Kiel. Dramatische Corona-Bilanz: Die Toten in Schleswig-Holsteins Alten- und Pflegeeinrichtungen stellen in der zweiten Corona-“Welle“ bisher den bei weitem größten Anteil.

Fast 89 Prozent der Toten im Zusammenhang mit dem Coronavirus sind in Schleswig-Holstein in den vergangenen drei Monaten Bewohner von Alten- und Pflegeheimen gewesen. Das geht aus Zahlen hervor, die das Gesundheitsministerium am Freitag in Kiel auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte.

Demnach sind 119 Heimbewohner in Schleswig-Holstein im Zeitraum vom 21. September bis 14. Dezember nach einer Corona-Infektion gestorben. In diesem Zeitraum stieg die Zahl der Menschen im Land, die an oder mit Covid-19 starben, nach Angaben der Landesregierung um insgesamt 134 von 161 (Stichtag 21. September) auf 295 (Stichtag 14. Dezember). Rechnerisch machen die 119 Toten aus Heimen rund 89 Prozent der insgesamt 134 erfassten Corona-Todesopfer in ganz Schleswig-Holstein in den drei vergangenen Monaten aus. Seit dem Stichtag 14. Dezember ist die Zahl der Corona-Toten in Schleswig-Holstein bis Donnerstag (17.12.) nach Angaben der Landesregierung von 295 auf 319 gestiegen - allein seit Mittwoch kamen 11 Tote dazu.

Die aktuellen Zahlen des Ministeriums zu den Corona-Toten aus Heimen basieren auf einem gesonderten Lagebericht der Heimaufsichten der Kreise und Städte. Damit lasse sich das Lagebild der zweiten Corona-"Welle" besser einordnen als in den geringeren Zahlen der Landesmeldestelle, erläuterte das Ministerium. Denn in die Lagebericht-Daten fließen demnach auch an Covid-19 erkrankte Heimbewohner ein, die nicht in den Einrichtungen, sondern in einer Klinik gestorben sind. Insgesamt 689 Personen seien im Zusammenhang mit Pflegeeinrichtungen positiv getestet worden, hieß es.

Dagegen wurden der Landesmeldestelle seit März bis 15. Dezember lediglich 793 Infektionen und 77 Gestorbene in Zusammenhang mit Ausbruchsgeschehen in Alten-/Pflegeeinrichtungen von den Gesundheitsämtern der Kreise und kreisfreien Städte gemeldet. Dabei sind aber Einzelpersonen aus Pflegeeinrichtungen, die nicht in Zusammenhang mit einem Ausbruchsgeschehen (also mehrere Personen) stehen, nicht erfasst.

Zudem werden zum Teil Daten an Gesundheitsämter des ersten Wohnsitzes gemeldet, der beispielsweise auch außerhalb Schleswig-Holsteins liegen kann. Auch könnten Verlegungen in Kliniken dazu führen, dass die Meldung dort zugeordnet werde und nicht zu einer Pflegeeinrichtung, beispielsweise bei einem Todesfall.

Nach einem Corona-Ausbruch in dem Kieler Alten- und Pflegeheim St. Nicolai Anfang Dezember sind inzwischen acht infizierte Heimbewohner gestorben. Das achte Opfer sei eine 87-Jährige gewesen, die am Donnerstag starb, teilte eine Sprecherin der Stadt am Freitag mit. Nach früheren Angaben der Stadt war Anfang Dezember bei 25 Bewohnern, 12 Mitarbeitern und bei einer Person im privaten Umfeld der Erreger Sars-CoV-2 nachgewiesen worden.

Alten- und Pflegeheime sind immer wieder Brennpunkte für Corona-Ausbrüche. Der Kreis Nordfriesland meldete am Donnerstag, dass 52 Bewohner und 13 Mitarbeiter der Seniorenresidenz "Alloheim" in Bredstedt positiv auf das Virus getestet worden seien. Sämtliche 96 Bewohner sowie Beschäftigte seien seit Tagen in Quarantäne. Nach einem Corona-Ausbruch in einem Norderstedter Heim im Oktober sind inzwischen 16 infizierte Bewohner gestorben. Ein 94-Jährige sei gestorben, teilte der Kreis Segeberg mit.

Zum Schutz der Bewohner von Alten- und Pflegeeinrichtungen sind in der seit 16. Dezember in Kraft getretenen Landesverordnung weitergehende Schutzmaßnahmen vorgesehen. Die angestellten sowie die externen Mitarbeiter - etwa Reinigungskräfte - sollen zweimal wöchentlich getestet werden. Heimbewohner dürfen für den Zeitraum der bis 10. Januar geltenden Verordnung nur von zwei verschiedenen Menschen besucht werden, die der Heimbetreiber registrieren muss. Zudem werden Schulungen für die Tests finanziert.

Insgesamt steigt die Zahl der Neuinfektionen in Schleswig-Holstein weiter deutlich an. Nach Angaben der Landesregierung von Donnerstagabend wurden innerhalb eines Tages 602 neue Corona-Fälle gemeldet. Das war ein etwas höherer Wert als genau eine Woche zuvor (529) und ein deutlich höherer Wert als am Mittwoch (322). Allerdings hatten am Mittwoch vier Kreise und kreisfreie Städte - Lübeck, Pinneberg, Flensburg und Nordfriesland - keine Zahlen an das Land übermittelt. Sie sollten nach Angaben der Landesregierung am Donnerstag nachgemeldet werden und könnten somit in den Tageswert von 602 eingeflossen sein.

Die 7-Tage-Inzidenz - der Wert der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche - stieg in Schleswig-Holstein demnach auf 91,3. Insgesamt haben sich seit Ausbruch der Pandemie in Schleswig-Holstein nun 19 741 Menschen nachweislich mit dem Virus infiziert.

In den Krankenhäusern Schleswig-Holsteins wurden den Angaben zufolge 201 Covid-19-Patienten behandelt. 29 von ihnen befinden sich auf Intensivstationen, 16 müssen beatmet werden. Die Zahl der Genesenen wird auf 14 600 geschätzt.

In den Krankenhäusern Schleswig-Holsteins waren nach einer Übersicht des Divi-Intensivregisters gut ein Viertel aller Intensivbetten nicht belegt - in Zahlen: 294 von 790 Intensivbetten. Der Anteil der Covid-19-Patienten an der Gesamtzahl der Intensivbetten betrug 3,67 Prozent.