Hamburg. Frau hatte vierjährige Tochter mit Verdacht auf Schädelprellung in Klinik gebracht. Ärzte vermuten Vergiftung und erstatten Anzeige.
Eine 35 Jahre alte Frau steht im Verdacht, durch die bewusste Verabreichung von Medikamenten ihre vier Jahre alte Tochter beinahe getötet zu haben. Die Mordkommission ermittelt. Die Tat war bemerkt worden, als das Kind im Krankenhaus behandelt wurde. Das Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) stellte Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft. Offenbar ist die Mutter psychisch krank.
Bereits drei Tage vor Silvester war das Mädchen von den Eltern zunächst in die Notaufnahme des Kinderkrankenhauses Wilhelmstift gebracht worden. Angeblich, so sagten der Vater (33) und die Mutter, sei das Mädchen beim Spielen in der elterlichen Wohnung gestürzt und habe möglicherweise eine Gehirnerschütterung erlitten. Das Kind wurde stationär aufgenommen und noch am selben Tag ins UKE verlegt.
Dort fiel auf, dass das Mädchen nicht nur nach dem Unfall, sondern auch am Tag danach noch extrem benommen wirkte. Für das medizinische Personal war dies ein Hinweis auf eine mögliche Medikamentenvergiftung. Deshalb wurde ein Bluttest durchgeführt. So stellten die Ärzte fest, dass tatsächlich Medikamente den schlechten Zustand des Mädchens ausgelöst hatten.
Gab die Mutter ihrer Tochter (4) starke Schlafmittel?
Das UKE informierte die Staatsanwaltschaft. „Wir ermitteln wegen des Verdachts auf ein versuchtes Tötungsdelikt“, sagte Liddy Oechterin, Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Nach Informationen des Abendblatts wird die Tat als versuchter Mord eingestuft. Die Mordkommission des Landeskriminalamtes übernahm den Fall.
Es besteht der Verdacht, dass die Mutter dem Kind starke Schlafmittel verabreicht hat – möglicherweise sogar noch dann, als das Mädchen bereits im Krankenhaus lag. Dadurch schwebte die Vierjährige zeitweise in Lebensgefahr.
Die Mutter selbst ist vom Fach. Sie soll Krankenschwester sein. Außerdem soll die Frau unter dem Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom leiden. Bei dieser psychischen Erkrankung werden in der Regel Kinder Opfer. Sie werden mit Absicht von ihren Müttern schwer krank gemacht, die sie sich dann besonders aufopfernd um ihr Kind kümmern können.
Mutter befindet sich auf freiem Fuß
Untersuchungen zeigten, dass die unter der psychischen Störung leidenden Mütter – wie auch im aktuellen Fall – überdurchschnittlich oft vom Fach sind. Etwa ein Drittel der an dem Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom leidenden Frauen arbeiten in medizinischen Berufen. Das vier Jahre alte Mädchen ist mittlerweile genesen. Es befindet sich in staatlicher Obhut – ebenso wie ein jüngeres und ein etwas älteres Geschwisterkind.
Die Frau blieb zunächst auf freiem Fuß. Haftgründe lagen nicht vor, auch weil es bislang keinen „dringenden Tatverdacht“ gibt.