Hamburg. Die Geschäftsführung macht neun der zehn Freistellungen rückgängig. Auf der Abschussliste bleibt aber der Betriebsratsvorsitzende.
Überraschende Wendung im Tierpark-Streit bei Hagenbeck: Nach wochenlangen Auseinandersetzungen mit dem Betriebsrat über das Thema Kurzarbeit und der gerichtlichen Einigung in der Mitte dieser Woche nimmt die Geschäftsführung nun neun der zehn zuvor ausgesprochenen Kündigungen zurück. Nur an der Freistellung des Betriebsratsvorsitzenden und leitenden Tierpflegers Thomas Günter soll wohl festgehalten werden.
In der Mitteilung von Tierpark-Geschäftsführer Dirk Albrecht heißt es: "Am 12. Januar konnte die Geschäftsführung mit Unterstützung eines Schlichters mit dem Betriebsrat des Tierparks eine Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit abschließen.Das gibt der Geschäftsführung nun die Möglichkeit, die für neun Mitarbeiter ausgesprochenen Kündigungen zurückzunehmen, was den betroffenen Mitarbeitern umgehend mitgeteilt wird."
Tierpfleger seien von Kündigungen nicht betroffen
Von den Kündigungen, so die offizielle Stellungnahme, sei der Bereich der Tierpflege nicht betroffen gewesen. Es habe sich um Mitarbeiter in der allgemeinen Organisation des Tierparks gehandelt, für die wegen der coronabedingten Schließung des Tierparks seit dem 1. November kaum noch Arbeitsmöglichkeiten bestanden. Gemeint sind Kassenpersonal oder die beliebten Portiers.
Nach Abendblatt-Informationen hatte Albrecht allerdings auch Betriebsratsmitgliedern aus der Tierpflege bei der Auseinandersetzung um eine Kurzarbeiterregelung mit Kündigungen gedroht. Zumal er offenbar an der Kündigung für den Tierpfleger (und Betriebsratsvorsitzenden) Thomas Günther festhält – seit 20 Jahren im Tierpark vor allem für die Giraffen zuständig.
Zerwürfnis zwischen Betriebsrat und Dirk Albrecht
Vorangegangen war ein Zerwürfnis zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung, an dessen Ende zehn Kündigungen standen, unter anderem die des Betriebsratsvorsitzenden Thomas Günther. Nach Angaben des Geschäftsführer sei die Kündigung alternativlos gewesen, da Günther trotz mehrfacher Aufforderung nicht bereit gewesen sei, wegen Corona auf Präsenztermine mit externen Gewerkschaftsvertretern zu verzichten oder sich dafür die Zustimmung des Geschäftsführers erteilen zu lassen. Die anderen Kündigungen wurden ausgesprochen, da lange keine Einigung über Kurzarbeit erzielt werden konnte.
Die Gewerkschaft IG Bau sieht im Umgang mit Günther einen eklatanten Fußtritt für die Mitbestimmung der Angestellten im Tierpark. Der Gewerkschaft zufolge sei Albrecht zuvor zu keinen gleichberechtigten Verhandlungen über Kurzarbeit mit dem Betriebsrat bereit gewesen. Deshalb seien die Gewerkschaft und ein Rechtsbeistand eingeschaltet worden.
Vor Gericht wurde zur Kurzarbeit verhandelt
Am Dienstag hatten Geschäftsführung und Betriebsrat schließlich vor der Einigungsstelle des Arbeitsgerichts einen Kompromiss ausgehandelt. Nach Abendblatt-Informationen gilt der bis vorerst zum 28. Februar. Demnach müssen etwa 40 der 160 Angestellten in Kurzarbeit. Die Betroffenen erhalten 60 Prozent (kinderlos) beziehungsweise 67 Prozent (mit Kindern) ihrer sonstigen Bezüge.
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Im Fall einer Rückkehr aus der Kurzarbeit müssen sie 36 Stunden vorher informiert werden. Ein "vernünftiges" Ergebnis, hatte Betriebsratsanwalt Andreas Kilian dem Abendblatt gesagt.
Tierpark-Geschäftsführer Dirk Albrecht sieht sich selbst als treibende Kraft im Ringen um einen Kompromiss: „Ich bin sehr erleichtert, dass ich den Betriebsrat mit Unterstützung des Schlichters dazu bewegen konnte, der jetzt unterzeichneten Kurzarbeitervereinbarung im Sinne der Hagenbeck-Mitarbeiter zuzustimmen.“
Wissenswertes zum Tierpark Hagenbeck:
- Hagenbecks Tierpark wurde im Mai 1907 eröffnet
- Er liegt im Hamburger Stadtteil Stellingen und umfasst eine Fläche von 19 Hektar
- Im Tierpark gibt es mehr als 1850 Tiere aller Kontinente, darunter eine der größten Elefantenherden Europas
- Alle Bereiche im Tropen-Aquarium und der Rundweg im Tierpark Hagenbeck sind behindertengerecht
- Die Mitnahme von Hunden ist nicht erlaubt
Um den Fall des Giraffen-Chefs und Betriebsratsvorsitzenden Thomas Günther wird sich wohl ein Arbeitsgericht kümmern, hatte die Gewerkschaft angekündigt. Sollte er tatsächlich ausscheiden, müsste auch der siebenköpfige Betriebsrat bei Hagenbeck neu gewählt werden. Zwei Mitglieder waren schon während der Kurzarbeitsverhandlungen von ihrem Amt zurückgetreten – nach Abendblatt-Informationen wurde enormer Druck auf sie ausgeübt.