Hamburg. Hotels sind besser ausgelastet, Schlangen von Besuchern vorm Miniatur Wunderland. Doch Branche fürchtet Ende der Ferienzeit.
Es fühlt sich fast ein wenig an wie früher, in der guten alten Zeit vor Corona. Ob auf dem Rathausplatz, an der Alster, den Landungsbrücken oder in der HafenCity: Die Hauptanziehungspunkte der Stadt haben sich wieder gefüllt. Gemessen an der gähnenden Leere vor einigen Wochen sind geradezu Menschenmassen unterwegs – in der Regel natürlich mit gebührendem Abstand.
Unter ihnen sind auch wieder auffallend viele Touristen. So wie am Sonntagvormittag auf den Magellan-Terrassen in der HafenCity. Im Minutentakt bleiben Pärchen, Familien oder Gruppen stehen, zücken ihre Handys und knipsen das obligatorische Wir-in-Hamburg-mit-Elphi-im-Hintergrund-Foto.
Hamburg statt Amerika
Auch das „A-Team“ kann sich diesem Postkartenblick nicht entziehen. So stellen sich Andrea und André aus der Nähe von Würzburg vor, deren Kinder Amélie, Annika und Adrian auch alle Vornamen mit A haben. „Wir wollten eigentlich nach Amerika und eine Kreuzfahrt machen“, erzählt Andrea. Doch das sei wegen Corona natürlich nicht möglich gewesen, also schauen sie sich jetzt drei Tage lang Hamburg an und reisen dann weiter an die Nordseeküste.
„Gestern waren wir erst mal shoppen“, erzählt Vater André. Jetzt schlendern sie durch die HafenCity, wollen auf jeden Fall noch zur Elbphilharmonie und zum Miniatur Wunderland. Im Umgang mit den Corona-Regeln erkennen sie in Hamburg keinen Unterschied zu ihrer Heimat: „Das ist in Würzburg genauso.“
Disziplinierte Maskenträger
Anders erleben es Irene und Adolf Oggier aus der Schweiz, die gerade am U-Bahnhof Elbbrücken den Weg zum Hafenmuseum auf der Veddel suchen: „Die Hamburger tragen sehr diszipliniert ihre Maske“, hat Irene Oggier beobachtet. In ihrer Heimat Zürich werde das etwas lockerer gehandhabt. Das Paar bleibt eine ganze Woche an der Elbe. „Das ist so eine tolle Stadt“, schwärmt Irene Oggier und zählt auf, was sie alles sehen wollen: Reeperbahn, Hafenrundfahrt, Museen, ins Miniatur Wunderland soll es gleich zweimal gehen.
Das liegt im Trend: Vor der beliebten Einrichtung am Hafenrand bilden sich mitunter wieder die gewohnten Warteschlangen. Die Nachfrage sei „in vielen Bundesländern stark“, heißt es auf der Homepage. Die Schlangen liegen allerdings auch daran, dass coronabedingt nur rund 20 Prozent der sonstigen Besucher hereingelassen werden dürfen.
Schiffe sind wieder voller
Dass der Tourismus langsam wieder anzieht, spürt auch Hubert Neubacher, Chef von Barkassen Meyer. „Wir haben wieder mehr zu tun, die Schiffe sind voller“, sagt er dem Abendblatt. Auch Reisende aus dem Ausland seien wieder vereinzelt darunter. An die strenge Maskenpflicht auf den Schiffen würden sich die Gäste diszipliniert halten. Dennoch blickt Neubacher mit Sorgen in die Zeit nach den Sommerferien. Nach wie vor seien nur fünf von zehn Schiffen auf der Elbe im Einsatz, womit er wirtschaftlich gerade so klarkomme. „Aber was wird an einem Mittwoch im September?“
Die Frage treibt alle um, die mit dem Tourismus ihr Geld verdienen: Was wird, wenn auch in Bayern und Baden-Württemberg die Schulferien vorbei sind, das Wetter schlechter wird und die Infizierten-Zahlen weiter steigen?
Auslastung der Hotels bei 25 bis 30 Prozent
Auch Franz Klein, Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga, sieht die Lage mit gemischten Gefühlen. Er schätzt, dass die Auslastung der Hotels derzeit bei etwa 25 bis 30 Prozent liegt: „Das ist eine Steigerung, aber auf ganz niedrigem Niveau.“ Vor einigen Wochen seien die Hotels zu weniger als 20 Prozent ausgelastet gewesen. Die offizielle Tourismus-Zahlen werden zwar immer erst mit einigen Wochen Verzögerung vom Statistikamt Nord veröffentlicht. Aber mit einem „normalen“ August sei die Lage in jedem Fall nicht zu vergleichen, sagt Klein: Dann seien Hotels sonst zu 80 Prozent gebucht.
Offensichtlich gibt es aber gravierende Unterschiede in der Auslastung: Die auf Touristen ausgerichteten Hotels in der Innenstadt konnten am Wochenende eine gute Buchungslage verzeichnen. So hatte das The Westin in der Elbphilharmonie eine Auslastung von rund 80 Prozent. Das Steigenberger auf der Fleetinsel wird zurzeit umfassend modernisiert, deshalb stehen aktuell nur 96 Zimmer zur Verfügung. Davon waren in der Nacht zum Sonnabend 85 Prozent belegt und von Sonnabend auf Sonntag mehr als 70 Prozent. Die Buchungen seien in der vergangenen Woche erfolgt, sagt Direktor Moritz Klein.
Kaum Geschäftsreisen
Auf St. Pauli im Designhotel Empire Riverside mit 327 Zimmern und dem benachbarten Hafen Hamburg (380 Zimmer) verzeichnete der für beide Häuser verantwortliche Direktor Enrico Ungermann jeweils eine Belegung von „gut 70 Prozent. Allerdings haben wir solch eine Auslastung aktuell nur an den Wochenenden. In der Woche, wenn weniger Touristen in der Stadt sind, ist es deutlich weniger. Denn die Geschäftsreisen laufen noch sehr verhalten an“, so Ungermann.
Das bestätigt Dehoga-Chef Klein: „Was fast völlig ausbleibt, sind die Geschäftsreisenden, die rund ein Drittel der Hamburg-Besucher ausmachen, sowie die Touristen aus Übersee.“ Zudem gebe es noch zu wenig Anreize für Städtereisen, da viele Attraktionen nur eingeschränkt geöffnet seien und die großen Events wie Marathon oder Cyclassics der Corona-Pandemie zum Opfer fallen. Die Hotel- und Gaststättenbranche hoffe natürlich auf weitere Lockerungen, aber mit Forderungen halte man sich zurück und überlasse das den Fachleuten. „Das Allerschlimmste“, so der Dehoga-Chef, „wäre ein zweiter Lockdown.“
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Den zu vermeiden treibt auch die städtische Hamburg Tourismus GmbH um. „Die Gesundheit der Hamburger und der Gäste hat weiterhin die höchste Priorität“, sagt Geschäftsführer Michael Otremba. „Es ist deshalb umso wichtiger, dass wir jetzt mit Bedacht vorgehen und die geltenden Hygiene- und Abstandsregelungen einhalten.“ Auf der Homepage gebe es dazu stetig aktualisierte Informationen.
Otremba sagt, er höre aus den Gesprächen mit den Akteuren der Tourismusbranche „aktuell einen verhaltenen Optimismus heraus“. Dennoch arbeite man an verschiedenen Kampagnen („Weil wir Hamburg sind“), um noch mehr Interesse an der Stadt zu wecken.
Denn klar ist: Auch wenn es mitunter so wirkt – so wie vor Corona ist die Lage noch lange nicht wieder.