Hamburg. Nord- und Ostsee überlaufen? Machen Sie Urlaub vor der Haustür! Heute: Das Schlummerfass in Hamburg-Ochsenwerder.

Es ist so, als tue sich ein verwunschener Märchengarten hinter der Wein- und Friesenstube auf: Im Schatten des traditionellen Gasthauses am Ochsenwerder Kirchendeich 10 wachsen stattliche Bäume in die Höhe, ranken Büsche mit farbenfrohen Blüten empor, plätschert ein kleiner Wasserfall.

Insbesondere in der Abenddämmerung können Gäste bei gemütlichem Fackelschein und romantischem Kerzenlicht die lauen Sommernächte ausklingen lassen. „Es ist unser kleines Paradies direkt hinterm Deich“, sagt Gastronom Arne Meyer, dessen Betrieb fast in der Mitte zwischen Norderelbe und Dove-Elbe beheimatet ist. Und mittendrin im Garten: ein kleines Hexenhäuschen und vier überdimensionale Weinfässer.

Während im Häuschen Fondue serviert oder Pastaabende gefeiert werden, lässt sich in den Fässern nicht nur lecker speisen, sondern auch übernachten: Nach dem Candle-Light-Dinner werden sie ruckzuck zum kuscheligen Schlummerfass umgebaut.

Beim Messebummel war es Liebe auf den ersten Blick

Als Arne Meyer die Fässer bei einem Bummel über die Gastronomie-Fachmesse Internorga vor einigen Jahren entdeckte, war es sofort um ihn geschehen: „Ich habe mich sofort in sie verliebt“, erinnert sich der 48-Jährige. Ihm war klar: „Das ist etwas für unser Restaurant!“ Und auch Ehefrau Katja, mit der er gemeinsam den Betrieb in Ochsenwerder betreibt, war begeistert von den überdimensionalen Weinfässern, die von einem Tischlermeister in der Nähe von Kassel gefertigt werden. Noch auf der Messe machten die Meyers Nägel mit Köpfen: „Ich habe sie dort direkt gekauft und dann selbst mit einem Lastwagen abgeholt“, erzählt Arne Meyer.

Der Eingang in den verwunschenen Hinterhof der Wein- und Friesenstube, zu dem auch ein kleines Hexenhäuschen gehört.
Der Eingang in den verwunschenen Hinterhof der Wein- und Friesenstube, zu dem auch ein kleines Hexenhäuschen gehört. © Lena Diekmann

Dass auf dem Gelände der Wein- und Friesenstube sogar mal Übernachtungsgäste einchecken könnten, hätte wohl niemand gedacht, als die Geschichte des Familienbetriebs einst ihren Anfang nahm: Arne Meyer war gerade mal 20 Jahre alt, als er im Jahr 1991 nach dem Tod seines Vaters dessen Kolonialwarengeschäft übernahm. Dort hatte er in den Jahren zuvor zunächst in freizeitlicher Leidenschaft zu Weinproben geladen, später gemeinsam mit Ehefrau Irmi hinter dem Haus einen kleinen Gastraum geschaffen, wo auch gegessen werden konnte. „Damals hatten wir 25 Sitzplätze. Die Stube war winzig klein und kuschelig“, erinnert sich Arne Meyer.

Tipps für die Umgebung:

  • Denkmalschutz: Etwa 200 Meter entfernt steht die Kirche St. Pankratius (Alter Kirchdeich 8). Das 1673 bis 1674 erbaute Gotteshaus steht unter Denkmalschutz und beherbergt einen klangvollen Schatz: Die Orgel gestaltete der bekannte Orgelbauer Arp Schnitger. Das mehrfach umgebaute Instrument hat heute 24 Stimmen und 1700 Pfeifen.
  • Windsurfen: Der Hohendeicher See ist eines der beliebtesten Badegewässer Hamburgs. Windsurfen und tauchen ist dort ebenso möglich wie ausgiebiges Planschen. Am Südufer (Overwerder Weg) gibt es einen Sandstrand mit DLRG-Badeaufsicht. Die Dove-Elbe (Moorfleeter Deich 500) ist ein beliebtes Revier für Wassersportler. Paddel- und Ruderboote, Motorschiffe oder Schwimmer tummeln sich im und auf dem Wasser des Flusses.
  • Naturschutz: Im Naturschutzgebiet „Die Reit“ (Reitbrooker Westerdeich 68) betreibt der Nabu Hamburg seit gut 40 Jahren eine Forschungsstation. Dort werden Kleinvögel gefangen, beringt und vermessen. Die Daten fließen in internationale Vogelforschungsprojekte.
  • Fußballgolf: In Skandinavien ist Fußballgolf schon lange ein Hit. Seit 2015 kann auch bei Familie Soltau in Ochsenwerder (Gauerter Hauptdeich 105) gekickt werden. Auf einem Parcours mit 18 Hindernissen wird der Ball mit möglichst wenig Schüssen eingelocht. Ebenso kann dort Swingolf – eine vereinfachte Variante des Golfsports – gespielt werden. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag ab 11 Uhr. Reservierung per E-Mail: info@swingolf-hamburg.de.

