Hamburg. Prozess um Betrug in Hamburger Luxuspfandhaus. Angeklagte sollen Geld mit Schneeballsystem eingesammelt haben.
Der Betreiber des angeblichen Hamburger Edel-Pfandhauses Lombardium und sieben Mitarbeiter müssen sich wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs vor Gericht verantworten. Sie sollen in 1730 angeklagten Fällen bei Anlegern mehr als 50 Millionen Euro für betrügerische Finanzprodukte eingesammelt haben. Das teilte die Staatsanwaltschaft mit. Im Zentrum steht der Fonds „Lombard Classic 3“, der bei den Anlegern als sehr sichere festgeldähnliche Anlage und Investment in ein florierendes Luxuspfandhaus beworben wurde.
Angeblich sollten mit dem Anlegergeld Kredite finanziert werden an Pfandgeber, die Motoryachten, Schmuck oder Kunstgegenstände zu verpfänden hatten. Tatsächlich wurden die Gelder verwendet, um frühere Anleger auszuzahlen und den Lebensunterhalt der Angeklagten zu finanzieren. Zudem vergab der Hauptangeklagte laut Staatsanwaltschaft unbesicherte Kredite, ohne eine Banklizenz zu besitzen, und verstieß so gegen das Kreditwesengesetz. Außerdem soll er für eine Wirtschaftsprüfung Unterlagen gefälscht haben.
Bis zu sieben Prozent Zinsen versprochen
Wie viele Anleger in dem unübersichtlichen Firmengeflecht rund um Lombardium bis 2015 insgesamt um welche Summen gebracht wurden, ist nicht nachvollziehbar. Die Rede ist von Tausenden Anlegern und bis zu 200 Millionen Euro. Ihnen wurden bis zu sieben Prozent Zinsen versprochen. Mittlerweile sind die Fonds insolvent.
Über Jahre haben Staatsanwaltschaft und Polizei gegen Patrick E. und seine Komplizen ermittelt. Auch zahlreiche Rechtsanwälte und Insolvenzverwalter, aber vor allem mehrere Tausend Kleinanleger haben in den vergangenen Jahren mit dem Fall zu tun gehabt. Sie sind auf eine Masche hereingefallen, die die Staatsanwaltschaft als „groß angelegtes betrügerisches Schneeballsystem“ bezeichnet. Vor Gericht werden jetzt 1730 Fälle von Betrug verhandelt.
Pfandhaus Lombardium in Betrug verstrickt?
Die Dimension ist noch größer. Hinter dem Betrug steht offenbar ein Geflecht von Firmen rund um das Hamburger Edel-Pfandhaus Lombardium, die nur gegründet wurden, um Anleger zu prellen. Bereits 2010 hatten Banken im Zusammenhang mit hin und her geschobenen Anlegern Anzeige wegen des Verdachts der Geldwäsche erstattet. In Hamburg nahm das Verfahren Fahrt auf, als 2014 anonym Strafanzeige erstattet wurde. 2015 untersagte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen Kreditgeschäfte. Bereits getätigte Geschäfte sollten rückabgewickelt werden.
Ende 2015 eröffnete das Amtsgericht Hamburg das Insolvenzverfahren für die Fidentum GmbH, die auch den Fonds „Lombard Classic 3“ angeboten hatte. Er war der letzte von drei aufeinanderfolgenden Fonds. Für das Anlagemodell, für das die acht Angeklagten demnächst vor Gericht stehen werden, war unter dem Slogan „Von echten Werten profitieren“ geworben worden. Für 5000 Euro Mindesteinlage sollten Anleger sieben Prozent Zinsen bekommen. Selbst die Finanzszene war geblendet. Das Pfandhauskonzept war mit einem Preis ausgezeichnet worden, der in der Szene als „Oscar der Finanzbranche“ gilt. Auch sonst wirkte das Pfandhaus, das im Chilehaus residierte und ein großer Sponsor von Hamburgs größtem Tennisturnier war, seriös.
Schneeballsystem aufgebaut?
Doch das Kartenhaus fiel in sich zusammen. 2016 meldete die Erste Oderfelder Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG Insolvenz an, die den Vorgängerfonds herausgab. Nur ein Jahr später folgte die Beteiligungsgesellschaft Lombard Classic 3 GmbH & Co. KG. Ein erster Bericht des eingesetzten Insolvenzverwalters war ernüchternd. Den über 50 Millionen Euro vereinnahmten Anlagegeldern standen lediglich Gegenwerte von maximal fünf Millionen Euro gegenüber. Mittlerweile geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass die über Lombard Classic 3 erzielten Beträge in Höhe von mehr als 50 Millionen Euro vor allem dazu dienten, Anleger der Vorgängerfonds wie des Lombard Classic 2 zu bedienen.
Bereits 2016 hatte die Staatsanwaltschaft in dem Fall im großen Stil Durchsuchungen durchführen lassen. Damals war die Polizei an 20 Orten in Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein im Einsatz.
Rund 5000 Anleger haben noch immer Probleme
Patrick E. wird zudem vorgeworfen, zwischen 2011 und 2015 in elf Fällen gegen das Kreditwesengesetz verstoßen zu haben, indem er als faktischer Geschäftsführer des Luxuspfandhauses ungesicherte Darlehen von insgesamt 17,65 Millionen Euro vergab, obwohl das Unternehmen nicht die dafür erforderliche bankrechtliche Erlaubnis besaß. Außerdem soll der 54-Jährige laut Staatsanwaltschaft bei einer Wirtschaftsprüfung Unterlagen gefälscht haben. E. ist auf freiem Fuß. Es gebe keine Haftgründe, heißt es.
Rund 5000 Anleger, die über verschiedene Fonds in das Pfandhaus investiert haben, haben immer noch Probleme. Sie hatten noch in diesem Jahr Post vom Insolvenzverwalter bekommen. Darin forderte er ausgezahlte Rückzahlungen und Zinsen von den Anlegern zurück, weil sie aus Scheingewinnen stammen würden. Es soll um 60 Millionen Euro gehen.