Hamburg. Mit 350 E-Bikes startet ein Schweizer Start-up gemeinsam mit Free Now die Premiere in Hamburg. Das kostet ein Leih-E-Bike.
Der Überraschungseffekt kommt beim ersten Tritt in die Pedale. Beschleunigung in weniger als einer Sekunde. Wow, das geht wirklich ab. Erstmals können Hamburger auch Elektro-Fahrräder am Straßenrand ausleihen und dort wieder abstellen. Mit einer Flotte von 350 so genannten E-Bikes startet das Schweizer Start-up Bond Mobility gemeinsam mit dem Mobilitätsanbieter Free Now in der Hansestadt.
Die silbergrauen Räder sind sogenannte Pedelecs mit einer Spitzengeschwindigkeit von 45 Stundenkilometern. „Man ist damit etwa so schnell wie Autos in der Stadt“, sagt Bond-Geschäftsführer Raoul Stöckle. Und damit eine Alternative.
In Hamburg kann man Autos und Fahrräder, E-Scooter und E-Roller für eine Fahrt mieten und danach einfach irgendwo wieder abstellen. Jetzt kommt mit den E-Bikes ein weiteres Fortbewegungsmittel dazu. Pedelecs müssen auf der Straße fahren – Radwege und Radstreifen sind tabu. Wer mit einem Bond-Bike unterwegs ist, braucht deshalb einen Führerschein der Klasse M oder höher, der vor der ersten Buchung eingereicht und verifiziert werden muss.
Neue E-Bikes in Hamburg per App ausleihen
Serienmäßig sind die Elektroräder mit Rückspiegel, verstellbarer Sattelstütze und – statt einer Fahrradklingel – mit einem ziemlich lauten Horn ausgestattet. Der für Pedelecs vorgeschriebene Helm liegt in einem Korb auf dem Fahrradträger. Alle Räder haben ein amtliches Kennzeichen.
Buchungen sind über Apps von Bond oder – erstmals auch über die Mobiltitätsplattform – Free Now (dort aktuell nur mit Führerscheinklasse B) möglich. Der Preis beträgt 49 Cent pro Kilometer. Dazu kommt eine Freischaltgebühr von einem Euro pro Fahrt, die in der Startphase entfällt. Die Fahrräder sind ab Buchungsstart versichert. Das Paket umfasst eine Haftpflicht, analog der regulären Kfz-Haftpflicht, und eine Vollkasko ohne Selbstbeteiligung.
Zur Premiere hatten die Kooperationspartner in die neue Firmenzentrale von Free Now in Neumühlen geladen. Ein gutes Dutzend der Bond-Bikes war dort geparkt, die noch im Laufe des Mittwochs in Hamburg verteilt wurden. „Wir haben die Vision, einen positiven Einfluss auf die Entwicklung von Städten zu haben, indem wir mehr Möglichkeiten der urbanen Mobilität schaffen“, sagte Bond-Mitgründer Stöckle.
E-Bikes mit extra-großen Akkus fahren bis zu 80 Kilometer weit
Das Unternehmen, laut Selbstdarstellung der weltweit erste, stationslose E-Bike-Sharing-Anbieter, war 2016 in Zürich gegründet worden. Inzwischen ist Bond in mehreren europäischen Städten aktiv. In Deutschland wird der Service bislang nur in München angeboten. Dort sind seit Juni 250 Räder im Einsatz. Die ersten Erfahrungen seien positiv, so Stöckle.
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Die Elektro-Fahrräder sind eine Eigenentwicklung, die besonders robust und auch schwer ist. Die dicken Reifen erinnern an Mountainbikes. Der extra-große Akku ist anders als bei normalen E-Bikes festverschraubt. Die maximale Reichweite beträgt 80 Kilometer. „Wenn die Ladekapazität zu Ende geht, merkt man das beim Fahren“, erklärte der Bond-Chef. Dann werde das Treten nach und nach schwerer. Im Schnitt sollen die Räder beim Ausleihen einen Radius von 50 Kilometer haben.
Sie sind mit einem GPS-Tracker ausgestattet, um Diebstählen vorzubeugen. Einzugsgebiet ist der erweiterte Innenstadtbereich Hamburgs – vom Jenisch-Park im Westen bis Dulsberg und Horn im Osten. Der Flughafen ist nicht eingeschlossen, ebenso sind die Gebiete südlich der Elbe außen vor. Es werde aber geprüft, den Bereich auszudehnen, versprach Bond-Chef Stöckle. Für das Aufladen sind in Hamburg eigene Mitarbeiter zuständig, zudem arbeitet der E-Bike-Verleiher mit einer Partnerfirma zusammen.
Bond will weiter expandieren
Über die Kooperation mit Free Now will Bond die Expansion weiter vorantreiben. Das Unternehmen, das aus dem Taxidienst MyTaxi hervorgegangen ist, ist eine Gemeinschaftsfirma der Autobauer Daimler und BMW und hat sich in den vergangenen Jahren zu einer Vermittlungsplattform für Mobilitätsangebote gewandelt. „Wer will schon zehn verschiedene Apps auf dem Handy, um das geeignete Verkehrsmittel zu finden, wenn es auch mit einer geht“, erklärt Silvia Fischer, die für strategische Partnerschaften zuständig ist, das Prinzip. „Die gemeinsame Initiative mit Bond ist für uns ein weiterer Meilenstein als Multiservice-Anbieter.“
Bislang können über die Plattform Taxis, Mietwagen und E-Scooter gebucht werden. Neben den eigenen Marken, wie dem Mietwagen-Dienst Ride oder dem E-Scooter Hive, sind inzwischen auch Angebote von Fremdfirmen über die App buchbar, darunter der Carsharing-Dienst Miles und die Elektroroller von Voi. Für die nächsten Monate kündigte Fischer weitere Kooperationen an. Free Now ist in Europa und in Südamerika mit 2200 Mitarbeitern aktiv. 41 Millionen Menschen nutzen die Angebote.
Mit den Bond-Rädern hat das Unternehmen eine Lücke geschlossen. Auch Free-Now-Europachef Eckart Diepenhorst ist angetan. „Das gebe ich nicht wieder ab“, sagte er nach einer Probefahrt. Das so genannte Bikesharing boomt seit Jahren. In Hamburg hat Pionier Stadtrad, der federführend von der Deutschen Bahn betrieben wird, mit 3100 Rädern und 500.000 Kunden quasi das Monopol für die Kurzzeitmieten. Abgesehen von einigen Dutzend Lastenpedelecs sind es allerdings keine Elektro-Fahrräder. E-Bikes konnten bislang nur bei speziellen Händlern ausgeliehen werden.