Hamburg. Rund 98 Prozent der unter 18-Jährigen in Billbrook sind Migranten. So sieht es in den anderen Stadtteilen aus.

Billbrook ist Hamburgs erster Stadtteil, in dem größtenteils Zuwanderer leben. Wie aus neuen Zahlen des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein hervorgeht, haben dort 85 Prozent der Einwohner Migrationshintergrund.

Hamburg-Billbrook: 98 Prozent der jungen Einwohner sind Migranten

Rund 98 Prozent der unter 18-Jährigen sind Migranten. Damit setzt sich in Billbrook eine Entwicklung fort, die sich in der von zwei Flüchtlingsunterkünften, dem Fluss Bille und Gewerbeflächen geprägten Region seit Jahren abzeichnet.

Im ganzen Stadtgebiet hat inzwischen mehr als ein Drittel aller Hamburger einen Migrationshintergrund. Mit Stichtag 31. Oktober 2019 lebten in der Hansestadt mehr als 683.000 Bürger mit ausländischen Wurzeln.

Bezogen auf die Gesamtbevölkerung sind das 36,1 Prozent aller Einwohner. Im Vergleich zum Jahr 2011 ist ihr Anteil um fast sieben Prozentpunkte gestiegen. Der Bezirk Harburg verzeichnete in diesem Zeitraum den stärksten Zuwachs – von 37,1 Prozent (2011) auf 47,5 Prozent. Ein wesentlicher Auslöser für diese Entwicklung ist die Flüchtlingskrise.

Wenigste Migranten in den Vier- und Marschlanden

Die niedrigsten Anteile von Migranten an der Gesamtbevölkerung sind mit weniger als 15 Prozent in den Vier- und Marschlanden zu verzeichnen, heißt es in der neuen statistischen Auswertung der Bevölkerungsdaten für die Hamburger Stadtteile 2019.

Im Spadenland leben gerade einmal 44 Migranten, das sind 8,4 Prozent. In den Walddörfern und Blankenese liegt ihr Anteil unter 20 Prozent.

Alle Grundschulkinder mit Migrationshintergrund

Bereits vor mehr als zehn Jahren hatten Hamburger Trendforscher wie Professor Peter Wippermann auf die unterschiedliche Entwicklung der Migration für die einzelnen Stadtteile hingewiesen. Während er den Walddörfern und besonders Poppenbüttel prophezeite, zum „Baden-Baden von Hamburg“ zu werden, warnte er vor sozialen Verwerfungen im Problemstadtteil Billbrook.

Besonders anspruchsvoll ist die Situation heute an der Grundschule Am Schleemer Park, Standort Billbrookdeich, für die Lehrkräfte. Von den 180 Kindern haben alle Migrationshintergrund. Sie kommen zum großen Teil aus den Wohnunterkünften Billbrookdeich/Billstieg und Berzeliusstraße.

Billbrook: „Auch Hamburg hat sein AfD-Dorf“

Das Ungleichgewicht in Billbrook verschafft Rechtspopulisten Auftrieb. Ein Wahllokal geriet bei der Bundestagswahl 2017 bundesweit in die Schlagzeilen. „Auch Hamburg hat sein AfD-Dorf“, titelte damals die Bild-Zeitung. Die AfD erzielte dort 41 Prozent der Stimmen.

Wie die statistischen Zahlen weiterhin belegen, existieren auch zwischen den Stadtbezirken große Unterschiede. Während in Hamburg-Mitte fast jeder zweite Einwohner Migrationshintergrund hat, sind es in Eimsbüttel lediglich 29 und in Nord 28,3 Prozent.

In absoluten Zahlen ausgedrückt leben die meisten Migranten in Billstedt (41.845), Wilhelmsburg (32.380) und Rahlstedt (31.000), sehr wenige in Reitbrook (54) und Tatenberg (73).

Hamburger mit türkischen Wurzeln am stärksten vertreten

Hamburger mit Wurzeln in der Türkei sind die am stärksten in der Hansestadt vertretene Gruppe von Menschen mit Wurzeln außerhalb der Europäischen Union (94.893), danach folgen Afghanen (35.718), Russen(35.032) und Iraner (24.966).

Seit Jahrzehnten gibt es in der Hansestadt eine lebendige iranische Community. So entstand auf Initiative iranischer Teppichhändler in den 1960er Jahren die blaue Imam-Ali-Moschee an der Außenalster mit einem 200 Quadratmeter großen Gebetsteppich. Er gehört zu den weltweit größten handgeknüpften Teppichen.

Mehr als 74.000 Hamburger stammen aus Polen

Die aus Polen stammenden Hamburger (74.650 Bürger) führen die Statistik bei den Menschen mit Bezugsländern von EU-Mitgliedsstaaten an, gefolgt von Rumänen (15.576) und Italienern (13.590). Fast jeder zweite aus dieser Personengruppe hat die deutsche Staatsbürgerschaft.

Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes beleuchten auch, welchen Berufen Migranten am häufigsten nachgehen. So hatten 55 Prozent aller Beschäftigten in Reinigungsberufen im Jahr 2019 einen Migrationshintergrund, in der Lagerwirtschaft und in der Lebensmittel- und Genussmittelherstellung jeweils 38 Prozent. In der Altenpflege waren es 30 Prozent.

Migranten in Gesundheitsberufen unterrepräsentiert

Auch im Verkauf von Lebensmitteln sind Beschäftigte aus dieser Personengruppe im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung leicht überrepräsentiert (28 Prozent). Unterdurchschnittlich vertreten sind Migranten dagegen in medizinischen Gesundheitsberufen (21 Prozent), in der Lehrtätigkeit an allgemeinbildenden Schulen, im Polizeivollzugs- und Kriminaldienst sowie Gerichts- und Justizvollzug (7 Prozent).