Hamburg. Tschentscher verschärft die Corona-Regeln und ruft zu Disziplin sowie Verzicht auf Raketen auf. Geteiltes Echo zu Schul-Maßnahmen.
Es war um 21.25 Uhr am Mittwochabend, als Peter Tschentscher doch noch etwas zu verkünden hatte. Auch Hamburg, so teilte der Bürgermeister nach mehr als sieben Stunden Videokonferenz mit den anderen 15 Länder-Regierungschefs und der Bundeskanzlerin mit, werde die Verlängerung des Lockdowns bis zum 20. Dezember und die gemeinsam beschlossenen, noch strengeren Regeln zur Eindämmung des Coronavirus weitgehend 1:1 umsetzen.
Einiges, wie der bundeseinheitliche Ferienbeginn am 19. Dezember, sei in Hamburg ohnehin geplant. De facto würde dieses Datum für die Hansestadt ohnehin keinen Unterschied machen: Auch beim bis dato geplanten Ferienstart zum 21. Dezember wäre Freitag, der 18. Dezember, der letzte Schultag gewesen.
Und anderes, wie die auf belebte öffentliche Orte ausgedehnte Maskenpflicht, gelte in der Hansestadt bereits. Doch auch mit den anderen vereinbarten Punkten zeigte sich Tschentscher zufrieden – etwa die verschärfte Kontaktbeschränkung auf maximal fünf Personen aus zwei Haushalten (Kinder bis 14 Jahre ausgenommen) oder die Flächenbeschränkungen für den Einzelhandel (maximal eine Person pro zehn Quadratmeter in kleineren Läden und eine Person pro 20 Quadratmeter ab 800 Quadratmeter Verkaufsfläche).
„In den kommenden Wintermonaten brauchen wir geringere Infektionszahlen“, sagte der Bürgermeister. Zwar sei die zweite Corona-Welle gebrochen worden, und die Aussicht auf einen Impfstoff mache Hoffnung. Aber die Infektionslage sei „noch nicht stabil genug“. Er rief die Bürger daher auf, weiter diszipliniert zu bleiben und Kontakte zu meiden – gerade mit Blick auf die Feiertage: Vom 23. Dezember bis zum 1. Januar dürfen sich wieder bis zu zehn Personen treffen, Kinder bis 14 ebenfalls ausgenommen.
Hamburg bereitet Feuerwerksverbotszonen vor
Einschneidend werden die Beschränkungen für das Silvesterfest sein: Zwar wird es kein Verkaufsverbot für Feuerwerk geben, wie es durchaus im Gespräch war. Aber an belebten öffentlichen Orten darf es kein Feuerwerk geben, und auch darüber hinaus appellierte der Bürgermeister: „Es wird dringend empfohlen, auf Feuerwerk zu verzichten.“ An welchen Orten Hamburg das Böllern verbieten werde, konnte Tschentscher noch nicht sagen – darüber könnte auf der geplanten Sondersitzung des Senats am Freitag beraten werden. Doch „auf jeden Fall“ werden wohl der Jungfernstieg und die Landungsbrücken dabei sein, so der Bürgermeister bei seiner kurzen Ansprache im Rathaus.
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Nach Abendblatt-Informationen bereitet die Hamburger Polizei bereits mehrere Feuerwerksverbotszonen vor. Dazu gehören wie im vergangenen Jahr der Bereich um die Binnenalster mit dem Jungfernstieg. Diese sollte – unabhängig von Corona – auf den Rathausmarkt ausgedehnt werden. „Die Erfahrungen aus dem letzten Jahr hatten gezeigt, dass sich das Feuerwerk, das auf dem Jungfernstieg unterbunden wurde, sich nur ein paar Meter weiter dorthin verlagert hatte“, so ein Beamter. Auch zu Verbotszonen für Feuerwerk sollen die Landungsbrücken und Reeperbahn werden.
