Hamburg. Betreiber Vattenfall beteiligt sich an einer Auktion zum Steinkohleausstieg. Warum für Moorburg deshalb schnell Schluss sein könnte.

Der Dauerstreit um das Hamburger Kohlekraftwerk Moorburg könnte schon bald ein Ende haben. Nach Abendblatt-Informationen hat der Betreiber Vattenfall die Beschäftigten des umstrittenen Kraftwerks darüber informiert, dass die Anlage womöglich schon Mitte des Jahres 2021 vom Netz genommen wird. Der Grund: Das Unternehmen hat an der ersten Auktion der Bundesregierung zum Steinkohleausstieg teilgenommen.

Das Prinzip: Die Bundesregierung bietet den Teilnehmern an der Auktion Entschädigungszahlungen an, wenn sie Kapazitäten vom Netz nehmen. Auf diesem Weg soll der CO2-Ausstoß bundesweit verringert werden. Zunächst werden nun die verschiedenen Angebote der Konzerne danach sortiert, wie hoch die CO2-Einsparung wäre, dann wird geschaut, welche Auswirkungen ein Abschalten der Kraftwerke auf die Stabilität des Stromnetzes insgesamt hat. Ursprünglich sollte Moorburg erst 2038 vom Netz gehen, der rot-grüne Hamburger Senat hatte aber bereits 2025 anvisiert.

Moorburg-Reaktion: "Kohle-Koloss vom Netz"

Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) sagte in einer ersten Reaktion: "Diese Nachricht kommt überraschend. Wenn Vattenfall bei der Auktion des Bundes tatsächlich für das Kraftwerk den Zuschlag bekommt, geht der Kohle-Koloss Moorburg viel früher als gedacht vom Netz. Dies wäre ein riesengroßer Schritt für den Klimaschutz in Hamburg und Norddeutschland." Kerstan glaubt: "Die angedachte Umrüstung auf Gas hätte sich damit erledigt. Der Standort Moorburg ist ideal, um dort innovative und klimafreundliche Energiepolitik zu betreiben. Die Produktion von grünem Wasserstoff, ein Elektrolyseur oder Hochtemperaturspeicher können unabhängig vom Kraftwerk dort vorangetrieben werden.“

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Nach Angaben aus dem Vattenfall-Intranet hat Manager Alexander van Ofwegen den Mitarbeitern die Auktion am Mittwoch erklärt. Er verstehe, so sagte er demnach intern, dass die Botschaft für die Mitarbeiter wirklich sehr hart sei. Er habe Respekt für die Arbeit in Moorburg in einem "Umfeld, das wirklich schwierig war und ist". Hier steht jedoch schon der Hinweis darauf, dass die Kapazitäten in Moorburg bereits Ende 2020 abgeschaltet werden könnten.

Greenpeace hat Zweifel am Erfolg bei Ausschreibung

Die Linken reklamierten das geplante Abschalten auch als ihren Erfolg. Stephan Jersch, umweltpolitischer Sprecher, sagte: "Der lange Widerstand gegen das Kraftwerk, auch gegen dessen Einbeziehung in die Wärmeversorgung der Stadt, haben sich gelohnt und werden sich für das Klima und die Menschen auszahlen." Hamburg müsse aber weitere Schritte beim Kohleausstieg gehen.

Für Greenpeace sagte Karsten Smid: "Der wirtschaftliche Verlust war absehbar und ist auch ein politischer Schaden, besonders für die Hamburger CDU, die den Klimakiller damals gegen jede ökologische Vernunft durchgesetzt hat." Aber es sei fraglich, ob Vattenfall bei den Ausschreibungen überhaupt zum Zuge komme. "Deshalb muss Hamburgs rot-grüne-Koalition sich weiter Gedanken dazu machen, wie dieser klimapolitische Schandfleck beseitigt werden kann.“

Für den BUND erklärte Landesgeschäftsführer Manfred Braasch, die Abschaltung sei "überfällig". "Vattenfall hat mit diesem Projekt bereits Milliardenverluste eingefahren, und auch der laufende Betrieb ist wirtschaftlich nicht darstellbar." Hamburgs Oberverwaltungsgericht habe erst am Dienstag geurteilt, dass die wasserrechtliche Erlaubnis aus dem Jahr 2010 gegen geltendes Recht verstoße und Moorburg "weiterhin nicht mit großen Mengen Elbwasser gekühlt werden darf".

Was das Kraftwerk Moorburg auszeichnet

Zum Hintergrund: Moorburg hat zwei Kraftwerksblöcke mit einer Leistung von je gut 800 Megawatt. Offizieller Betriebsstart war 2015. Moorburg gilt als eines der modernsten und effizientesten Kohlekraftwerke in Deutschland. Ob Moorburg bei der Auktion der Bundesnetzagentur den Zuschlag erhält, ist offen. Die Agentur muss nicht nur die Höhe der Entschädigung berücksichtigen. Hier würde derjenige Bewerber den Zuschlag erhalten, der die geringste Summe fordert. Wichtig ist auch der CO2-Ausstoß. Da hat Moorburg als modernes Kraftwerk eher bessere Werte je erzeugter Stromeinheit als ältere Mitbewerber.