Hamburg. Senat sieht kein erhöhtes Aufkommen infolge der Pandemie. Linke nennt Sanktionen „unverhältnismäßig brutal“.
Die Präsenzpflicht ist für Schülerinnen und Schüler wegen der Corona-Pandemie aufgehoben. Die Schulpflicht gilt jedoch unverändert. Das heißt: Wenn sich ein Schüler zum Beispiel wiederholt dem Unterricht in Distanzform entzieht oder eine Kontaktaufnahme seitens der Schule nicht möglich ist, dann droht dem Schüler beziehungsweise den Eltern ein Bußgeld.
Seit Beginn des Jahres bis zum 23. März haben die Schulen 343 Fälle sogenannter Schulpflichtverletzungen an die Rechtsabteilung der Schulbehörde gemeldet. In diesem Zeitraum haben die Behördenjuristen 374 Bußgeldbescheide verhängt.
Behörde verhängt Bußgelder wegen Verstößen, die im vergangenen Jahr begangen wurden
Das hat der Senat in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken-Bürgerschaftsfraktionschefin Sabine Boeddinghaus mitgeteilt. Die Differenz zwischen beiden Werten ergibt sich daraus, dass die Rechtsabteilung der Behörde auch Bußgelder wegen Verstößen verhängt hat, die bereits im vergangenen Jahr begangen wurden.
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„Schulpflichtverletzungen werden aktuell statistisch nicht in höherem Maße erfasst als in den Zeiten ohne Pandemie“, heißt es in der Senatsantwort außerdem. Das bedeutet, dass das Problem des Schulabsentismus aus Sicht des Senats in Zeiten der Corona-Pandemie nicht zugenommen hat. Boeddinghaus kritisiert, dass die Schulbehörde trotz der schwerwiegenden Folgen der Pandemie für Schülerinnen und Schüler überhaupt weiterhin Bußgelder wegen Schulpflichtverletzungen verhängt.
Boeddinghaus fordert einen sofortigen Bußgeld-Stopp
„Ich finde das absolut unangemessen, das Ergebnis lässt einen erschrecken“, sagt die schulpolitische Sprecherin der Linksfraktion. „Es ist unverständlich und unverhältnismäßig brutal, dass die Schulbehörde an ihrer gewohnten Praxis auch in Zeiten der Pandemie festhält.“
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Boeddinghaus fordert einen sofortigen Stopp dieses „unmenschlichen und empathielosen“ Vorgehens: „Schon vor Corona ist das Bußgeld aus meiner Sicht nicht das pädagogische Mittel der Wahl gewesen, aber in einer Pandemie ist diese Praxis absolut inakzeptabel“, sagt die Linken-Fraktionschefin.
Höhe des Bußgeldes beträgt 150 Euro pro Fehltag
Laut Senatsantwort entfielen 291 der verhängten 374 Bußgelder auf „anhaltende Schulpflichtverletzungen“,, also eine mehrtägige Absenz. In der Regel gehen der Meldung der Schule an die Behörde intensive Bemühungen der Kontaktaufnahme voraus. Meist haben sich dann zahlreiche Fehltage angehäuft.
Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:
- Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
- Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
- Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
- Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
- Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).
Im Einzelfall kann es auch vorkommen, dass ein Bußgeld „spontan“ verhängt wird, etwa wenn ein Schüler seine Nicht-Teilnahme am Unterricht angekündigt hat. In 25 Fällen wurden Bußgelder wegen der Verlängerung der Ferien, in 45 Fällen wegen Verstoßes gegen die Berufsschulpflicht verhängt. Die Höhe des Bußgeldes beträgt üblicherweise 150 Euro pro Verfahren.