Hamburg. Zum 1. November startet wieder das Winternotprogramm für obdachlose Menschen. Um die Abstandsregeln während der Corona-Pandemie besser einhalten zu können, steigt die Zahl der Plätze auf über 1000.
Wegen der Corona-Pandemie wird die Hamburger Sozialbehörde das Winternotprogramm für obdachlose Menschen in diesem Jahr ausweiten. So soll es ab Mitte November zusätzlich einen dritten Standort mit 250 Plätzen geben, teilte die Sozialbehörde am Freitag mit. Insgesamt stehen dann mehr als 1000 Schlafplätze für Bedürftige zur Verfügung. Außerdem soll es in der Markthalle am Hauptbahnhof eine neue zentrale Tagesaufenthaltsstätte geben. Dort können sich bis zu 200 Wohnungslose auch während des Tages drinnen aufhalten. Nach einer Befragung leben rund 2000 obdachlose Menschen in Hamburg.
"Ein Kultur-Ort, der in dieser schwierigen Zeit für ein soziales Angebot genutzt werden kann: Das ist eine richtig gute Sache!", sagte Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD). In der Markthalle finden normalerweise Konzerte statt.
An den Übernachtungsstandorten in der Friesenstraße und der Kollaustraße stehen wie bisher 400 bzw. 250 Plätze und zusätzlich eine Reserve von insgesamt 100 Plätzen zur Verfügung. Die Standorte verfügen jeweils über abgetrennte Bereiche für Frauen. Darüber hinaus werden auch in diesem Jahr rund 120 Übernachtungsplätze dezentral bei Kirchengemeinden und Hochschulen angeboten. Die jetzigen Bewohner können während des Winters dort bleiben.
Wegen der Corona-Pandemie sollen die Übernachtungsstandorte tagsüber gründlich gelüftet und gereinigt werden. Laut Behörde bieten alle Standorte die Voraussetzungen für eine lockere Belegung, um angemessene Abstände zu ermöglichen. Nutzerinnen und Nutzer, die üblicherweise als Gemeinschaft übernachten, dürfen dennoch gemeinsam ohne Abstände untergebracht werden. In allen drei Standorten gibt es Quarantänebereiche und regelmäßige Arzt-Sprechstunden. Verdachtsfälle auf eine Corona-Infektion werden bis zur Abklärung isoliert untergebracht und eventuell in separate Quarantäne-Standorte verlegt.
Die Kosten des Programms werden in diesem Jahr laut Sozialbehörde erheblich steigen. Anders als in den vergangenen Jahren waren die Unterkünfte des Winternotprogramms im Frühjahr nicht geschlossen worden. Die Menschen, die dort unterkommen, müssen aber auch weiterhin die Unterkünfte morgens verlassen und dürfen erst um 17 Uhr wieder kommen. Die Forderung der Linksfraktion, die Schlafstätten ganztägig offen zu halten, wurde erneut abgelehnt.
Die CDU-Fraktion kritisierte das Konzept als unzureichend. "Separate Quarantäne-Standorte für infizierte Personen werden zwar in Erwägung gezogen, scheinen aber auch noch nicht zu existieren", sagte Andreas Grutzeck. Dabei sei bekannt, wie schnell sich Corona in Gemeinschaftsunterkünften ausbreiten könne. Mehrere Fälle in Flüchtlingsunterkünften müssten Beleg genug sein. "Trotzdem legt der Senat nun dieses Stückwerk vor, das auf das Prinzip Hoffnung setzt. Doch nur zu hoffen, dass das Winternotprogramm nicht zum Treiber der Pandemie wird, ist unseriös", sagte Grutzeck.
Der Sprecher der Sozialbehörde, Martin Helfrich, wies darauf hin, dass die Behörde in Langenhorn und Schnelsen Plätze für bis zu 180 Menschen eingerichtet hat, die aufgrund einer Covid-19-Erkrankung Quarantäne einhalten müssen, aber dies nicht in eigenem Wohnraum tun können. "Es ist eine Herausforderung für alle Beteiligten, wenn in Unterkünften Corona-Fälle entstehen", sagte Helfrich. "Die Stadt Hamburg hat dafür bereits vor über zwei Monaten Vorsorge getroffen und zwei Quarantänestandorte eingerichtet."