Hamburg. Laut Bundesgesundheitsministerium dürfen künftig auch nicht-examinierte Pflegekräfte Abstriche machen – unter einer Voraussetzung.
Sie gelten als wichtiger Baustein in der Strategie im Kampf gegen die Pandemie: Schnelltests, mit denen binnen weniger Minuten festgestellt werden kann, ob eine Infektion mit dem Corona-Virus vorliegt. Vor allem Pflegeheime und Krankenhäuser wollen ihre Bewohner, Patienten und Mitarbeiter schützen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will diese Tests für einen dreistelligen Millionen-Betrag finanzieren.
Pro 100 Heimbewohner zwei Vollzeitkräfte für Corona-Schnelltests
Das Problem: Es gibt viel zu wenig Personal für die notwendigen Abstriche aus dem Rachenraum. Denn diese dürfen nur examinierte medizinische Fachkräfte vornehmen. Doch jetzt zeichnet sich eine Lösung ab. In einem dem Abendblatt vorliegenden Schreiben an die Gesundheitsbehörden der Länder verweist das Bundesgesundheitsministerium auf einen „Spielraum bei der Entscheidung“, auch Beschäftigte mit „geringerer Grundqualifikation“ mit den Tests zu betrauen. Voraussetzung sei eine entsprechende Unterweisung. Martin Sielaff, Geschäftsführer der Hamburgischen Pflegegesellschaft, wertet dies als „Schritt in die richtige Richtung“.
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Wie groß das Problem ist, zeigen erste überschlägige Berechnungen der Pflegegesellschaft: Demnach benötigt man für etwa 100 Heimbewohner zwei Vollzeitkräfte für konsequente Reihentestungen der Bewohner und Mitarbeitenden (jeweils einmal pro Wochenende) sowie der Besucher. „Hochgerechnet auf die etwa 17.000 Heimbewohner reden wir hier über 300 bis 400 zusätzliche Vollzeitkräfte“, sagt Sielaff. Und da Besucher sehr oft an Wochenenden ins Heim kommen, müsse auch sonnabends und sonntags das entsprechende Personal vorgehalten werden. Sielaff spricht zudem von einem „immensen Verwaltungsaufwand“, da jedes Testergebnis dokumentiert werden muss.
Pflegekräfte im Ruhestand für Schnelltests gesucht
Pflegekräfte galten in Heimen bereits vor der Pandemie als chronisch überlastet, die Pandemie hat die Situation weiter verschärft. In internen Runden mit den Behörden haben die Heimbetreiber immer wieder darauf hingewiesen, dass man unter diesen Bedingungen nicht noch Pflegekräfte für Testungen einsetzen könne.
Die Sozialbehörde sucht daher derzeit mit der Pflegegesellschaft Pflegekräfte, die derzeit nicht im Einsatz oder bereits im Ruhestand sind für diese Schnelltests. Registrieren kann man sich auf der Plattform #pflegereserve (https://pflegereserve.de/#/hh). „Der Rücklauf ist vielversprechend“, sagt Sielaff.
Hamburger Unternehmen auf Schnelltests in Betrieben spezialisiert
Auch das Hamburger Unternehmen DNA4GOOD hofft auf Lockerungen bei den Personalvorschriften für Schnelltests. DNA4GOOD hat sich auf Schnelltests in Unternehmen spezialisiert. Die Idee: Mitarbeiter sollen auf Firmenkosten regelmäßig auf freiwilliger Basis getestet werden, damit in den Unternehmen ein Infektionsherd schnell erkannt werden kann.
Geschäftsführer Patrick Hofmann fordert: „Nach einer qualifizierten Schulung sollten auch Nicht-Mediziner diese Schnelltests durchführen dürfen.“ Unterlegt hat er diese Forderung mit einem juristischen Gutachten der Hamburger Wirtschaftskanzlei Beiten Burkhardt. Die Juristen kommen zu dem Schluss, dass dieser Weg möglich sei.