Kiel. Raus aus der Opposition und zurück ans Regierungsruder - dieses Ziel gibt SPD-Landeschefin Midyatli für die Landtagswahl 2022 aus. Ein Parteitag bestätigt die 45-Jährige eindeutig im Amt. Inhaltliche Akzente setzt sie bei den Themen Arbeit, Wohnen und Bildung.
Gegen den Bundestrend will die SPD in Schleswig-Holstein die Landtagswahl in einem Jahr gewinnen. Dies machte die mit 89 Prozent wiedergewählte Landesvorsitzende Serpil Midyatli auf einem Landesparteitag deutlich, der wegen der Corona-Pandemie erstmals online abgehalten wurde. "Ich gehe in diese Landtagswahl, um diese gemeinsam mit euch zu gewinnen", sagte Midyatli (45) am Samstag. Am Sonntag wurde sie mit 89 Prozent im Amt bestätigt, nachdem sie am Vortag bei einem digitalen Votum dasselbe Ergebnis erhalten hatte.
Da die Satzung digitale Wahlen nicht vorsieht, folgte am Sonntag zur Ermittlung eines offiziellen Ergebnisses eine Urnenwahl, bei der die Delegierten in sechs Städten ihre Stimme abgeben konnten. Von 222 stimmberechtigten Delegierten beteiligten sich 211. 187 votierten für Midyatli. Bei ihrer Wahl zur Nachfolgerin des langjährigen Landesvorsitzenden Ralf Stegner vor zwei Jahren holte Midyatli 90,1 Prozent. Sie will zum 1. Juli auch den Fraktionsvorsitz im Landtag von Stegner übernehmen, der im September für den Bundestag kandidiert. Ob Midyatli auch die Spitzenkandidatur zur Landtagswahl im Frühjahr nächsten Jahres anstrebt, ist weiterhin offen.
"Ich freue mich über das starke Ergebnis und den damit verbundenen Rückenwind für die kommenden Aufgaben", kommentierte Midyatli. "Wir gehen die vor uns liegende Bundestags- und Landtagswahl mit viel Optimismus und Gestaltungswillen an."
Auch die weiteren Mitglieder der engeren Führung wurden bestätigt: Sophia Schiebe (72 Prozent) und Sönke Rix (76) als stellvertretende Landesvorsitzende, Stefan Bolln (95 Prozent) als Schatzmeister.
Gut ein Jahr vor der Landtagswahl zeigte sich die SPD optimistisch für eine Rückkehr an die Regierung. Die Partei werde ein starkes Programm haben und das beste Personalangebot, sagte Midyatli, ohne auf letzteres weiter einzugehen. "Prozentpunkt für Prozentpunkt werden wir aufholen... und gemeinsam werden wir gewinnen, mit voller Kraft."
Midyatli äußerte die Erwartung, die Grünen als Bündnispartner zurückgewinnen zu können: "Im nächsten Jahr kämpfen wir gemeinsam dafür, dass Schleswig-Holstein eine progressive Regierung bekommt, mit Mut zum Handeln für unser Land". Die Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP sei in keiner wichtigen Frage einig, Regierungschef Daniel Günther (CDU) kassiere ein Wahlversprechen nach dem anderen.
Der zugeschaltete SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz gab sich am Samstag trotz der niedrigen Umfragewerte optimistisch für die Bundestagswahl am 26. September. Die SPD wolle die nächste Regierung führen und er wolle Kanzler werden. CDU und CSU würden nicht die noch vor Monaten erträumten Ergebnisse erzielen. Die SPD sei sehr geschlossen, sagte Scholz. Und: "Wir sind auch eine zuversichtliche Partei".
Midyatli rückte inhaltlich die Forderung nach einer 30-stündigen Arbeitswoche in den Fokus: Wenn beide Partner 40 Stunden arbeiteten, seien Job, Kinder, Ehrenamt und Hobbys nicht miteinander vereinbar.
Ausdrücklich bekannte sich Midyatli zum Wohneigentum. Die SPD kämpfe immer für bezahlbare Mieten. "Wir stehen aber auch dafür, dass jede Familie sich eine Wohnung oder ein Haus leisten kann." Das Eigenheim sei ein Symbol für sozialen Aufstieg. Midyatli befürwortete Modelle, die weniger Eigenkapital erfordern. Dazu gehöre Mietkauf.
"Auch wir hätten in unserer Regierungszeit mehr in die moderne Ausstattung der Schulen investieren müssen", räumte Midyatli ein. "Wenn wir wieder regieren, werden wir deutlich mehr Geld in die Schulen, in Endgeräte und vor allem in das Personal investieren." Sie versprach: "Innerhalb der ersten sechs Monate bringen wir WLAN in jede Schule". Wenn es notwendig sein sollte, werde das auch mit Schulden finanziert. Als weiteres Ziel nannte Midyatli eine Ausbildungsgarantie.
Neu unter den sieben Beisitzern im SPD-Landesvorstand sind die Europaabgeordnete Delara Burkhardt und der Landtagsabgeordnete Kai Dolgner. Dessen Fraktionskollege Martin Habersaat scheiterte dagegen mit seiner Bewerbung.
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