Hamburg. SanaGroup: „Es geht darum, dass eine Kreuzfahrt, ein Flug oder eine Veranstaltung sicher stattfinden kann.“
Corona-positiv oder nicht? Die Antwort auf diese Frage entscheidet über Wohl und Wehe in der Wirtschaft, an der Schule, im Urlaub. Und immer wichtiger dabei wird das Tempo: Wie schnell weiß man, ob sich jemand mit dem Sars-CoV-2-Virus angesteckt hat und andere infizieren könnte?
Unter den wenigen Firmen weltweit, die ab sofort verlässliche Schnelltests anbieten können, ist auch ein bislang nicht öffentlich in Erscheinung getretenes Hamburger Unternehmen. Die sanaGroup mit Sitz an den Elbbrücken (260 in Hamburg, 440 Mitarbeiter weltweit) hat einen Antigen-Schnelltest über die eigene Firma MEDsan GmbH entwickelt, der in 15 Minuten ein Ergebnis bringt. Er muss als Mund-Nasen-Abstrich (Nasopharyngeal-Abstrich) gemacht werden. Der Touristikkonzern TUI bereitet sich gerade darauf vor, diesen Schnelltest einzusetzen.
SanaGroup-Vorstandschef Thomas Wüstefeld sagte dem Abendblatt: „Uns geht es darum, ein schnelles Ergebnis zu liefern, damit eine Kreuzfahrt oder ein Flug oder eine Veranstaltung sicher stattfinden kann.“ Getestet werden sollen Menschen, die keine Symptome haben wie Husten oder Fieber.
Corona-Schnelltests bald auch mit Speichel?
Die sanaGroup arbeitet bereits an Tests mit Speichel, um den Schnelltest noch leichter zu machen. Wüstefeld sagte: „Wir lassen unsere Tests von unabhängigen Laboren gegenchecken und arbeiten mit dem Bernhard-Nocht-Institut zusammen.“ Außerdem hat der 1978 gegründete Familienbetrieb Kooperationspartner in Israel, der Türkei, USA und China.
Der Hamburger Vorsitzende der Vertreterversammlung, der Kassenärzte, Dr. Dirk Heinrich, sagte: „Diese Schnelltests sind die Zukunft.“ Allerdings müsse der Abstrich sehr ordentlich gemacht werden. „Sonst wiegt man sich in falscher Sicherheit.“
Flughafen-Test: Zu langes Warten auf das Ergebnis
Wer am Flughafen landet und sich auf das Coronavirus testen lässt, erfährt zumeist nach zwölf bis 72 Stunden sein Ergebnis. Die sogenannten PCR-Tests liefern nach etwa elf Arbeitsschritten in vier bis acht Stunden ein Resultat, meist dauert es noch länger. Diese Zeit kann entscheidend sein dafür, ob ein Infizierter noch weitere Menschen ansteckt oder ob er und mit ihm womöglich Hunderte andere nicht arbeiten oder feiern können – Stichwort Quarantäne.
Coronavirus: Hamburg und weltweit – interaktive Karte
Die neuen Schnelltests sollen jetzt dabei helfen, trotz anhaltender Corona-Pandemie mehr Sicherheit im Alltag zu geben. Die Zeit von Test bis Ergebnis lässt sich jetzt mit Schnelltests verkürzen, die unter anderem die Hamburger Firma sanaGroup entwickeln ließ. Ihr Vorstandschef Thomas Wüstefeld sagte dem Abendblatt: „Ziel ist es, auf unter eine Stunde zu kommen – ohne Labortransport und Logistik.“
Schnelltest bald vor jeder Kreuzfahrt?
Das scheint gelungen mit dem 15-Minuten-Testkit. Der Mund-Nasen-Abstrich kommt als Probe in eine Lösung, diese auf eine kleine Schnelltest-Kassette, und anhand der Linien kann man positive und negative Ergebnisse sehen.
Die Sensitivität dieser neuen Art von Schnelltests liege bei 96 Prozent, bestätigte Dr. Dirk Heinrich, der Vorsitzende der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg. Er sagt, es werde immer noch eine Zeit dauern, bis man beispielsweise 6000 Passagiere eines Kreuzfahrtschiffes vor dem Ablegen getestet habe. Aber die Schnelltests seien „die Zukunft“.
