Hamburg. Die Stadt nähert sich der Einstufung als “Hotspot“. Besuch im Pflegeheim nur noch mit negativem Test.
Müssen sich auch die Hamburger auf noch strengere Corona-Beschränkungen gefasst machen als sie ohnehin schon gelten? Nachdem die Stadt am Dienstag mit 582 Neuinfektionen einen mehr als doppelt so hohen Wert wie am vergangenen Dienstag vermeldet hatte, scheint das zumindest nicht mehr ausgeschlossen. Denn die Inzidenz (Zahl der Infektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen) stieg dadurch sprunghaft von 158,8 auf einen neuen Höchststand von 174,7 und ist damit nicht mehr weit vom Grenzwert 200 entfernt.
Ist dieser erreicht, greift nach den Vereinbarungen von Bund und Ländern eine „Hotspot-Strategie“: Dann sollen die Maßnahmen „nochmals erweitert werden, um kurzfristig eine deutliche Absenkung des Infektionsgeschehens zu erreichen“, so der Beschluss vom 13. Dezember. Unter anderem sollen dann „weitgehende Ausgangsbeschränkungen“ erwogen werden. Welche Maßnahmen der Hamburger Senat für den Fall ergreifen würde, dass die Stadt den Wert 200 überschreitet, konnte die stellvertretende Senatssprecherin Julia Offen am Dienstag noch nicht sagen. Man hoffe, dass es nicht dazu komme, würde andernfalls aber „zum geeigneten Zeitpunkt“ über neue Beschlüsse informieren.
Corona-Infektionen: Weiterer sprunghaften Anstieg eher unwahrscheinlich.
Was Hoffnung macht: Dass die Inzidenz an diesem Dienstag um fast 16 Punkte anstieg, lag auch daran, dass ein relativ niedriger Wert aus der Vorwoche (279 Infektionen) aus der Sieben-Tage-Wertung fiel. Nun folgen dagegen vier Tage, an denen es auch in der Vorwoche um 500 Infektionen gegeben hatte – das macht zumindest einen weiteren sprunghaften Anstieg eher unwahrscheinlich.
Dabei gilt: Würde der Stadtstaat Hamburg in der Corona-Pandemie vom Robert-Koch-Institut (RKI) nicht als Einheitsgemeinde betrachtet werden (anders als Berlin), wäre der Bezirk Hamburg-Mitte längst ein Hotspot wie etwa Lübeck, Teile von Berlin und Bayern oder ganz Sachsen. Denn in dem zentralen Bezirk der Hansestadt lag die Sieben-Tage Inzidenz in den vergangenen Wochen mehrfach über 200, auch nach den aktuellsten Daten des Senats: Vom 15. bis zum 21. Dezember wurden dort 606 Infektionen verzeichnet, was einer Inzidenz von 200,7 entspricht.
Die meisten Infizierten in der Gruppe der 20-bis 29-Jährigen
Immerhin: Nachdem der Wert in Mitte in der Vorwoche noch bei 203,6 lag, ist der Bezirk der einzige in Hamburg, der eine sinkende Inzidenz aufweist. In den anderen sechs Bezirken steigen die Ansteckungszahlen stark: Wandsbek verzeichnete 810 Neuinfektionen und eine Inzidenz von 183,7 – das liegt über dem Wert für Gesamt-Hamburg von 174,7. Die Bezirke Harburg (296 Infektionen, Inzidenz 175,1) und Bergedorf (224 / 172,3) liegen in etwa im Schnitt. Altona (365 / 132,7), Hamburg-Nord (406 / 128,9) und Eimsbüttel (308 / 115,4) stehen dagegen deutlich besser da.
Nach Alter betrachtet, fällt auf, dass unter den bislang gut 33.300 Infizierten in Hamburg (von denen 24.500 als genesen gelten) die 20- bis 29-Jährigen mit Abstand die größte Gruppe stellen – nämlich 6450 Fälle. Es folgen die 30- bis 39-Jährigen mit 5796 Infektionen, dann die 40- bis 49-Jährigen (4790) und die 50- bis 59-Jährigen (4417). Danach fällt es steil ab. So entfallen auf die 70- bis 79-Jährigen nur 1580 Fälle, auf die 80- bis 89-Jährigen 1654 und auf die Über-90-Jährigen 675. Diese Altersgruppen habe zwar auch einen geringeren Anteil an der Gesamtbevölkerung, dennoch bereiten sie den Experten am meisten Sorgen. Denn eine Virus-Infektion trifft sie oft viel härter, die Über-70-Jährigen stellen rund 85 Prozent der 549 Hamburger Corona-Toten.
Schnelltest vor dem Betreten der Pflegeheime
Auch daher hat der Senat am Dienstag beschlossen, dass Besuche in Pflegeheimen nur noch nach Vorlage eines negativen Corona-Tests stattfinden dürfen. „Mit der Durchführung eines Schnelltests unmittelbar vor Betreten der Einrichtung wird dieser Auflage entsprochen“, teilte der Senat mit. „Es können alternativ aber auch bereits zuvor durchgeführte Tests akzeptiert werden.“ Die Testung müsse den RKI-Anforderungen genügen und dürfe höchstens 48 Stunden (POC-Antigen-Schnelltests) bzw. höchstens drei Tage (PCR-Tests) alt sein. Über die Weihnachtstage bis einschließlich 28. Dezember seien Ausnahmen möglich, ebenso für die Begleitung Sterbender. Laut Senat sind derzeit in gut einem Drittel der Hamburger Pflegeeinrichtungen Schnelltests für Besucher vor Ort möglich. Die Stadt plane, das Angebot in Kürze auszubauen.
Schulsenator Ties Rabe (SPD) äußerte sich derweil darüber, wie es mit den Schulen nach dem 10. Januar weitergehen könnte, bis zu dem der bundesweite Lockdown bisher gilt. Man sei im Senat zu dem Schluss gekommen, dass man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen könne, ob die Maßnahmen bis zum 11. Januar den gewünschten Erfolg hätten. In der Woche zuvor werde die Runde aus Ministerpräsidenten und Bundeskanzlerin für Deutschland „eine Richtungsentscheidung treffen“. Die Hamburger Schulen seien auf drei Szenarien vorbereitet: einen Fernunterricht mit Notbetreuung, einen Wechselunterricht (halbe Klasse lernt in der Schule, andere Hälfte zu Hause) oder Präsenzunterricht mit Sicherheitsauflagen wie bis in den Dezember.
Müssen die kommenden Abiturprüfungen angepasst werden?
Zu den kommenden Abiturprüfungen sagte Rabe: „Entscheidend ist, dass wir berücksichtigen müssen, dass Schüler sich schlechter vorbereiten können.“ Allerdings sei man in der Kultusministerkonferenz einig, dass der bisherige Verlauf des Schuljahrs noch keine Erleichterungen der bundesweit einheitlichen Prüfungen in Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch rechtfertige. Wenn der Unterricht jedoch weiter stark beeinträchtigt werde, müssten die Prüfungen angepasst werden.