Hamburg. Senat startet Neuauflage der Abstands-Kampagne. ADFC reicht Fahrradstreifen-Ausbau nicht und fordert mehr Kontrollen.

Hamburg 154 Unfälle waren in Hamburg seit 2018 auf zu wenig Seitenabstand der Verkehrsteilnehmer zurückzuführen, allein in 82 Fällen davon waren Radfahrer die Leidtragenden, dass Autos oder Lkw ihnen zu nah kamen.

Der Senat setzt dem nun eine Neuauflage der Kampagne „Hamburg gibt Acht!“ entgegen, die Innensenator Andy Grote (SPD) und Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) am Montag vorstellten. Der neue Slogan „Mehr 8samkeit – Mindestabstand: 1,5 Meter“ ist unter anderem auf 170 Fahrzeugen wie Bussen, Taxen und Lastenfahrrädern zu sehen und erinnert an die seit April geltende Rechtslage: Demnach ist bei Überholmanövern ein Mindestabstand von 1,5 Metern innerorts und von zwei Metern außerorts einzuhalten. Früher war nur „ausreichend“ Abstand vorgeschrieben.

Radfahrer: Wenn kein Platz ist, darf nicht überholt werden

„Der Radverkehr wird immer mehr, wir sind daher in der Pflicht dafür zu sorgen, dass auch die Verkehrssicherheit zunimmt“, sagte Grote. Obwohl gelte, dass nicht überholt werden dürfe, wenn nicht genug Platz sei, hätten Polizei-Kontrollen ergeben, dass „noch nicht alle“ Autofahrer die Regel verinnerlicht haben, so Grote. „Im Zweifel gilt: Hinten anstellen und locker bleiben, damit alle gesund und unbeschadet ankommen.“

„Wenn man die Mobilitätswende will, braucht man einen sicheren Radverkehr“, sagte Tjarks. Er wies darauf hin, dass mit „ausreichend“ auch bislang 1,5 Meter gemeint waren – aber das sei noch nicht „in der Breite der Bevölkerung“ angekommen. „Dabei gilt das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme im Verkehr immer.“

Die Strafen für die Missachtung des Mindestabstands beginnen bei 30 Euro.

Schon bevor Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) und Innensenator Andy Grote (SPD) Hamburgs neue Kampagne zum richtigen Überholen von Fahrrädern mit der Abstandsregel von 1,50 Metern vorstellten, gab der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Hinweise, wie es eigentlich laufen solle. So sei noch wichtiger, die Radwege in Hamburg so auszubauen, dass der gesetzliche Mindestabstand zwischen überholenden Autos und Rädern ohnehin eingehalten werde.

Deshalb müssten die Radwege entweder breit genug sein oder der Radverkehr auf "baulich abgetrennten Radspuren“ fließen. Das sagte der ADFC-Verantwortliche Jens Deye am Montag.

Hamburger Fahrradstreifen zu eng an Hauptverkehrsstraßen

Schaut man sich selbst die Ausbaubemühungen der vergangenen Jahre an, so stellt man fest, dass sie die Unsicherheit bei Radfahrern sogar noch erhöht haben. Auf der Grindelallee zum Beispiel und der "Rennstrecke" An der Verbindungsbahn vom Schanzenpark Richtung Dammtor gibt es keinen Bordstein mehr, sondern die Radler drängen sich rechts an den Autos entlang. Nicht selten sind das schwere, stinkende Lastwagen.

Hamburg: Fahrradstreifen auf der Grindelallee
Hamburg: Fahrradstreifen auf der Grindelallee © Imago/Hoch Zwei/Angerer

Dort brauchen Radler gute Nerven und müssen hintereinander fahren. In der Praxis bleibt das ein frommer Wunsch. Die Mindestabstände reduzieren sich hier regelmäßig auf deutlich unter einen Meter.

Wollte man hier Tempo 30 einrichten, wie der ADFC für solche "Engpässe" fordert, würde das die Autofahrer empören. Der Fahrradclub prangert das Verhalten von Autofahrern an, die auffielen durch "zu enges Überholen bis hin zum Abdrängen, Hupen, dichtes Auffahren und überhöhte Geschwindigkeiten“. Die Polizei müsse zum Schutz der Radler schärfer kontrollieren. Das Gefühl der Unsicherheit bei vielen Radfahrern auf Radwegen direkt an stark befahrenen Hauptstraßen bestätigte der ADFC.