Die Kosten könnten bei vielleicht zehn Euro pro Test liegen, dazu müsse man aber noch die Personalkosten für die richtigen Abstriche rechnen sowie die Logistik des Testens. Experten kalkulieren 30 bis 50 Euro pro Test.
sanaGroup: Test auf Corona und Grippeviren in einem
Der Vorstandschef von sanaGroup schwieg sich über seine Verkaufspreise aus, sagte aber: „Man kann immer günstige Produkte anbieten, aber man muss dabei auch die Qualität und die Reproduzierbarkeit berücksichtigen. Und das geht eben nicht für jeden x-beliebigen Preis. Unsere Preise sind daher auch auf ein optimales Preis-Qualitäts-Niveau abgestimmt“, so Thomas Wüstefeld. Seine Firma, 1978 gegründet und in Familienbesitz, hat außerdem einen Test entwickelt, der es ermöglicht, gleichzeitig auf das Coronavirus und auf die Grippeviren Influenza A und B zu testen.
Das ist in der nahenden Grippesaison enorm wichtig. Wüstefeld sagte auch: „Wir wissen bei Covid-19 noch nicht, wohin eine Erkrankung noch führen kann. Sie kann zu nachgelagerten Folgen zum Beispiel am Herzen führen oder für eine Diabetes mitverantwortlich sein. Auch das macht das Testen auf das Sars-CoV-2-Virus so komplex und wichtig.“
Hamburg: Sieben-Tage-Inzidenz steigt
Schnelle Tests könnten auch angesichts der steigenden Infektionszahlen bald von großer Bedeutung sein, um die Pandemie unter Kontrolle zu halten. In Hamburg meldete die Sozialbehörde am Donnerstag 62 neue Fälle. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg mit 23,5 Infektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche auf den höchsten Wert seit April. Mitte Juli hatte sie länger sogar unter eins gelegen. Ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 50 muss über neuerliche Einschränkungen des öffentlichen Lebens beraten werden. Schon ab 35 können Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern in Hamburg nicht mehr genehmigt werden.
Laut Sozialbehörde spielten Reiserückkehrer beim Anstieg zuletzt fast keine Rolle mehr. Vielmehr gebe es Infektionen verstreut über ganz Hamburg. Allein auf die Ausweitungen der Tests lässt sich der Anstieg nicht zurückführen – denn auch die Rate der positiven Testergebnisse ist zuletzt deutlich gestiegen.
Mehr Tests, mehr positive Ergebnisse
Gab es in der vorletzten Juli-Woche (KW 30) laut Sozialbehörde noch durchschnittlich 5973 Tests pro Tag, von denen 0,5 Prozent positiv waren, so stieg die Zahl der Tests in der vergangenen Woche (KW 38) auf durchschnittlich 11.583 pro Tag. Noch stärker als die Anzahl der Tests nahm aber im gleichen Zeitraum der Anteil der positiven Resultate zu: Er stieg auf 1,1 Prozent, lag also Mitte September mehr als doppelt so hoch wie Mitte Juli. Da viele Menschen mehrfach und auch Nicht-Hamburger in der Hansestadt getestet werden, entspricht die Zahl der Tests nicht genau der Zahl der getesteten Hamburger.
In der Sozialbehörde beobachtet man die Entwicklung mit Sorge. Man stelle bereits Überlegungen zu neuen Einschränkungen an, sollte der Grenzwert bei der Sieben-Tage-Inzidenz erreicht werden, hieß es. Dabei werde man aber anders als zu Beginn der Pandemie nicht mehr mit globalen Maßnahmen reagieren, sondern sehr genau hinschauen, auf welche Quellen die Anstiege zurückgingen, hieß es.
„Bei den aktuellen Infektionszahlen gilt: Vorsicht an der Bahnsteigkante“, sagte Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) dem Abendblatt am Donnerstag. „Einige Infektionsgeschehen der vergangenen Tage zeigen, dass sich nicht immer alle an die Regeln gehalten haben. Das muss vor dem einsetzenden Herbst aufhören, wenn wir nicht weiter steigenden Infektionen und dann auch wieder stärkeren Einschränkungen entgegensehen wollen.“