Hamburg. Drei Muslime sollen den Mann geschlagen, getreten, bespuckt und mit Lebensmitteln beworfen haben. Nun stehen sie vor Gericht.

Wenn Dirk B. von dem Angriff spricht, dem er vor gut vier Monaten ausgesetzt war, fallen Worte wie „blitzartig“, „unerwartet“ und „traumatisch“. „Es war für mich wie ein Weltuntergang“, formuliert der 55-Jährige. Was genau die drei Männer veranlasst hat, so plötzlich auf ihn loszustürmen, war dem Hamburger lange Zeit nicht klar. Doch offenbar fühlten sich die drei jungen Muslime von ihm beim Beten gestört.

Weil sie den Mann geprügelt, getreten und bespuckt haben sollen, müssen sich seit Donnerstag Stenio Q., Mohammed N. und Abdoul A. vor dem Amtsgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft den drei Männern im Alter von 21 bis 27 Jahren wegen des Vorfalls vom 9. Oktober vergangenen Jahres gefährliche Körperverletzung vor. Laut Anklage hatten sie im Eingangsbereich einer Hofeinfahrt in St. Georg gesessen und gebetet und so die Durchfahrt versperrt.

Die Männer sollen in einer Hofeinfahrt gebetet haben

Weil Dirk B. mit seinem Wagen nicht passieren konnte, forderte er sie aus seinem Fahrzeug heraus auf, sich zu entfernen, so die Anklage weiter. Daraufhin sollen die drei Männer aufgesprungen sein und die Fahrzeugtüren aufgerissen haben. Anschließend schlugen und traten sie laut Ermittlungen auf den 55-Jährigen ein, bespuckten ihn und bewarfen ihn mit Lebensmitteln aus seinem Fahrzeug. B. erlitt eine Fraktur des kleinen Zehs.

Einer der drei Angeklagten, Mohammed N., für die Justiz kein Unbekannter. Der heute 24-Jährige wurde vor knapp drei Jahren wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat verurteilt und erhielt eine Jugendstrafe von 22 Monaten zur Bewährung.

Angeklagter wollte sich offenbar dem IS anschließen

Laut Urteil hatte sich der junge Deutsche radikalisiert und wollte sich ins Kriegsgebiet Syrien absetzen. Dort hatte er sich der Terrormiliz Islamischer Staat anschließen und auch dort ausbilden lassen wollen, so damals das Gericht weiter. Doch schon an einer Grenzkontrolle wurde der damals 19-Jährige abgefangen und wieder nach Deutschland verbracht. Wegen des neuen Vorwurfs, der ihn jetzt vor Gericht gebracht hat, sitzt Mohammed N. in Untersuchungshaft. Der junge Mann mit dem schulterlangen Haar schweigt ebenso zu den Vorwürfen wie die beiden Mitangeklagten.

Aufgewühlt wirkt der Zeuge Dirk B., als er von dem Übergriff erzählt, schwer betroffen, noch immer. Weil er es an jenem Tag wegen eines dringenden Termins sehr eilig gehabt habe und die Toreinfahrt mit seinem Wagen habe passieren müssen, habe er die drei Männer aufgefordert, zur Seite zu gehen, schildert der Zeuge. Er gehöre zur Corona-Risiko-Gruppe und erstelle als Agenturveranstalter insbesondere auch Hygiene-Konzepte.

Opfer wollte die Männer aus Hofeinfahrt vertreiben

Als die Männer sich trotz seiner Aufforderung, ihn durchzulassen, nicht rührten, habe er gehupt. Schließlich, so seine Erzählung weiter, kam eine ältere Dame und konnte wegen der drei relativ dicht zusammen sitzenden Männer nicht ihre Wohnanlage verlassen. Erneut sagte er den Männern, dass sie Platz machen sollten. „Wir haben Corona!“

„Plötzlich standen die Herrschaften blitzartig auf und rissen meine Autotüren auf“, erinnert sich der Zeuge. Der Angriff sei „aus dem heiteren Himmel“ geschehen. Einer der Angeklagten, den er an dessen kräftiger Figur und dem langen Bart wiederzukennen meint, habe ihn durch die Beifahrerseite geschlagen und getreten.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Und den anderen Angreifer, der ihm über die Fahrerseite heftig zugesetzt habe, erkenne er definitiv als den Angeklagten Mohammed N. wieder, ist der Zeuge sicher. Die Angreifer hätten heftig geschlagen und getreten, und der Mann an der Fahrerseite habe ihn außerdem mehrfach angespuckt. Ein Teil davon sei, als er wegen der Hiebe vor Schmerzen schrie, „direkt in meinem geöffneten Mund gelandet“.

Opfer fürchtete Ansteckung mit Corona

Noch heute ist Dirk B. der Ekel anzumerken, wenn er an diesen Augenblick zurückdenkt. Außerdem trieb ihn seinerzeit die Sorge um, er könne durch die Spuckattacke mit dem Coronavirus infiziert worden sein. Der 55-Jährige fuhr direkt zu einer Apotheke und kaufte ein Präparat, mit dem er Gurgeln konnte, um eine Ansteckung zu verhindern. Er habe sicher gehen wollen, „dass mir nur nichts wegen Corona passiert“.

Auch bei dem eigentlichen Angriff sei er „heilfroh“, dass nicht etwas noch Schlimmeres geschehen ist als ein gebrochener Zeh. Die Verletzung habe bedeutet, dass er mehrere Wochen nicht seiner Arbeit nachgehen konnte und nicht nur Schmerzen, sondern auch erhebliche finanzielle Einbußen hatte. Er könne aber von Glück sagen, dass sich „viele nette Leute eingeschaltet haben“, betont Dirk B. „Ich möchte nicht wissen, was sonst noch alles passiert wäre.“ Der Prozess wird fortgesetzt.