Kiel. Eine radikale Vorreiterrolle beim Klimaschutz - das strebt der Kieler Umweltminister an. Albrecht will den Ausstoß von Treibhausgasen vehementer eindämmen als bisher geplant. Die Koalitionspartner reagieren zurückhaltend.

Schleswig-Holsteins Umweltminister Jan Philipp Albrecht will den Klimaschutz stärker vorantreiben und Treibhausgas-Emissionen radikaler senken als bisher vorgesehen. Dies machte der Grünen-Politiker am Donnerstag im Landtag deutlich. "Auf dem bisherigen Kurs werden wir die Klimaziele des Pariser Abkommens krachend verfehlen und statt bei 1,5 bis 2 Grad Erwärmung eher bei 3 bis 4 Grad allein bis zum Jahr 2100 landen", sagte er. "Auf diesem Weg wären zahlreiche Städte und Regionen, auch und gerade hier im Norden, dem Untergang geweiht."

Albrecht kündigte eine Änderung des Klimaschutz- und Energiewendegesetzes mit Maßnahmen an, mit denen die Pariser Ziele noch erreichet werden könnten. So könne es notwendig werden, die bisher im Gesetz vorgesehenen Reduktionsziele von 55 Prozent bis 2030 und 70 Prozent bis 2040 anzuheben und die Maßnahmen schon jetzt an einem ambitionierteren Reduktionspfad auszurichten. Das geht über die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag von CDU, Grünen und FDP hinaus.

Die Pro-Kopf-Emissionen lägen im Land zwar unter dem Bundesschnitt, sagte Albrecht. Sie lägen aber noch weit oberhalb der Vorgaben des Pariser Abkommens. Trotz aller Bemühungen sei es nicht gelungen, das Ziel für 2020 zu erreichen. "Und wir sehen auch für die Folgejahre mögliche Verfehlungen." Das sei enttäuschend und alarmierend.

Die vorliegenden Daten müssten Anlass sein, weitere zentrale Schritte zu ergreifen, für eine echte Wärmewende, emissionsfreie Mobilität oder für den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Deshalb werde in den kommenden Wochen die Wasserstoffstrategie des Landes auf den Weg gebracht. In zukunftsweisende Technologien beherzt einzusteigen, heiße aber auch, sich von den Technologien zu verabschieden, die den Wandel blockieren und Fehlanreize zu beseitigen. Gerade in der Landwirtschaft müssten die Emissionen erheblich sinken, sagte Albrecht. Dies sei aber nur ein Baustein. Besonders wichtig seien Fortschritte bei der Nutzung von Wärme aus erneuerbaren Energien.

Die Koalitionspartner CDU und FDP legten sich auf ehrgeizigere Klimaschutzziele nicht fest. Schleswig-Holstein sei auf einem guten Weg beim Klimaschutz, sagte Heiner Rickers von der CDU. Er betonte das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 und bekannte sich zur Landwirtschaft im Norden.

Die bestehende Lücke zwischen Emissionen und Klimaschutzzielen sei nicht der Landesregierung anzulasten, sagte Oliver Kumbartzky von der FDP. Das Stocken bei der Windenergie liege vor allem am Erneuerbare-Energien-Gesetz. Und die Landwirtschaft habe die Zeichen der Zeit erkannt. Auch Kumbartzky hob die Anstrengungen der Landesregierung hervor.

Schleswig-Holstein sei nicht mehr das Energiewendeland Nr.1, kritisierte der SPD-Politiker Thomas Hölck. Jamaika sei hier für Stillstand verantwortlich, gerade auch beim Ausbau der Windenergie.