Hamburg. Die weltweit älteste Vertreterin ihrer Art hat sich ihres jüngsten Mitbewohners bei Hagenbeck angenommen – aus einem traurigen Grund.

 Nächsten Monat wird Bella 60 Jahre alt. Für einen Sumatra-Orang-Utan ist das ein fast biblisches Alter: Die Lebenserwartung ihrer Artgenossinnen in freier Wildbahn wird auf 50 Jahre geschätzt. Und weil weltweit kein älterer Vertreter der Gattung bekannt ist, bekommt die Grande Dame des Tierparks Hagenbeck in der kommenden Ausgabe des Guinnessbuchs der Rekorde sogar einen eigenen Eintrag.

Als Bella 1964 nach Hamburg kam, war Helmut Schmidt Innensenator und der Grundstein für den Fernsehturm noch nicht gelegt. Jahrzehntelang war sie in der Gruppe der Sumatra-Orang-Utans bei Hagenbeck das ranghöchste Weibchen, sechs Kinder hat sie in dieser Zeit zur Welt gebracht. Doch zur Ruhe gesetzt hat sie sich nicht.

Hagenbecks Orang-Utan Bella adoptiert den kleinen Berani

Ganz im Gegenteil. Im vergangenem Herbst hat sich Bella einer neuen Aufgabe verschrieben: Sie hat sich des sechs Monate alten Berani angenommen, wie der Tierpark am Montag bekannt gab. So süß das Bild ist, das die beiden abgeben, so traurig ist der Grund der Adoption: Conny, die Mutter des Orang-Utan-Babys, war einen Tag nach dessen Geburt im September gestorben. Bei der Obduktion an der Tierärztlichen Hochschule Hannover wurde ein bis dahin nicht bekannter Herzfehler als Todesursache diagnostiziert.

Bei Bella ist Berani offenbar in besten Händen. Drei Adoptivkinder, die von ihrer Mutter nicht angenommen wurden, hat sie bereits großgezogen. Jetzt versorgt die Älteste den Jüngsten mit Kuschel- und Streicheleinheiten.

Hamburgs Orang-Utan-Grande-Dame Bella hat bereits sechs leibliche und drei Adoptivkinder großgezogen (Archivbild).
Bella hat bereits sechs leibliche und drei Adoptivkinder großgezogen (Archivbild). © picture-alliance/ dpa/dpaweb | Ulrich Perrey

Nur mit Milch kann Bella Berani nicht dienen. „Wir geben dem Kleinen im Dreistundenrhythmus Fläschchen mit einer Milchzusatznahrung, wie sie Menschenbabys auch bekommen“, sagt Reviertierpfleger Tjark Rüther-Sebbel.

Der Ernährungsplan scheint aufzugehen. Berani (Indonesisch: mutig) entwickele sich prächtig, heißt es. Rüther-Sebbel: „Berani ist jetzt schon deutlich größer und schwerer, als unser letztes Orang-Baby Batu es mit fünf Monaten war, das ist typisch für Flaschenkinder.“

In ihrer indonesischen Heimat sind die Sumatra-Orang-Utans nahezu ausgestorben. Ihr Bestand wird auf etwa 14.000 Individuen geschätzt, deutlich weniger als der ihrer engsten Verwandten auf Borneo, von denen es etwa 50.000 gibt. Durch die Abholzung ihres Lebensraumes droht die Population noch weiter zu sinken.

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Der Tierpark Hagenbeck nimmt am Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) für die bedrohten Menschenaffen teil. Doch Nachwuchs ist selten: Jungtiere verbleiben vier Jahre bei ihrer Mutter. Bis zur nächsten Geburt vergehen in der Regel weitere drei bis vier Jahre. Die Tragzeit beträgt wie beim Menschen neun Monate.

Entsprechend groß war die Freude bei Hagenbeck, als es im Mai 2020 erstmals nach 15 Jahren wieder Nachwuchs bei den Orang-Utans gab. Der kleine Batu, der bei seiner leiblichen Mutter Toba aufwächst, unternimmt bereits erste Hangel- und Klettertouren durch das Affengehege unter der charakteristischen Glaskuppel.

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So weit ist Berani noch nicht. Nach Angaben seiner Pfleger ist er ein eher zurückhaltender Typ und sucht meist die Nähe zu seiner Adoptivmutter.

Bleibt die Frage, wann Hagenbecks neue Attraktion zu besichtigen ist. Bis einschließlich Sonntag bleibt der Tierpark geschlossen. Die Vorbereitungen für eine Wiedereröffnung laufen.