Hamburg. Hamburger Experten und Organisationen üben Kritik an Wärmeversorgung durch afrikanische Biomasse. Umweltbehörde bittet um Geduld.
Wild wucherndes Gestrüpp, das laut Hamburger Umweltbehörde im südlichen Afrika für Probleme sorgt, könnte in Zukunft Hamburger Wohnungen wärmen. Wie die Umweltbehörde bereits im Mai mitteilte, prüfe ein Bündnis aus Wissenschaft und Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, ob Buschholz aus Namibia ökonomisch und ökologisch sinnvoll als Biomasse in Hamburger Kraftwerken verheizt werden kann. Nun regt sich dagegen jedoch breiter Protest.
Protest gegen Verwendung von Buschholz aus Namibia
Mehrere Hamburger Organisationen sprechen sich in einer gemeinsamen Stellungnahme gegen den Ersatz von Steinkohle durch Buschholz aus Namibia in Hamburger Kraftwerken aus.
Entgegen der Angaben des Hamburger Umweltrats Michael Pollmann im Mai, dass "die Verbuschung großer Flächen in Namibia ein ernstes Problem für die Natur und für die Menschen, für die Artenvielfalt und für die Landwirtschaft" sei, sehen Experten und Vertreter etwa vom Hamburger Energietisch, der Universität Hamburg sowie der Universität Kassel dem Import als "nicht klimaverträglich" an.
Projekt sei "nicht klimaverträglich" und "nicht sozial gerecht"
"Das liegt nicht nur am langen Transportweg, sondern vor allem an den Veränderungen der Landnutzung in Namibia", heißt es in dem öffentlichen Schreiben. Das geplante Projekt sei außerdem nicht sozial gerecht, da im Zuge der Industrialisierung der Buschholzernte in Namibia zwar einige neue Arbeitsplätze geschaffen, aber auch viele Arbeitsplätze und Unternehmen zerstört würden.
"Konzerne im globalen Norden würden dagegen von diesem Projekt profitieren, indem sie Maschinen und Transportfahrzeuge verkaufen und sich mit Rohstoffen versorgen könnten", heißt es weiter. Damit würde laut den Unterzeichnern des Protestbriefes der größte Teil der Wertschöpfungskette außerhalb Namibias stattfinden.
Außerdem befinde sich Namibia nach Angaben der Organisation Earthlife Namibia in einer Energiekrise und importiere bis zu 60 Prozent schmutzigen Kohlestrom aus Nachbarländern, um den lokalen Energiebedarf zu decken. "Statt Biomasse zu exportieren, sollte Namibia sie im eigenen Land zur Stromproduktion nutzen", sagt Bertchen Kohrs, Vorstand der Organisation.
Ergebnisse der Auswertung erst Mitte 2021 erwartet
Die Umweltbehörde teilte dem Abendblatt auf Nachfrage mit, dass die Ergebnisse der Auswertung frühestens im Sommer 2021 erwartet und anschließend präsentiert werden. "Wir würden uns freuen, wenn sich alle an dem Thema Interessierten bis dahin in Geduld üben", so Björn Marzahn, Sprecher der Behörde.
Die Unterzeichner befürchten jedoch, dass entsprechend dem für das Projekt unterzeichneten Memorandum eine öffentliche Diskussion zum Thema erst dann zu erwarten ist, wenn sie nicht mehr ergebnisoffen sei. "Mit dem von ihnen verfolgten Projekt führen die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH und die Hamburger Umweltbehörde Hamburgs Wärmeversorgung auf den Holzweg", heißt es in dem Protestschreiben.
Biomasse aus Nambia könnte bei Kohleausstieg helfen
Das sogenannte Memorandum of Understanding wurde in diesem Jahr auf Hamburger Seite neben der Behörde auch von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften und der Hamburg Wärme GmbH unterzeichnet. "Energie aus namibischer Biomasse könnte uns helfen, bei der Fernwärme-Versorgung schneller aus der Kohle auszusteigen", sagte Umweltrat Pollmann in dem Zuge.
"Die Bedingung dafür ist, dass über die gesamte Lieferkette die soziale und ökologische Bilanz stimmt", so Pollmann. Ein Großteil der Wertschöpfung solle in Namibia stattfinden, damit "so viele Menschen wie möglich vor Ort davon profitieren".
Unterzeichner lehnen Projekt "entschieden" ab
Das sehen die Unterzeichner des Protestbriefes zu denen auch Vertreter der Umweltgemeinschaft Robin Wood sowie die Arbeitsgemeinschaft Regenwald und Artenschutz gehören jedoch als nicht realistisch und im Widerspruch zum Hamburger Netze-Volksentscheid an.
Sie lehnen das Projekt daher "entschieden" ab und werden sich einer Umsetzung entgegenstellen, heißt es in dem Schreiben abschließend.