Hamburg. Hamburger Architektenbüro: Die Pylonen des Wahrzeichens im Hafen könnten Gebäudeteile tragen und so erhalten werden.
Die Köhlbrandbrücke ist seit ihrer Eröffnung im September 1974 ein Wahrzeichen der Stadt – majestätisch erhebt sich der Bau von Paul Boué und Egon Jux über den Hamburger Hafen. Aber es ist ein Wahrzeichen mit Restlaufzeit: Ab voraussichtlich 2030 soll es zurückgebaut werden, dann wird vermutlich eine Tunnelquerung die Brücke ersetzen. Für den Hafen eine wichtige Investition – fällt die Brücke weg, könnten auch die Containerschiffe der neuesten Generation den Containerhafen Altenwerder problemlos anlaufen.
Aber was passiert mit den spektakulären Pfeilern, die das Stadtbild seit bald 50 Jahren prägen? Der Koalitionsvertrag sieht eine Prüfung vor, ob die Pylonen der denkmalgeschützten Brücke erhalten werden können. Kürzlich schlug der Denkmalverein sogar vor, die Brücke in Gänze „als wichtiges und einzigartiges Ingenieurbauwerk der 1970er-Jahre stehen zu lassen“. Allerdings ignoriert diese Idee das Grundproblem – die Brücke stünde den Schiffen auch weiterhin im Weg. Mit solchen Ideen erreiche man nur die „Verzwergung Hamburgs zum Museumsdorf“, empörte man sich im Hafen.
Hamburger Architekten wollen Pylonen der Köhlbrandbrücke erhalten
Das innovative Hamburger Büro Reimer Breuer Architekten denkt die Zukunft der Köhlbrandbrücke nun weiter: „Unser Ansatzpunkt ist, die bestehenden 135 Meter hohen Pylonen nicht nur zu erhalten, sondern ihnen eine neue Nutzung zuzuführen“, sagt Timo Reimer. „Anstelle der Fahrbahnen können die Pylonen Plattformen und Gebäudeteile tragen, die unter anderem an Stahlseilen abgehängt werden.“ Dort könnten spannende Nutzflächen entstehen für die hafenaffinen Firmen oder touristischen Attraktionen.
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Ihr architektonischer Entwurf orientiert sich eng an der derzeitigen Form der Brücke: „Die abgehängte Seilkonstruktion nimmt die alten Fixpunkte der Pylonen auf“, verspricht Sven Breuer. Die Geschosse verjüngen sich nach oben und folgen in ihrer Kubatur den abgespannten Seilen.
Wohnen auf der Köhlbrandbrücke – mehr als nur ein Luftschloss
Was auf den ersten Blick wie ein Luftschloss anmutet, haben die Kreativen durch Ingenieurwissen absichern lassen. „Die befreundeten Fachleute von panta ingenieure sitzen ebenfalls im Bugenhagenhaus im Kontorhausviertel“, sagt Reimer. Die Ingenieure kennen sich mit Brücken und Hochbauten aus. Die Probleme des jetzigen Brückenbauwerks, unter anderem die Materialermüdung durch die starke Verkehrsbelastung, seien in diesem Fall kein Problem. „Die zukünftige Beanspruchung der Pylonen und Pfeiler ist geringer als durch die jetzige Brücke mit sehr viel Schwerlastverkehr. Dadurch ist ein langfristiger Erhalt als Wahrzeichen der Stadt möglich.“
Die Konstruktion mag teurer sein als ein herkömmlicher Bau, gesteht der Architekt ein. „Aber dafür würde es auch alles andere als herkömmlich sein.“ Das niedrigste Geschoss sehen die Architekten in 40 Metern Höhe, das oberste Stockwerke in einer Höhe von 80 Metern.
Pylonen der Köhlbrandbrücke mit einer Seilbahn verbinden
Reimer geht noch weiter: Eine Seilbahn zwischen den Pylonen hält er für eine eindrucksvolle Querungsmöglichkeit für Fußgänger und Fahrradfahrer. „Das hilft, die typische Silhouette der Köhlbrandbrücke zu bewahren.“ Die Seilbahn sei mit der Fähre gut erreichbar und würde das einzigartige Panorama auf die Stadt für jedermann erlebbar machen.
„In 80 Metern Höhe kann der Besucher übers Wasser schweben und mit etwas Glück ein großes Containerschiff unter sich hindurchfahren sehen“, sagt Breuer. So könnte das atemberaubende Panorama über den pulsierenden Hafen in die Stadt hinein erhalten bleiben.
"Brücken und Hamburg sind ein spezielles Thema"
In dieser Höhe gibt es auch keine Kollision mit den Hafeninteressen. Auch den Denkmalschutz wollen die Architekten in ihrem Vorschlag berücksichtigen. „Hamburg hat die Möglichkeit durch die Revitalisierung dieser städtebaulichen Sanierungsmaßnahme, die historische Bausubstanz so umzugestalten.“ Der Bau könnte eine zeitgemäße Nutzung erfahren. „Denkmalpflegerische Gesichtspunkte sind dabei von entscheidender Bedeutung und müssen berücksichtigt werden.“
Der Erhalt lediglich der Brückenpfeiler, wie im Koalitionsvertrag angedacht, lehnen die Architekten ab: Sie stünden dann leer in der Landschaft. „Die Pylonen ohne Funktion sähen aus wie ein Kriegerdenkmal – eine bloße Erinnerung“, warnt der Architekt. Ihre Idee würden Reimer und Breuer gern als Debattenbeitrag verstanden wissen. „Wir müssen etwas Kluges mit diesem Bau machen. Brücken und Hamburg sind ein spezielles Thema.“