Hamburg. Antworten auf die wichtigsten Fragen zu den Einschränkungen. Warum die Zahlen zur Pandemie so oft widersprüchlich sind.

Der Beschluss soll die Trendwende bei den Corona-Zahlen in Hamburg bringen: Von heute an gilt in der Hansestadt erneut eine Kontaktbeschränkung von maximal zehn Personen aus zwei Haushalten bei privaten Zusammenkünften. Unterdessen gibt es weitere Alarmzeichen und Verwirrung um die Erfassung der Daten. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wo gilt das Kontaktverbot generell?

Bei allen privaten Anlässen – unabhängig davon, ob man sich zu Hause, in der Gastronomie oder unter freiem Himmel trifft. Ebenso spielt keine Rolle, ob es sich rechtlich um eine „Feierlichkeit“ mit erhöhtem Alkoholkonsum oder Lautstärke handelt. Anders als es noch am Freitag aus der Sozialbehörde geheißen hatte, sind gemeinsame Gastronomiebesuche mit mehr als zwei Haushalten auch bei jederzeit eingehaltenem Mindestabstand verboten.

Welche Ausnahmen gibt es?

Bei Familientreffen gilt die Haushalts­regel nicht, sofern es sich um (Ehe-)Partner oder Verwandte in gerader Linie – also Geschwister, Eltern und ihre Kinder sowie Großeltern und ihre Enkel – handelt. Auch Patchworkfamilien dürfen sich unabhängig von der Wohnsituation treffen. Bei Kindern unter zwölf Jahren spielt die Anzahl der Haushalte ebenfalls keine Rolle, sodass etwa gemeinsames Spielen und Kindergeburtstage möglich sind. Diese Sonderregel gilt aber nur im privaten Wohnraum – und damit etwa nicht für Gruppen von Kindern an Halloween. In allen Fällen gilt laut Senat die Begrenzung auf maximal zehn Personen.

Tschentscher: Diese Corona-Regeln gelten ab Montag:

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Was ist mit besonderen Anlässen?

Hochzeiten werden pauschal ebenfalls mit der „Zwei oder zehn“-Regel begrenzt. Bei Trauerfeiern bleibt alles wie bisher. Auch im Sportbereich wird sich nach Auskunft des Senats vom Sonntag nun nichts ändern. Für Wohnungsumzüge wurde in der sogenannten Auslegungshilfe der Verwaltung verankert, dass Hilfe von Freunden aus mehreren Haushalten nicht geahndet wird, solange sie möglichst Abstand halten, eine Maske tragen und sich nicht alle in den Wohnungen aufhalten.

Wie sind die Regeln für Treffen in umliegenden Bundesländern?

Hier gelten jeweils die vor Ort gültigen Beschränkungen. Auch Hamburger aus mehr als zwei unterschiedlichen Haushalten könnten sich demnach etwa in einem Privathaus in Schleswig-Holstein treffen. Der Hamburger Senat appelliert aber dringend, wo immer es geht, auf private Zusammenkünfte zu verzichten. „Es ist keine Zeit zum Feiern“, so Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD).

Was weiß man über das aktuelle Infektionsgeschehen in Hamburg?

Laut Sozialsenatorin verlagert sich dieses von jungen Erwachsenen in ältere Bevölkerungsgruppen. Daher steige die Zahl der Corona-Klinikpatienten. Es gehe aber nicht nur um Senioren, so Leonhard. Vielmehr habe sich die Zahl der 50- bis 60-jährigen Infizierten binnen einer Woche fast verdoppelt, die etwa in Haushalten von Familienmitgliedern angesteckt worden seien. Mithin: Das Virus wird von Jüngeren in Familien gebracht, die Ältere anstecken. Diese Entwicklung besorge sie sehr, sagte Leonhard.

Warum gibt es so wenig konkrete Angaben zu den Infektionsorten?

