Kiel. In Schleswig-Holstein startet am Montag das neue Schuljahr unter Corona-Bedingungen - mit Sorgen. Denn in Mecklenburg-Vorpommern mussten bereits Schulen geschlossen werden - auch bei Husum müssen Grundschüler vorerst zu Hause bleiben.
Unter Corona-Schutzmaßnahmen startet am Montag in Schleswig-Holstein das neue Schuljahr. Möglichst viele der rund 363 000 Schüler sollen wieder so viel Präsenzunterricht wie möglich bekommen. Bildungsministerin Karin Prien (CDU) spricht von der Wiederaufnahme des Regelbetriebs unter Corona-Bedingungen. Das Ministerium empfiehlt Schülern und Lehrern dringend, in den ersten zwei Wochen eine Mund-Nasen-Bedeckung in der Schule zu tragen - auch während des Unterrichts. Die Jahrgangsstufen eins bis sechs sind davon ausgenommen. Erneute Schulschließungen wie im Frühjahr sollen unbedingt vermieden werden.
Prien will zunächst einen guten Start ins Schuljahr sicherstellen - angesichts möglicher Risiken etwa durch Reiserückkehrer. Zudem sollen sich zunächst feste Lerngruppen in den Schulen bilden; sogenannte Kohorten. Nach den ersten zwei Wochen soll die Masken-Empfehlung überprüft und gegebenenfalls neu bewertet werden.
Eine Maskenpflicht in der Schule, wie sie andere Länder haben, lehnte Prien am vergangenen Mittwoch als zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht verhältnismäßig und nicht verfassungskonform ab.
In Mecklenburg-Vorpommern mussten am Freitag bereits in der ersten Woche zwei Schulen wegen Corona-Fällen geschlossen werden. Das Bundesland war als erstes nach den Sommerferien ins neue Schuljahr gestartet, gefolgt von Hamburg. Nun sind neben Schleswig-Holstein auch Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen dran.
Auch die Grundschule in Rantrum bei Husum bleibt nach den Ferien in der ersten Schulwoche geschlossen. Bei einer Mitarbeiterin sei eine Infektion mit dem Virus nachgewiesen worden, wie der Kreis Nordfriesland am Samstagabend mitteilte. Demnach habe die Frau vor Kurzem an einer Dienstbesprechung teilgenommen und dabei Kontakt mit anderen Mitarbeitern gehabt.
"Dabei handelt es sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme. Enger Kontakt bestand bei der Dienstbesprechung nicht. Gerade bei einer Grundschule gehen wir aber lieber auf Nummer sicher", sagte die Fachbereichsleiterin für Sicherheit, Gesundheit und Veterinärwesen, Nina Rahder, in einer Mitteilung des Kreises. Die Kontaktpersonen aus dem Kollegium der Mitarbeiterin sollten am Sonntag an einem Coronatest teilnehmen.
Mit Blick auf zuletzt wieder steigende Infektionszahlen sagte Prien am Wochenende der Deutschen Presse-Agentur: "Die Schulen sind mit Hygienekonzepten und festen Lerngruppen gut auf das neue Schuljahr vorbereitet. Zusätzliche Sicherheit werden wir durch einen Corona-Reaktionsplan schaffen." Er gebe den Schulen ganz konkret eine Orientierung, wie bei welchem Ausbruchsgeschehen reagiert werden könne. "Wir müssen als Gesamtgesellschaft achtsam und verantwortlich dazu beitragen, dass Schülerinnen und Schüler so viel wie möglich Präsenzunterricht und Bildung unter Corona-Bedingungen erhalten."
In einem Informationsschreiben, das alle Eltern noch in den Ferien per Post erhalten sollten, sind sämtliche Corona-Schutzmaßnahmen dargelegt werden. Als wichtigste Regel nennt das Ministerium, dass Kinder nicht in die Schule gehen dürfen, wenn sie krank sind oder auch nur leichte Grippesymptome zeigen. Dem Schreiben ist eine "Belehrung zum Umgang mit möglichen Infektionskrankheiten in der Schule" beigefügt. Die Eltern sollen bestätigen, die "Belehrung" zur Kenntnis genommen zu haben, und ihre Kinder den unterschriebenen Zettel in der Schule in der ersten Schulwoche abgeben.
Die Krise hat laut Prien einen gewaltigen Digitalisierungsschub in den Schulen ausgelöst. Schleswig-Holstein erhält aus dem Digitalisierungspakt 170 Millionen Euro. Die Ministerin wies Kritik der SPD zurück, nicht schnell genug zu handeln. Das Sofortausstattungsprogramm, bei dem Schulen mit digitalen Geräten wie Laptops oder Tablets versorgt werden, greife seit Mitte Juli. Sie sei sicher, dass viele Schulen zum Schulanfang Geräte haben werden. In den nächsten Wochen würden alle Lehrkräfte endlich Dienst-E-Mail-Adressen bekommen. Die GEW fordert, dass Lehrer Dienst-Laptops bekommen.
Prien verteidigte erneut, dass nur ein Bruchteil der Lehrer, die sich mit Attesten zugehörig zu Corona-Risikogruppen gemeldet haben, vom Präsenzunterricht befreit ist. Angesichts der niedrigen Infektionszahlen in Schleswig-Holstein sei ein erhöhtes Risiko für Lehrer nicht anzunehmen. Prien geht davon aus, dass vorliegende Klagen von Lehrern nicht erfolgreich sein dürften. Im Fall einer laut GEW lungenkranken Lehrerin aus dem Kreis Segeberg hat das Verwaltungsgericht Schleswig es dem Ministerium vorerst untersagt, die Pädagogin direkt vor Schülern unterrichten zu lassen.
Zum Schulstart warnten Virologen vor dem Risiko von Infektionen unter Schülern und machten Vorschläge für Vorsichtsmaßnahmen. Dazu gehört, die Klassengrößen abhängig von der Zahl der Neuinfektionen zu reduzieren. Zudem sollten aus virologischer Sicht feste Kleingruppen definiert werden mit möglichst geringer Durchmischung der Gruppen im Schulalltag. Für eine wirksame Unterdrückung der Virusausbreitung in der Gesamtgesellschaft bleibe es weiterhin Grundvoraussetzung, die Viruszirkulation in den Schulen niedrig zu halten, heißt es in der Stellungnahme der Gesellschaft für Virologie, die am Freitag verschickt wurde.
Während die Zahl der Schüler in Schleswig-Holstein im neuen Schuljahr um 0,2 Prozent sinkt, steigt die Zahl der Erstklässler um knapp 1,7 Prozent auf 23 000.