Hamburg. Erklärung der Grünen zur Aufnahme von Geflüchteten hatte für Empörung bei der SPD gesorgt. So verlief der kleine Krisengipfel.
„Man hat sich getroffen, wir haben gesprochen, und heute regieren wir weiter.“ Freundlich, aber doch etwas schmallippig fiel die Antwort der SPD-Landesvorsitzenden und Sozialsenatorin Melanie Leonhard in der Landespressekonferenz auf die Frage aus, was bei der außerordentlichen Sitzung des rot-grünen Koalitionsausschusses am Montagabend herausgekommen sei.
Es war Leonhard, die auf die Einberufung des kleinen Krisengipfels gedrängt hatte – in dieser Form erstmalig seit dem Start der Neuauflage des rot-grünen Bündnisses vor gut 100 Tagen. Gut eine Stunde saßen Bürgermeister Peter Tschentscher, Leonhard, SPD-Bürgerschaftsfraktionschef Dirk Kienscherf, die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank, Parteichefin Anna Gallina und die Fraktionschefs Jenny Jasberg und Dominik Lorenzen (alle Grüne) zusammen. Nach Informationen des Abendblatts ist der große Knall ausgeblieben, aber deutlich wurde, dass es im neuen rot-grünen Bündnis noch kräftig hakt.
Pikant ist das Datum der Mitteilung
Für Empörung auf SPD-Seite hatte vor allem eine Pressemitteilung mehrerer grüner Kreisverbände, des Landesverbandes und der Grünen Jugend gesorgt. Der Tenor: Der rot-grüne Senat solle im Bundesrat dem Vorschlag von Thüringen und Berlin zustimmen, der vorsieht, dass die Länder Geflüchtete aus den griechischen Lagern und aus Seenot gerettete Menschen ohne die bislang erforderliche Zustimmung des Bundesinnenministers aufnehmen können.
Pikant ist das Datum der Pressemitteilung: 16. September, also Mittwoch vergangener Woche. Einen Tag zuvor, am Dienstag, hatte der rot-grüne Senat bereits beschlossen, sich in der für Freitag vorgesehenen Abstimmung zu diesem Punkt im Bundesrat zu enthalten. Der Grund ist einfach: Die Grünen-Senatoren waren für Zustimmung, die SPD-Senatoren dagegen. Laut Koalitionsvertrag folgt für diesen Fall die Enthaltung Hamburgs in der Länderkammer.
Dass die Grünen nun kurz vor der Entscheidung im Bundesrat den politischen Druck auf den Koalitionspartner noch einmal erhöhten, obwohl sich der Senat in dem Punkt bereits festgelegt hatte, empfanden die Sozialdemokraten als ungehörig. Vor allem Leonhard war auf Zinne und soll den Grünen vorgeworfen haben, sie müssten sich entscheiden, ob sie Regierung oder Opposition sein wollten.
Anna Gallina unterstützte den Appell
Doppelt pikant ist der Vorgang für Justizsenatorin Anna Gallina. Sie hatte als Senatsmitglied die Entscheidung des Senats mitgetragen und unterstützte zugleich als Landesvorsitzende den Appell vom Mittwoch und wendete sich damit gegen die Senatsfestlegung.
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Nach Abendblatt-Informationen machte Leonhard in der Sitzung des Koalitionsausschusses deutlich, dass sich so nicht gut regieren ließe. Es soll im Vorfeld Versuche von grünen Senatsmitgliedern gegeben haben, die Veröffentlichung der Pressemitteilung der Parteifreunde zu verhindern. Andererseits pochten die Grünen darauf, dass sich ihr Wahlergebnis von 24 Prozent auch im alltäglichen Senatshandeln widerspiegeln müsse. „Aber nicht so“, soll Leonhard erwidert haben. Die Grünen verwiesen darauf, dass andere SPD-Landesverbände und die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken für die Initiative seien. Schließlich machte die grüne Seite deutlich, dass sich die innerparteilichen Gewichte mit der neuen, doppelt so großen Bürgerschaftsfraktion verändert hätten.