Die neuen Corona-Maßnahmen für Hamburg:
- Private Zusammenkünfte werden auf höchstens fünf Personen und höchstens zwei Hausstände begrenzt (ausgenommen Kinder bis 14 Jahre)
- Läden mit mehr als 800 Quadratmetern Verkaufsfläche: Zulässige Personenzahl liegt bei einer Person pro 20 Quadratmetern
- Läden mit weniger als 800 Quadratmetern: Zulässige Personenzahl bei einer Person pro zehn Quadratmetern
- Maskenpflicht in allen öffentlich zugänglichen geschlossenen Räumen
- Maskenpflicht am Arbeitsplatz, wenn der Abstand von 1,50 Meter nicht eingehalten werden kann
- Maskenpflicht auf engen Straßen und Plätzen in ganz Deutschland (gilt bereits in Hamburg)
- Hochschulen sollen Lehre weitestgehend digital durchführen
Corona-Regeln für Schulen: Geteiltes Echo
Die Beschlüsse zum Bildungsbereich stießen auf ein geteiltes Echo. „Es ist gut, dass zukünftig in ganz Deutschland flächendeckend Wechselunterricht möglich sein soll, wenn die Infektionswerte dies notwendig machen“, sagte CDU-Schulpolitikerin Birgit Stöver. „Allerdings ist ein Inzidenzwert von 200 sehr hoch gegriffen. Bisher galten deutlich niedrigere Inzidenzwerte als Zielmarke. Hamburg braucht daher eigene Lösungen für Hotspot-Schulen und muss Eltern, Schüler und Lehrer dabei mitnehmen. Klassengrößen können dafür auf freiwilliger Basis oder auf Entscheidung der Lehrer für den Wechselunterricht reduziert werden.“
Die FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein sagte: „Es ist reichlich spät, aber richtig, wenn die Maskenpflicht an Schulen nun bundesweit und auch in Hamburg ausgeweitet wird.“ Bislang gilt sie in der Hansestadt ab Klasse fünf – vermutlich wird sich daran nichts ändern. Details beschließt der Senat am Freitag. „Auch Quarantäne für Schülergruppen anzuordnen, in denen es Infektionsfälle gibt, ist eine wichtige Maßnahme“, so die Bildungspolitikerin. Allerdings brauche es dann unverzüglich funktionierenden Digitalunterricht, um den Knick in Bildungskarrieren zu verhindern.
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Der Verband der Schulen des gemeinsamen Lernens in Hamburg kritisierte, die von den Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin vorgeschlagenen Maßnahmen berücksichtigten nicht die bisher in der Öffentlichkeit diskutierten Lösungsansätze. Die Schulen brauchen vor Ort Gestaltungsfreiheit und den Abbau bürokratischer Hürden. Die angedachte Teilung von Klassen in oberen Jahrgängen müsse nicht automatisch bedeuten, dass ein Teil der Klasse zu Hause bleibe. Schüler könnten auch in leer stehenden Räumen der Schule mit Aufgaben betraut und durch Honorarkräfte betreut werden. Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde, zeigte sich hingegen „erleichtert“, wie er sagte. „Wir freuen uns über die vernünftigen Regelungen, die die MPK beschlossen hat.“
Corona-Patienten: Lage in Krankenhäusern stabil
Dass die bisherigen Beschränkungen wohl nicht ausreichen, um das Infektionsgeschehen vollständig in den Griff zu bekommen, zeigten auch die Zahlen vom Mittwoch: Da wurden in Hamburg 363 Neuinfektionen vermeldet – deutlich mehr als am Mittwoch zuvor (246). Die Sieben-Tage-Inzidenz (Infektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen), die seit zehn Tagen insgesamt leicht rückläufig war, stieg daher gestern wieder von 131,7 auf 137,9 – weit entfernt von dem Grenzwert 50, bis zu dem das Geschehen als beherrschbar gilt.
Insgesamt haben sich seit März 23.694 Hamburgerinnen und Hamburger mit dem Coronavirus angesteckt, von denen 14.600 als genesen gelten. Mehr als 9000 Bürger sind also akut infiziert. Immerhin hat sich die Lage in den Krankenhäusern nicht weiter zugespitzt: 312 Covid-19-Patienten werden dort behandelt, einer mehr als am Vortag. 88 von ihnen müssen intensivmedizinisch betreut werden – zwei weniger als am Vortag. 51 der 311 Patienten kommen aus dem Umland, 261 aus Hamburg. Die Zahl der Todesfälle liegt unverändert bei 281.
