Hamburg. Der Hamburger Mitternachtsbus ist seit fast 25 Jahren für Obdachlose im Einsatz. Corona-Pandemie und eisige Temperaturen machen das Leben auf der Straße noch schwerer, berichten Helfer. Über eine Entwicklung sind sie deshalb sehr froh.
Der Mitternachtsbus der Diakonie Hamburg versorgt bei eisigen Temperaturen derzeit rund 70 Obdachlose pro Nacht mit warmen Getränken, Essen, Schlafsäcken oder Kleidung. Das seien etwas weniger Menschen als sonst, sagte Projektleiterin Sonja Norgall der Deutschen Presse-Agentur. "Da sind wir froh drum." Denn das bedeute, dass viele Betroffene angesichts der Kälte doch verstärkt die Obdachlosen-Unterkünften des städtischen Winternotprogramms nutzten. "Außerdem gibt es ein privat finanziertes Projekt in Hamburg, Leute in Hotelzimmern unterzubringen." In den Wintermonaten seien normalerweise um die 100, in Sommermonaten etwa 200 Gäste jede Nacht am Bus.
Seit November 1996 fahren die ehrenamtlichen Helfer an 365 Tagen im Jahr auf einer festen Route zu sozialen Brennpunkten der Hansestadt und verteilen Brühe, Schokoriegel, Taschentücher oder Isomatten an Obdachlose. Seit Januar 2019 gibt es ein zusätzliches Angebot in der Hansestadt: Der sogenannte Kältebus, der inzwischen vom "CaFée mit Herz" betrieben wird, fährt zu Obdachlosen, die auf der Straße Hilfe brauchen, und kann sie zu einer schützenden Unterkunft bringen.
Der Mitternachtsbus ist dagegen auf einer festen Route unterwegs. "Wir haben zwischen 20.00 Uhr und Mitternacht ungefähr 20 bis 30 Haltepunkte, die wir anfahren", erklärte Norgall. 140 Ehrenamtliche gehören insgesamt zum Team. Das Engagement für die Obdachlosen ist laut Norgall in der Krise nicht zurückgegangen. "Im Gegenteil", berichtete die 46-Jährige. "Es gab eine sehr große Welle der Hilfsbereitschaft." Wegen der Corona-Maßnahmen dürfen aber pro Einsatz nur noch zwei statt vier Ehrenamtliche mitfahren, Hygiene-Vorgaben wurden verschärft.
Erst Corona-Pandemie, jetzt auch noch Eis und Schnee: Die Situation der Menschen auf der Straße habe sich verschärft, berichtete einer der ehrenamtlichen Helfer, Jürgen Pfeuffer. "Es ist sehr kalt, aber die Menschen haben kaum Möglichkeiten, sich tagsüber aufzuwärmen." Denn Einkaufszentren etwa hätten geschlossen. "Viele wollen nicht ins Winternotprogramm gehen." Es sei ihnen dort zu eng oder sie hätten Sorge vor Gewalt. Pfeuffer ist seit acht Jahren für den Mitternachtsbus im Einsatz. Wichtig sei für die Menschen auch das Gespräch mit den Helfern, sagte der 56-Jährige. "Wir erfahren eine sehr große Dankbarkeit. Das ist unser Lohn."
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