Je größer die Flurstücke, desto seltener sind sie kultiviert. Im Jahr 2019 etwa wurden 76 Prozent der kleinen und nur 57 Prozent der großen Felder auf den Terrassen bewirtschaftet. Aber es gibt auch einen erfreulichen Trend: Von 2016 bis 2019 ist der Anteil der nicht bewirtschafteten Terrassen um etwa 16 Prozent gesunken. Das bedeutet aber auch: Zuletzt wurden rund 40 Prozent der Terrassen gar nicht kultiviert. Doch woran liegt das?

Als letzter Baustein meiner Arbeit geben Gespräche mit Expertinnen sowie Einheimischen hier Aufschluss: Klimawandel, Wasserknappheit und Bodendegradation durch intensive Bewirtschaftung sind die wichtigsten Umweltfaktoren für die Landaufgabe in der Region. Doch in den Gesprächen sind soziale und wirtschaftliche Gründe noch entscheidender.

 Konkurrenz zur indus­triellen Landwirtschaft ist allgegenwärtig

So haben die steilen Hänge und lokale Erbregeln, die das Land unter Geschwistern aufteilen, zur Zersplitterung der Flächen geführt. Die Einheimischen berichten zudem, dass die Landwirtschaft wegen hoher Arbeitsbelastung und niedriger Erntepreise für junge Menschen unattraktiv ist. Trotzdem fühlen sich auch die Nachkommen dem Land stark verbunden und möchten nicht verkaufen, auch wenn sie es nicht bewirtschaften. So fallen viele Flächen für den Feldbau weg.

Katharina Heider forscht am  Centrum für  Erdsystemwissenschaft und Nachhaltigkeit der Uni Hamburg.
Katharina Heider forscht am Centrum für Erdsystemwissenschaft und Nachhaltigkeit der Uni Hamburg. © Andreas Bischoff | Andreas Bischoff

Meine Berechnungen zeigen allerdings auch, dass der Landbau auf kleineren Feldern gut zu funktionieren scheint. So erfuhr ich, dass Familien oft nicht vom Anbau allein leben und Preisschwankungen kompensieren können. Trotzdem ist die Konkurrenz zur indus­triellen Landwirtschaft allgegenwärtig. Auf Agrarbeihilfen kann Ricote jedoch nicht zählen, da die kleinen Felder nicht förderfähig sind. Um die Vielfalt und
Widerstandskraft der Landschaft zu bewahren, wäre es aber wichtig, gerade Kleinbäuerinnen und Kleinbauern zu unterstützen.

Die Geografin Katharina Heider forscht zu nachhaltiger Landwirtschaft im Mittelmeerraum und arbeitet mit satellitenbasierten Geo-Informations-Systemen (GIS).