Hamburg. Untersuchung genesener Covid-Patienten soll Erkenntnisse über Schädigung von Herz, Gehirn, Lunge und Niere liefern.

Wer Covid-19 überstanden hat, ist nicht unbedingt genesen: Die Infektionskrankheit kann an vielen Stellen im Körper Entzündungen auslösen, die womöglich auch dann noch bestehen, wenn die Betroffenen sich längst wieder fit fühlen. Ob und in welchem Umfang es durch Corona zu bleibenden Schäden an Organen und Beschwerden kommt, ist allerdings erst wenig erforscht. Am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) beginnen Wissenschaftler um Prof. Stefan Blankenberg nun mit einer aufwendigen neuen Studie, um mehr über Corona-Spätfolgen in Herz, Gehirn, Lungen und Nieren herauszufinden.

500 Menschen sollen an der Studie teilnehmen

Dafür suchen der Kardiologe und sein Team noch freiwillige Probanden. Insgesamt sollen bis zu 500 Menschen an der Untersuchung teilnehmen. In Zusammenarbeit mit UKE-Professor Jürgen Knobloch sind schon mehr als 200 Patienten, die am UKE positiv auf Corona getestet wurden, angeschrieben worden mit der Frage, ob sie mitmachen möchten. Die Forscher wollen aber zusätzlich bis zu 300 weitere Menschen untersuchen.

Es gibt drei Bedingungen zur Teilnahme an der Studie: Die Freiwilligen sollen zwischen 45 und 75 Jahre alt sein, ihre Infektion mit dem neuartigen Erreger Sars-CoV-2 sollte mindestens vier Monate zurückliegen und durch einen positiven Abstrich (PCR-Test) nachgewiesen worden sein. Auch wenn es sich um eine Hamburger Studie handelt, müssen die Probanden ihren Wohnsitz nicht in der Hansestadt haben.

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Untersuchungen sollen im Februar und im März stattfinden

Das UKE hoffe zwar, dass sich möglichst viele Freiwillige ohne Vorerkrankungen wie einer Herzschwäche und Asthma melden, sagt Stefan Blankenberg. „Wir wollen aber niemanden ausschließen, wenn die Grundvoraussetzungen zur Teilnahme an der Studie erfüllt sind.“

Wer teilnehmen will, möge eine E-Mail mit persönlichen Angaben und seinen Kontaktdaten an diese am UKE eigens eingerichtete Adresse schicken: postcovid-hchs@uke.de. Wichtig: Wegen des eingeschränkten Forschungsbetriebs am Universitätsklinikum zwischen den Jahren werden die Wissenschaftler erst vom 5. Januar an dazu kommen, den Freiwilligen zu antworten, sagt Prof. Blankenberg.

Die meisten Untersuchungen sollen im Februar und März stattfinden. Für die Teilnahme an der Studie erhalten die Probanden keine Aufwandsentschädigung, aber einen umfangreichen Bericht zu ihrem Gesundheitszustand, wie es ihn im Rahmen einer normalen hausärztlichen Untersuchung in der Regel nicht gebe, sagt Blankenberg.

Untersuchungen sollen etwa sechs Stunden dauern

Etwa sechs Stunden sollen die geplanten Tests pro Patient dauern. Dazu zählen etwa eine Ultraschall-Untersuchung und eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Herzens, um die Pumpleistung des Organs zu erfassen und kleinste Veränderungen in der Struktur und Funktion des Gewebes sichtbar zu machen, die etwa durch eine Herzmuskelentzündung entstehen können. Aus Obduktionen ist zwar bekannt, dass Sars-CoV-2 bis in das Herzgewebe vordringt. Doch ob das neuartige Coronavirus sich dort schädlicher auswirkt als andere Viren es tun können, sei unklar, erläutert Blankenberg.

Die Probanden werden außerdem einen Lungenfunktionstest durchlaufen (Bodyplethysmographie, auch „große Lungenfunktion“ genannt). Hinzu kommen eine Ultraschall-Untersuchung der Nieren, Blutanalysen, verschiedene Untersuchungen des Gehirns – etwa ein Gedächtnistest - sowie eine Befragung, um Folgen der Corona-Infektion auf die psychische Gesundheit der Probanden zu erfassen.

Ergebnisse sollen ab April 2021 veröffentlicht werden

Doch wenn die UKE-Forscher um Stefan Blankenberg auf ungewöhnliche Gewebeveränderungen bei Studienteilnehmern stoßen sollten – was würde dann darauf hindeuten, dass sich um Folgen einer Corona-Infektion handelte? Um das festzustellen, wollen die Wissenschaftler den Gesundheitszustand der Probanden mit dem von Teilnehmern der großen Hamburger Langzeitstudie HCHS vergleichen, die zum Zeitpunkt ihrer letzten Untersuchung nicht an Corona erkrankt waren.

Im Zuge der 2015 gestarteten „Hamburg City Health Study“ sind schon 15.000 Menschen untersucht worden. Die Studie soll zeigen, wie sich Volksleiden Herzinfarkt, Schlaganfall, Demenz und Krebs besser vorbeugen und behandeln lassen. Mit einer Veröffentlichung der Ergebnisse zu Corona-Spätfolgen sei im April oder Mai kommenden Jahres zu rechnen, sagt UKE-Prof. Stefan Blankenberg.