Hamburg. Seine frühere Buchhalterin und sein Steuerbüro bestätigen Angaben des Komikers. Um wie viel Geld es dabei geht.

Fast 50 Jahre lang waren sie wie Brüder. „Ich habe zwei Ehen gehabt, und die haben nur halb so lang gedauert“, sagt Otto Waalkes über seine Freundschaft zu Hans Otto Mertens. Gemeinsam lebten sie von 1972 an mit anderen Ausnahme-Künstlern wie Udo Lindenberg und Marius Müller-Westernhagen in der „Villa Kunterbunt“, dem einstigen Epizentrum der Hamburger Kreativ-Szene. Otto avancierte schon zu Lebzeiten zur Legende. Er machte den Ostfriesenwitz populär und erfand die Ottifanten. Mertens, der Strippenzieher, beförderte Otto zum Blödelbarden der Nation. Doch um die Männerfreundschaft ist es schlecht bestellt – vor Gericht liegen die beiden gerade schwer im Clinch.

Mertens gegen Waalkes: Die ehemaligen Freunde streiten sich um Geld

Allerdings Mertens nicht persönlich, er ist gesundheitlich zu angeschlagen. Die Klage gegen Otto angestrengt hat für ihn seine Ehefrau und Betreuerin Gloria, eine zweifelsohne sehr elegante Dame, die zum zweiten Prozesstermin am Montag ganz in Weiß im Landgericht erscheint. Mertens fordert von dem Komiker in einer (ersten) Teilklage rund 53.000 Euro Vergütung, die Otto dem Manager als Provision für die Herbsttour 2016 schuldig geblieben sein soll. Diese beschränkte Klage hat den Vorteil, dass ein Kläger erst einmal schauen kann, wie sich der Rechtsstreit für ihn entwickelt, ohne im Fall einer Niederlage die an einen höheren Streitwert geknüpften enormen gerichtlichen Fixkosten tragen zu müssen. Insgesamt beläuft sich die Forderung aber auf rund 176.000 Euro.

Es geht also ums liebe Geld. Jahrelang kassierte Mertens 15 Prozent der Tournee- und Gala-Einnahmen des Komikers, so war es lange Zeit festgelegt. Im September 2016 jedoch, so erzählt es der beklagte Komiker vor Gericht, habe er sich mit seinem Manager auf eine Absenkung des Touranteils auf zehn Prozent geeinigt – was die Klägerseite wiederum in Abrede stellt. Die von Mertens geforderte Summe entspricht denn auch der Differenz zwischen einer zehn- und einer 15-prozentigen Tour-Beteiligung.

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Um zu sparen, setzte Otto bei Mertens den Rotstift an

Otto sitzt im grauen Sakko vor dem Richter, die Lippen umspielt von einem kaum wahrnehmbaren Lächeln. Als er die Schirmmütze ablegt, kommen die stilprägenden blonden Zotteln zum Vorschein. Auf die Frage, ob eine Einigung zwischen den Parteien noch möglich sei, schüttelt er den Kopf. Wie dann zu hören ist, hatte sein Anwalt Albrecht Hahne die Klage in einem Schriftsatz bereits als „schreiendes Unrecht“ gebrandmarkt. Mehr Dissens geht nicht.

Wenn der 72-Jährige spricht, dann hört man den Otto-Sound – die Stimme leise, aber doch unverwechselbar. So erzählt er, wie es zur Einigung mit Mertens gekommen ist. Wie ihn seine Buchhalterin im Sommer 2015 darauf hingewiesen habe, dass es nicht allzu gut stehe um seine Finanzen. Dass er fortan besser haushalten müsse. Der Komiker hatte offenbar in erheblichem Maße mit den finanziellen Folgen der Scheidung von seiner Ehefrau Eva Hassmann zu kämpfen; hinzu seien „weitere hohe Belastungen“ gekommen. Obgleich seine Plattenfirma steigende Umsätze verzeichnete und die Tournee-Einkünfte 2016 auf 880.000 Euro kletterten, hätten die Belastungen zu einer Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse geführt, sagt Hahne. Um zu sparen, setzte Otto den Rotstift an – bei Mertens. Dessen Tour-Anteile habe er stets von seinem Privatkonto bezahlt, sagt Otto.

Otto sagt, Mertens habe eingelenkt

Um seine Ausgaben zu verringern, aber auch weil sein Manager nicht mehr den „gewohnten Einsatz“ gezeigt habe wie in früheren Tagen, habe er Mertens im September 2016 auf die Reduzierung des Tour-Anteils angesprochen. Ungehalten habe der Manager zunächst reagiert und mit dem Abbruch der bevorstehenden Herbsttournee gedroht. Wenige Tage später habe er sich mit ihm im Büro getroffen – und da habe Mertens eingelenkt. „Gut, dann machen wir das“, habe er gesagt.

Seiner Buchhalterin habe er dies beim Hinausgehen mitgeteilt und sie gebeten, auch das Steuerbüro über die Vereinbarung zu unterrichten, sagt Otto. Die Mitarbeiterin, inzwischen Chefin seines Watt-Musikverlags und 2016 zunehmend in die Organisation seiner Tourneen eingebunden, bestätigt diesen Ablauf im Zeugenstand.  Mertens sei nach dem Gespräch zu ihr gekommen. „Mein Salär beträgt jetzt nur noch zehn Prozent“, habe er ihr gesagt. An diese Wortwahl erinnere sie sich sehr gut. Am Tag darauf habe er bei einem Auftritt in Berlin das Thema in Ottos Künstlergarderobe erneut angeschnitten. Ob die zehn Prozent ab sofort gelten sollten?, habe er gefragt. Otto habe erwidert: „Nein, erst vom nächsten Auftritt an.“ Ganz ähnlich schildert auch der Humorist diese Szene.

Ein Urteil wird am 30. November erwartet

Die ebenfalls als Zeugin geladene Angestellte des Steuerbüros berichtet von einem Telefongespräch zwischen ihr und Mertens nach der Einigung. „Er hat es akzeptiert, und so sind die Sachen dann abgerechnet worden“, sagt sie. Den Einwand der Klägerseite, Mertens sei schon im Jahr 2016 nicht mehr „geschäftsfähig“ gewesen, weist Otto zurück. „Er war ganz klar“, sagt der Komiker. Doch sei Mertens danach mehr und mehr in die Rolle eines „Frühstückdirektors“ gerutscht. „Er hat sehr viel rumgemeckert und schlechte Laune verbreitet“, sagt Otto. Ende 2017 folgte der endgültige Bruch. „Da habe ich ihn aufgefordert, nicht mehr zu kommen“, sagt Otto.

Nach der Verhandlung tritt er vor die Kameras. Jetzt schnell eine Worthülse. „Die Gerechtigkeit wird siegen“, antwortet er auf Fragen zum Rechtsstreit. Und so viel Pathos ist fast lustig. Ein Urteil wird am 30. November erwartet.