Hamburg/Panama-Stadt. Andrea Meenken wurde im Sabbatical von Corona überrascht. Jetzt arbeitet sie in 9000 Kilometer Entfernung.

Die Rollos in Andrea Meenkens Arbeitszimmer sind hinuntergezogen, die Wände sind kahl. Nur die Deckenlampen und der Bildschirm erhellen das Gesicht der 42 Jahre alten Beraterin des Hamburger Studierendenwerks. „Ich möchte nicht, dass man mein ganzes technisches Equipment von draußen sieht, hier ist die Sicherheitslage eine andere“, sagt sie. Denn Meenken sitzt nicht in der Hansestadt, sondern in Panama und berät derzeit Studierende aus mehr als 9000 Kilometer Entfernung.

Ursprünglich wollte sie sieben Monate in dem zentralamerikanischen Land wohnen, dabei ging es vor allem darum, Zeit mit ihrem Freund und jetzigem Ehemann zu verbringen. Homeoffice war ebenfalls geplant, sollte allerdings acht Arbeitsstunden in der Woche nicht überschreiten. „Es war so eine Art Semi-Sabbatical“, sagt sie.

Panama war und ist von Covid-19 besonders stark betroffen

Am Valentinstag reiste die Beraterin an. Zunächst hatte sie Urlaub und nutzte ihre Zeit, um Dokumente der Behörden für die Hochzeit vorzubereiten. Zum Glück, denn nur wenige Wochen später kam der Lockdown. „Von heute auf morgen gab es große Einschränkungen“, so Meenken. „Hätte ich hier allein gelebt, wäre ich zurückgekommen. Das soziale Leben wurde ja komplett eingestellt“. Panama war und ist von Covid-19 besonders stark betroffen. Regionaler Schwerpunkt ist unter anderem die Metropol­region Panama-Stadt, wo Meenken und ihr Mann wohnen.

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Den Anwohnern Panamas war es seit Mitte März nicht mehr möglich, frei entscheidend das Haus zu verlassen: Nach Geschlecht und den Endziffern des Ausweises entschied sich, wer zu welcher Uhrzeit das Haus für die nötigsten Einkäufe verlassen darf. Erst seit Ende August ist es wieder gestattet, an drei Tagen pro Woche ganztägig rauszugehen. „Mit meinem Mann zusammen habe ich während der fünfeinhalb Monate im Lockdown nur einmal für eine Stunde das Haus verlassen, und da mussten wir aufpassen, dass wir nicht erwischt werden“, sagt Meenken.

Auch allein war die 42-Jährige nur zweimal vor der Tür. Zum Einkaufen hätte sie eine Dreiviertelstunde gebraucht. Innerhalb des erlaubten zwei-stündigen Ausgangs wäre sie nicht wieder zu Hause angekommen. Denn vor den Supermärkten bildeten sich lange Schlangen, die Polizeipräsenz war in den ersten Wochen des Lockdowns groß. Anfeindungen habe sie jedoch nicht erlebt. Lebensmittel bestellten sie und ihr Mann online, „auch ansonsten spielte sich unser Leben komplett virtuell ab“, so Meenken.

In Panama gelten strenge Ausgangsregeln

Das Sabbatical brach sie kurzerhand ab und entschied, die Kollegen in Deutschland zu unterstützen und Studierende dauerhaft von Panama aus zu beraten. „Es gab Zeiten, in denen sind wir vor Anfragen fast untergegangen“, sagt Meenken. Die Studierenden beschäftigte vor allem die Finanzierung. Viele hatten ihren Job verloren und brauchten Hilfe. Einige hatten Fragen zu ihrem Aufenthalt und ihrer Arbeitserlaubnis, andere saßen im Ausland fest. Es gab Fragen zur Krankenversicherung, zu den Not-Fonds, und natürlich habe es noch den „ganz normalen Alltag“ gegeben. So habe sie ebenfalls Studierende beraten, die schwanger waren oder einen Unfall hatten.

Corona in Hamburg, Deutschland und weltweit – die interaktive Karte

Anfangs telefonierte sie über das Handy, mittlerweile berät sie auch per Video. „Als Beraterin ist meine Königsdisziplin natürlich das persönliche Gespräch“, sagt Meenken. Das könne eine E-Mail oder ein Telefonat nicht ersetzen, eine Videoberatung komme dem schon näher. Bereits seit elf Jahren unterstützt sie Studierende im Bereich Soziales & Internationales.

Auch wegen der Zeitverschiebung, Panama liegt sieben Stunden zurück, beginnt der Arbeitstag für sie um 5 Uhr morgens, um mit dem Team in Deutschland genügend Zeit zum Austausch und zur Planung zu haben. „Das ist schon anstrengend! Zu sehen, wie Technik einander näherbringt, fand ich aber faszinierend“, so Meenken.

Trotz des Lockdowns schaffte sie es, sich ein Netzwerk in Panama aufzubauen

Trotz des Lockdowns schaffte sie es, sich ein Netzwerk in Panama aufzubauen. Über die Seemannsmission, bei der sie als Ehrenamtliche in Hamburg tätig ist, gelang es ihr, Kontakt zu einem Chormitglied aufzunehmen. Im Februar nahm sie noch an einer Probe teil und fortan an Online-Chorproben. Und auch ihre Hochzeit fand teilweise virtuell statt. So hatte ihre Schwester Hochzeitsgrüße in einem Video zusammengeschnitten.

Am 28. Oktober fliegt Andrea Meenken ohne ihren Mann nach Hamburg zurück. Obwohl ihr der Abschied schwerfallen wird, freut sie sich auch ein wenig auf Deutschland, „auf ein frisch gestrichenes Büro und die Weihnachtszeit“. Wie es nach ihrer Rückkehr weitergeht, kann sie noch nicht sagen. „Unsere Beziehung kann nach Corona jedenfalls nichts mehr erschüttern“, so Meenken.

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