Das hat laut Sozialbehörde zwei wesentliche Gründe. Erstens: „Eine verlässliche Datenerhebung, die statistisch abgesicherte Aussagen zu den genauen Orten von Infektionen zulässt, ist mit der gegenwärtigen Software-Lösung nicht abbildbar: Die verfügbaren Kategorien sind weder erschöpfend noch passgenau, sodass eine Zuordnung nicht in jedem Fall erfolgen kann.“ Zweitens seien „die dafür erforderlichen Informationen in einer Vielzahl der Fälle nicht ermittelbar“ – weil Infizierte keine Angaben über den möglichen Infektionsort machen können oder wollen. Das waren zuletzt mehr als die Hälfte der Betroffenen.

Wie ist die Situation des Arztrufs 116117?

Zunehmend angespannt. Die Zahl der Anrufe steige stetig und habe zuletzt 7000 erreicht, sagte der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg (KVHH), Walter Plassmann. Er bestätigte, dass derzeit etwa die Hälfte der Anrufer beim ersten Versuch nicht durchkomme. Mit einer Aufstockung des Personals bei der Hotline will die KVHH das Problem in den Griff bekommen. „Sehr häufig sind die Menschen die dem Arzt dann gegenüberstehen, völlig gesund und hatten am Telefon nur die richtigen’ Worte benutzt, um einen Einsatz auszulösen.“ Plassmann bittet eindringlich darum, den Notdienst nicht unnötig in Anspruch zu nehmen. „Wir müssen auch die Patienten zeitnah versorgen können, die an anderen Erkrankungen leiden.“

In wie vielen Fällen können Kontaktpersonen von Infizierten nicht mehr identifiziert und benachrichtigt werden?

Laut Senatorin Leonhard gelingt dies noch „sehr überwiegend“. Gleichzeitig stünden die Gesundheitsämter zunehmend unter Druck. In Einzelfällen gäben Infizierte bis zu 100 Kontaktpersonen an, die alle erreicht, informiert und möglicherweise getestet werden müssten.

Warum unterscheiden sich die Hamburger Corona-Zahlen stark von denen des Robert-Koch-Instituts (RKI)?

Hamburg erhebt seine Daten von 9 bis 9 Uhr, das RKI dagegen von 0 bis 0 Uhr. Hamburgs Zahlen gehen daher erst verspätet in die RKI-Statistik ein. Auch werden Nachmeldungen in Hamburg sofort in die Statistik aufgenommnen – beim RKI nicht. Daher seien die RKI-Werte „im Durchschnitt um zehn bis 15 Prozent zu niedrig angesetzt am jeweiligen Tag“, so Leonhard. In der rückwirkenden Betrachtung näherten sich die Zahlen an.

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Welche 7-Tage-Inzidenz ist maßgeblich für Einschränkungen in Hamburg?

„Für die Beurteilung der Situation und zu ergreifende Maßnahmen seitens des Senates ist der in Hamburg ermittelte Inzidenzwert maßgeblich“, sagt Sozialbehördensprecher Martin Helfrich. „Er bildet das Infektionsgeschehen unmittelbarer ab, als die Darstellung im RKI-Dashboard das vermag.“

Warum veröffentlicht der Senat keine Daten zu Infektionen an Schulen?

„Die Schulbehörde sieht von einer regelhaften schulscharfen Nennung der Anzahl von infizierten Schülerinnen und Schülern ab und folgt hier dem Gedanken des Datenschutzes, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass mit weiterem Wissen um die Zusammensetzung der Grundgesamtheit die Identität der Betreffenden erschlossen werden kann“, so der Senat. Es würden aber Anfragen von Medien zum Thema beantwortet.

Was passiert, wenn die Zahlen trotz der neuen Maßnahmen nicht sinken?

Eine denkbare Maßnahme wäre die Verschärfung der Sperrstunde in der Gastronomie auf eine frühere Uhrzeit. Auch heißt es, dass über Einschränkungen im Sportbereich diskutiert werden könnte. Es wird aber bisher davon ausgegangen, dass die Einschränkungen privater Zusammenkünfte das effektivste Mittel gegen einen weiteren Anstieg ist.