Die aktuellen Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:
- Hamburg: 363 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemiebeginn: 23.694), 312 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon 88 auf Intensivstationen), insgesamt 281 Todesfälle (+0 im Vergleich zum Vortag). Sieben-Tage-Wert: 137,9 (Stand: Mittwoch)
- Schleswig-Holstein: 256 neue Corona-Fälle (13.560), 122 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 20), 242 Todesfälle (+1), Sieben-Tage-Wert: 47,8 (Stand: Mittwoch)
- Niedersachsen: 1304 neue Corona-Fälle (66.467), 1075 Todesfälle (+34). Sieben-Tage-Wert: 101,1 (Stand: Mittwoch, Niedersachsen meldet auf Landesebene keine Krankenhaus-Belegungszahlen)
- Mecklenburg-Vorpommern: 144 neue Corona-Fälle (5388), 460 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 58), 55 Todesfälle (+1). Sieben-Tage-Wert: 46,8 (Stand: Dienstag)
- Bremen: 138 neue Corona-Fälle (9456), 161 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 35), 113 Todesfälle (+1). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 155,6, Stadt Bremerhaven: 98,5 (Stand: Dienstag, Bremen gibt den Sieben-Tage-Wert nur getrennt nach beiden Städten an)
Hamburgs Bezirke: Bergedorf als Corona-Ausnahme
Analog zum insgesamt leicht rückläufigen Infektionsgeschehen in Hamburg sind auch die Zahlen in fast allen Bezirken zurückgegangen – mit einer Ausnahme: Bergedorf. Im Zeitraum vom 17. bis zum 23. November lag die Sieben-Tage-Inzidenz dort bei 130,0 – deutlich mehr als in der Vorwoche (117,7). Insgesamt gab es dort 169 Neuinfektionen.
Den höchsten Wert weist nach wie vor Hamburg-Mitte auf: Dort gab es 616 Neuinfektionen, was einer Sieben-Tage-Inzidenz von 204,0 entspricht (Vorwoche: 238,7). Das ist ein kräftiger Rückgang, liegt aber immer noch weit über dem aktuellen Wert für Gesamt-Hamburg von 137,9. Auch die Bezirke Harburg (269 Neuinfektionen / Sieben-Tage-Inzidenz 159,2) und Wandsbek (637 / 144,4) verzeichnen rückläufige Zahlen, die aber immer noch leicht überdurchschnittlich hoch. Deutlich besser sieht es in Altona (290 / 105,5), Hamburg-Nord (325 / 103,2) und Eimsbüttel (227 / 85,0) aus.
Hamburgs Bezirke im Überblick (Stand 17. bis 23. November):
- Altona: Neuinfektionen in den vergangenen sieben Tagen: 290. Inzidenzwert: 105,5
- Bergedorf: Fälle: 169. Inzidenz: 130,0
- Eimsbüttel: Fälle: 227. Inzidenz: 85,0
- Hamburg-Mitte: Fälle: 616. Inzidenz: 204,0
- Hamburg-Nord: Fälle: 325. Inzidenz: 103,2
- Harburg: Fälle: 269. Inzidenz: 159,2
- Wandsbek: Fälle: 637. Inzidenz: 144,4
Nach dem Ausbruch in der Fleischerei der Block-House-Restaurants mit 20 Betroffenen in Hummelsbüttel ist die Situation unterdessen offenbar vollständig unter Kontrolle. Bereits seit dem vergangenen Donnerstag habe es keine weiteren Infektionen mehr gegeben, sagte eine Sprecherin der Block-Gruppe dem Abendblatt. Ein Mitarbeiter habe zwischenzeitlich im Krankenhaus behandelt werden müssen, sei aber bereits entlassen worden und auf dem Weg der Besserung. Zunächst war am Dienstagabend noch von zwei schweren Krankheitsverläufen die Rede gewesen.