Hamburg. Neues aus der Klimaforschung: Wissenschaftler kann bestimmen, wie sich Sedimente auf den Sauerstoffgehalt des Wassers auswirken.

Im Hamburger Hafen schwimmen Fische manchmal stark atmend dicht unter der Wasseroberfläche. Dies ist ein Zeichen dafür, dass der Sauerstoff im Wasser knapp wird. Lebensbedrohlich wird es für die Tiere, wenn weniger als drei Milligramm Sauerstoff pro Liter vorhanden sind. Im Sommer 2014 wurde dieser Wert für mehrere Tage unterschritten. Die Zeitungen berichteten von einem Fischsterben, bei dem 100 Tonnen Fische verendet sein sollen.

Ein Grund dafür sind die hohen Temperaturen im Sommer, was durch den Klimawandel zusätzlich verstärkt werden kann: Je wärmer ein Wasserkörper ist, desto weniger Sauerstoff löst sich darin. Darüber hinaus bilden sich bei warmen Temperaturen verstärkt Algen in der Mittelelbe. Diese werden flussabwärts in die tiefere Tideelbe transportiert. Während Algen im flachen Wasser Sauerstoff produzieren, fehlt ihnen in der Tiefe dafür das Licht. Sie sterben ab und werden zersetzt. Dies entzieht dem Wasser besonders viel Sauerstoff.

Mikroorganismen verbrauchen bei der Zersetzung organischer Bestandteile Sauerstoff

Der Sauerstoffhaushalt gerät immer dann aus dem Gleichgewicht, wenn mehr Sauerstoff durch Atmung oder den Abbau organischer Substanz verbraucht wird, als durch Photosynthese oder durch die Luft eingetragen wird. Wie stark und zu welchen Anteilen hier Teilprozesse wirken, ist noch unklar. Weitgehend ungeklärt ist auch, welchen Einfluss die Sedimente am Grund des Flusses auf den Sauerstoffhaushalt haben. Am Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) untersuche ich, wie viel Sauerstoff die Sedimente verbrauchen und welche Faktoren den Sauerstoffverbrauch steuern.

Sedimente setzen sich aus mineralischen Bestandteilen und organischem Material wie zersetzten Pflanzen oder Algen zusammen. Der Sauerstoffverbrauch wird durch chemische und biologische Prozesse gesteuert.

Mikroorganismen, die sich im Sediment befinden, verbrauchen bei der Zersetzung organischer Bestandteile Sauerstoff oder reichern das Porenwasser mit Stoffen an, die Sauerstoff verbrauchen. Wirbeln Schiffe, Bagger oder die Strömung das Sediment auf, so werden chemische Verbindungen freigesetzt, die den Sauerstoffverbrauch sprunghaft ansteigen lassen.

Verschiedene Experimente mit frischem Sediment

Um dies genauer zu untersuchen, führte ich verschiedene Experimente mit frischem Sediment im Labor durch: Ich bestimmte den Sauerstoffverbrauch und die chemischen und physikalischen Eigenschaften der Hafensedimente und untersuchte, wie sich die Konzentration verschiedener Stoffe nach sieben Tagen entwickelte: Aus der veränderten Konzentration von Ammonium, Nitrit, Nitrat­, Sulfat, Eisen und Mangan im Wasser konnte ich ableiten, welchen Einfluss einzelne Prozesse auf den Sauerstoffverbrauch haben.

Zwei Jahre lang nahm ich monatlich Proben im Hansahafen. Meine Laborversuche zeigen, dass die Sedimente unter bestimmten Bedingungen im Sommer bis zu fünfmal mehr Sauerstoff verbrauchen als im Winter – vor allem in der Schicht bis in 20 Zentimeter Tiefe. Außerdem untersuchte ich die Sedimente von 21 verschiedenen Standorten zwischen Stover Strand im Osten und Wedel im Westen.

Prozesse besser verstehen

In der Fahrrinne im Hamburger Hafen verbrauchten die Sedimente am wenigsten Sauerstoff. Das liegt vor allem am hohen Sandanteil: An den Sandkörnern setzen sich kaum organische Bestandteile fest, die Sauerstoff verbrauchen können.

In meiner Arbeit konnte ich die Faktoren identifizieren, die den Sauerstoffverbrauch von Sedimenten steuern. Zudem konnte ich die beteiligten biochemischen Prozesse und deren Anteil am gesamten Sauerstoffverbrauch bestimmen. Mithilfe dieser Daten haben wir ein Prognosemodell entwickelt, das es uns ermöglicht, den Sauerstoffverbrauch von Sedimenten anhand eines Kennparameters zu modellieren. Dieser Ansatz hilft, zugrundeliegende Prozesse besser zu verstehen und bestehende Modelle zu verbessern.

Mathias Spieckermann verfasste seine Doktorarbeit am Institut für Bodenkunde der Universität Hamburg.