Hamburg. Verbrecherbande aufgeflogen, auch Freigänger aus Glasmoor dabei. Es ging um Waffen- und Drogenschmuggel. Kriminalbeamter berichtet.
Es ist erneut eine Geschichte aus dem als „Tollhaus“ verschrieenen Gefängnis Glasmoor. Aus der Haftanstalt wurden offenbar Drogen-, aber auch Waffengeschäfte im ganz großen Stil eingefädelt. Jetzt hat die Drogenfahndung das Netzwerk zerschlagen. Festgenommen wurden vier Männer, darunter zwei Afghanen, die sich aus dem offenen Vollzug der Haftanstalt kannten.
Es geht um fast 200 Kilogramm Amphetamine, die während des Lockdowns über die Grenze nach Dänemark geschmuggelt wurden. Es geht aber auch um den Verkauf von Maschinenpistolen vom Typ „Skorpion“, die wegen ihrer handlichen Bauweise beliebt bei Gangstern sind.
Handwerker als Drogenkuriere angeheuert
Im März war damit begonnen worden, den großen Drogendeal einzufädeln. Lieferant der Amphetamine war Ali A. (31), der zu dem Zeitpunkt wegen Corona „Urlaub“ aus dem offenen Vollzug hatte. Abnehmer der Drogen war nach Erkenntnissen der Ermittler Farid R. (42), ein Landsmann, der ebenfalls in Glasmoor einsaß. Zusammen mit zwei weiteren Komplizen nutzte er seine „Drähte“, um das Rauschgift nach Dänemark zu bringen.
Weil die Grenzen wegen Corona geschlossen waren, heuerten die Täter Handwerker als Drogenkuriere an, die die Grenze trotz der Schließung passieren durften. „Nebenbei“ verdealte Farid R. zusammen mit einem Komplizen (34) Kokain, Marihuana und Speed, teilweise im zweistelligen Kilobereich. Das Duo soll auch die beiden Maschinenpistolen verkauft haben. Dabei könnten Verbindungen des 34-Jährigen in seine Heimat Montenegro eine Rolle spielen.
Waffen aus Jugoslawienkrieg in Hamburg
Die nur knapp 30 Zentimeter lange Waffe wurde in der ehemaligen Tschechoslowakei entwickelt und an alle Streitkräfte des ehemaligen Ostblocks geliefert. In der Vergangenheit tauchten immer wieder solche Waffen in Hamburg auf, die offenbar nach dem Zusammenbruch der Ostblockstaaten, aber auch im Jugoslawienkrieg in großen Mengen „abgezweigt“ wurden.
Bereits am Dienstag wurden drei der vier Männer verhaftet. Ihre Wohnungen, aber auch Zellen in der Haftanstalt Glasmoor wurden durchsucht. Am Freitag nahm das SEK auf der Uhlenhorst den vierten Mann fest.
Kriminalbeamter über die Haftanstalt Glasmoor
Die Haftanstalt Glasmoor ist berüchtigt für die kriminellen Machenschaften, die durch Freigänger verübt werden. Immer wieder geriet die als „Kuschel-Knast“ oder „Dealerakademie“ verschriene Haftanstalt in die Schlagzeilen. 2019 wurde zum Beispiel ein Freigänger wegen Kokaingeschäften verhaftet. Er war in den offenen Vollzug verlegt worden, obwohl er bereits mehrfach wegen Drogenhandels vorbestraft war. Auch in den Jahren zuvor waren regelmäßig vergleichbare Taten ans Licht gekommen.
„Wir müssen immer wieder feststellen, dass im offenen Vollzug Kontakte geknüpft und vertieft werden. Dealer tauschen sich über gemachte Fehler, die zur Festnahme führten, aus und bilden sich weiter. Man lernt voneinander“, weiß Jan Reinecke, Landesvorsitzender des Bund Deutscher Kriminalbeamter. „Wir müssen leider auch feststellen, dass ehemalige, wegen Rauschgiftdelikten verurteilte Insassen nach ihrer Entlassung in größerem Stil als vorher mit Drogen dealen.“