Hamburg. Protest in Wilhelmsburg soll auf Situation von Obdachlosen aufmerksam machen. Probleme bei Wohnungssuche und Notunterkünften.

Mit einer Protestaktion hat das Aktionsbündnis gegen Wohnungsnot am Dienstagmorgen auf die Situation der Obdachlosen aufmerksam gemacht. Auf dem Stübenplatz in Wilhelmsburg bauten die Protestler ein Haus aus Dutzenden Kartons, auf denen Obdachlose ihre Wünsche und Hoffnungen aufgemalt hatten. In dem Aktionsbündnis beteiligen sich diverse soziale Einrichtungen und Verbände. „Gerade für Wohnungslose und Obdachlose ist es sehr schwierig, auf dem knappen Hamburger Wohnungsmarkt bezahlbaren Wohnraum zu finden“, sagte Frauke Meyn, Leiterin der Protestaktion.

Sie arbeitet als Sozialpädagogin bei der Beratungsstelle für Obdachlose in Barmbek. Am meisten bewegt habe sie ein Karton, auf dem eine Wohnungslose ihren Weg in die Obdachlosigkeit und ihren Kampf aus der Krise mithilfe der Sozialarbeiter aufgemalt hatte. So jemand habe schlechte Aussichten, wieder eine Wohnung zu finden, sagte sie. „Wenn sie mit 100 Leuten bei einer Wohnungsbesichtigung ansteht, hat sie keine Chance. Selbst, wenn sie mit einem Dringlichkeitsschein eine Wohnung sucht.“

„Wenn Menschen die Unterkünfte meiden, wird es im schlimmsten Fall mehr Todesfälle geben.“

Nicht nur bei der Suche nach Wohnungen gebe es Probleme, sondern auch bei den Notunterkünften. Dort habe die Pandemie die Situation noch verschlimmert, betonte Sören Kindt, der als Sozialarbeiter bei der Krankenstube der Caritas arbeitet. „Wir haben das Pro­blem, dass Einrichtungen nicht so vielen Menschen einen Aufenthalt bieten können.“

Deswegen seien die Einrichtungen überbelegt. Andererseits hätten auch viele Angst, sich mit dem Coronavirus zu infizieren. „In den Notunterkünften schlafen teilweise vier oder fünf Menschen in einem Raum. Es gibt dort keinen Schutz vor Infektionen“, kritisierte Frauke Meyn. Sören Kindt warnt: „Wenn Menschen die Unterkünfte meiden, wird es im schlimmsten Fall mehr Todesfälle geben.“

Das Aktionsbündnis fordert von der Stadt, kurzfristig mehr Übernachtungs- und Aufenthaltsstätten einzurichten. Es seien mehr Einzelzimmer nötig, um den Wohnungslosen Infektionsschutz zu bieten. Die Stadt tue aber derzeit zu wenig, um die Situation zu verbessern, sagte Frauke Meyn. Besonders im Hinblick auf den Winter mache sie sich Sorgen. „Im Moment ist die Stadt nicht vorbereitet.“ Das Winternotprogramm, das Obdachlosen Unterkünfte anbietet, reiche nicht aus. Auch Sören Kindt beobachtet, dass die Stadt nicht vorbereitet ist: „Man hätte über den Sommer dezentrale Schlaf- und Aufenthaltsmöglichkeiten schaffen müssen“, sagte er.