Hamburg. In der Pandemie wird Kleidung seltener gewechselt. Hamburger Reinigungen und Waschsalons kämpfen ums Überleben. Doch es gibt Ausnahmen.

Er steht kurz vor dem Aus. Nach zehn Jahren im Geschäft könnte für Klaus Besslich und seine Waschsalons bald Schluss sein. Mit seiner Ehefrau betreibt er fünf Filialen im Norden Hamburgs. Im vergangenen Corona-Jahr war dies ein Nullsummenspiel. „Wir sind noch nicht insolvent. Aber wenn das drei, vier Monate so weitergeht, dann wird es kritisch. Wir machen ein Drittel weniger Umsatz am Tag. Das ist gerade so die Grenze”, sagt er.

Breche noch mehr Geschäft weg, würden er und seine Frau rote Zahlen schreiben. Dann müssten sie ihre Salonkette, das Waschcenter-Hamburg, aufgeben. Und die Besslichs sind damit nicht allein.

Viele Betreiber von Waschsalons und Reinigungen in der Stadt klagen über leere Maschinen. Die Hamburger produzieren in der Pandemie weniger Schmutzwäsche. Denn wer im Homeoffice arbeitet, trägt nicht selten die Kleidung vom Vortag erneut. Touristen und Geschäftsreisende bleiben zudem ganz in der Heimat, bringen ihre Wäsche erst gar nicht in die Hansestadt. Auch bei Hoteliers, Gastronomen und Veranstaltern bleiben die Berge an dreckigen Bettlaken, Handtüchern und Tischdecken aus.

Geschlossene Bordelle – Umsatzeinbrüche bei Reinigungen

„Und es fehlen das horizontale Gewerbe und türkische Hochzeiten”, sagt Besslich. Früher hätten Prostituierte und Veranstalter schon um acht Uhr morgens Laken oder Stuhlhussen gewaschen. Nun haben die Maschinen Pause. Ein Teil seines Klientels darf nicht arbeiten, bringt ihm dadurch kein Geld ein.

Ein Problem, das der Betreiber auch auf die Lage seiner Standorte zurückführt. Im Norden Hamburgs leben ihm zufolge viele Sexarbeiterinnen, und dort würden normalerweise viele Privatfeiern stattfinden. Wegen des verlängerten Lockdowns könnten nun noch mehr Kunden wegfallen, schließlich bleiben viele Menschen nun weiter zu Hause.

„Die Gewinne in der Branche sind ohnehin nicht so hoch”, sagt Besslich. Die Margen seien schon vor der Pandemie knapp bemessen gewesen. Zu knapp, wie der Betreiber im vergangenen Jahr feststellen musste. Der Gewinn aus den wenigen Aufträgen sei also eigentlich auch ohne Corona schon sehr gering.

Umsätze um 20 bis 50 Prozent eingebrochen

Auch Mitstreiter bestätigen die aktuell wirtschaftlich angespannte Lage. Ihnen seien in der Pandemie zwischen 20 bis 50 Prozent Umsatz weggebrochen, ergab eine Umfrage des Abendblatts. Corona-Hilfen seien zudem oftmals ausgeblieben. Viele in der Branche haben die Probleme bereits im April vorhergesagt: In einer Umfrage des Deutschen Textilreinigungsverbands hatten schon damals vier von fünf Betrieben die Gewinnerwartungen für 2020 als „schlecht“ bezeichnet.

Für Besslich ist diese Annahme wahr geworden. Er hofft nun irgendwann wieder auf mehr Kunden. Die Kosten habe er schon auf ein Minimum reduziert. „Wir können kein Personal abbauen, haben zwei Angestellte, die nicht in Kurzarbeit sind, weil sie vor Ort sein müssen.” Aber reicht das? Es muss reichen, denn mehr geht ihm zufolge nicht. Sonst müssten er und seine Frau Standorte schließen und letztlich ganz aufgeben.

Dabei kommen Waschsalons besser durch die Krise als Reinigungen, sagt Cristina Rusu vom Express Waschcenter in St. Georg. Die Geschäftsführerin betreibt neben einem Selbstbedienungs-Center auch eine Reinigung. Ihr zufolge hat sich der Umsatz halbiert. Anzüge, Kleider, Uniformen von Hoteliers – das sei Kleidung, die nur wenige Kunden in Eigenregie in die Wäschetrommel werfen, sondern professionell behandeln lassen würden. Doch die schicken Kleidungsstücke hängen aktuell auf Bügeln im Schrank, statt getragen im Wäschekorb zu liegen.

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Finanzieren muss sich das Waschcenter deshalb über den günstigeren Self-Service mit sechs Waschmaschinen und sieben Trocknern. Diesen Bereich würden Hamburger ohne eigene Waschmaschine eher nutzen, um ihre getragenen Jogginghosen und Pullover zu waschen. Aber die Erlöse reichten nicht. Die Geschäftsführerin ist verzweifelt. Drei Mitarbeiter hat sie schon entlassen, drei in Kurzarbeit geschickt. Angesichts des harten Lockdowns geht Rusu davon aus, das Waschcenter bald ganz aufgeben zu müssen. „Wir halten maximal noch zwei Monate durch und suchen im Moment einen Kredit.“ Sie hofft auf Hilfen vom Staat. „Wenn wir finanzielle Unterstützung bekommen, sind wir gerettet“, sagt sie.

Weniger dramatisch ist die Lage für Wäschereien mit Hol-und-Bring-Service. Die Lieferdienste kommen besser durch die Krise. Bei Lieferleicht sind zwar zwei von fünf Mitarbeitern in Kurzarbeit – und auch dort sind die Aufträge seit Beginn der Pandemie um 50 Prozent eingebrochen. Dennoch sagt Arash Farsian, einer der beiden Gründer: „Wir haben in der Tat viele Privatkunden, die Pullis, Hosen, Unterwäsche, Jacken und ähnliche Kleidung abgeben. Wir kommen auf jeden Fall besser klar, weil die Wäschereien in den Innenstädten viel weniger Kunden haben.”

Für ihn und seinen Partner Khashayar Golzar ist die aktuelle Lage besser zu verkraften, weil beide ihre Hauptverdienste über andere Firmen beziehen und jeweils nur zehn bis fünfzehn Stunden pro Woche für den Lieferdienst arbeiten. Mehr Zeit bräuchten sie nicht, um die Lieferungen zu organisieren und die Schmutzwäsche in die Reinigung zu geben – hierbei handelt es sich um eine weitere Firma, die Mitgründer Golzar separat führt.

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Noch besser schafft es bisher Wash-it mit seinem Hol- und Bringservice durch die Krise zu kommen. Statt der erwarteten 30 Prozent Wachstum sei der Umsatz zwar um 20 Prozent gesunken. Doch Gründer Jamal Jawando bleibt gelassen. „Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen“, sagt er.

Das führt Jawando auf seinen breiten Kundenstamm zurück – neben der üblichen Klientel sind dies Altenheime und die Asklepios-Kliniken, die Wäsche für Bewohner und Patienten abgeben. Deshalb und auch wegen der jahrelangen Planung habe er es trotz Lockdowns geschafft, nach Berlin zu expandieren.

„Im März, April war Berlin plötzlich tot, danach hat es wieder angefangen. Das war gut, um Erfahrungen zu sammeln“, sagt der Unternehmer. „Vielleicht kann man sagen, wir haben Glück im Unglück. Wir sind in gewissem Maße ein kleiner Gewinner der Krise.“ Dieses Jahr möchte Jawando noch einen Standort in Amsterdam eröffnen. Die Testphase läuft bereits.