Der gelernte Koch konzentrierte sich fortan auf die Gastronomie, seine Mutter Irmi führte das Ladengeschäft vorn an der Straße weiter. Den Betrieb seines Vaters hat Arne Meyer danach beständig weiterentwickelt und ausgebaut und mit der „Marschländer Elblounge“ vor zwei Jahren sogar noch ein zweites Restaurant eröffnet. Sie liegt in etwa zwei Kilometer Entfernung zum Traditionshaus am Spadenländer Elbdeich 40 – Elbblick inklusive.

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In der Wein- und Friesenstube können heute – wenn aufgrund der Corona-Bestimmungen große Feste und Gesellschaften nicht ausfallen müssten – bis zu 140 Gäste in Friesenstübchen, Kaminstube und Festsaal, der im Jahr 2010 entstanden ist, bewirtet werden. Und einige eben seit fünf Jahren auch gleich dort übernachten: Von einer Essenstafel für maximal sechs Personen kann das Innere der Weinfässer zum 1,40 Meter breiten und zwei Meter langen Doppelbett umgebaut werden. „Das dauert gerade mal fünf Minuten“, so Arne Meyer.

Pärchen buchen sich für eine romantische Nacht ein

Mit ihm und seiner Familie sind in dem gut 14 Quadratkilometer großen und mindestens 776 Jahre alten Dorf Ochsenwerder in den Marschlanden fast 3000 Menschen beheimatet. Und drei von ihnen haben sozusagen ein eigenes Fass: Denn an Tafeln über den Türen der drei Schlaf-Fässer ist jeweils ein Name angeschrieben: Molly, Nick und Anna – die drei Meyer-Kinder. Die Älteste der Geschwister kann sich noch gut daran erinnern, als die Fässer noch ganz neu in der Familie waren und sie gemeinsam mit ihrem Vater ausprobiert hat, wie es ist, darin zu übernachten. „Es war total gemütlich“, sagt die 14-jährige Molly.

Das Schlummerfass „Nick“: Wenn es Nacht wird im Garten, werden die weinroten Gardinen zugezogen.
Das Schlummerfass „Nick“: Wenn es Nacht wird im Garten, werden die weinroten Gardinen zugezogen. © Lena Diekmann

Auch mit ihren Freundinnen hat sie dort einfach mal zusammengesessen und gequatscht: „Das war schon cool“, erinnert sie sich. Die Chance auf eine gemütliche Nacht nutzten heute nicht nur Gäste gern, die im Saal ein rauschendes Fest gefeiert haben. Pärchen, die mal eine ganz andere Nacht erleben möchten als in einem gängigen Hotelzimmer, buchten sich dort ebenso für eine romantische Nacht ein. „Ebenso wie Familien, die auf der Suche sind nach einem kleinen Abenteuer sind“, berichtet der 48 Jahre alte Chef. Für zwei Erwachsene und ein Kind sei in den Fässern ausreichend Platz.

Nur 50 Meter weiter führt der Elberadweg vorbei

Für eine Gruppe seien die Fässer aufgrund der Lage der Wein- und Friesenstube aber besonders attraktiv: Fahrradtouristen. „Der Elberadweg liegt nur knapp 50 Meter weit entfernt“, betont Arne Meyer. Der belebte Radwanderweg, der im Norden Tschechiens im Riesengebirge beginnt, endet nach 1220 Kilometern in Cuxhaven an der Elbemündung in die Nordsee.

Urlaub in Zeiten des Coronavirus

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    840 Kilometer verlaufen auf deutschem Gebiet – und davon 33 Kilometer quer durch die Vier- und Marschlande. Von Altengamme bis Tatenberg führt er über den Marschbahndamm: In den Jahren 1921 bis 1952 fuhr dort eine Kleinbahn. Mittlerweile ist die Strecke längst zu einem beliebten Fahrrad- und Wanderweg geworden, der durch die Wiesen und Felder führt. Der Marschbahndamm ist zumeist asphaltiert und über weite Strecken autofrei.

    Anreise und Kontakt:

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    • Anreise: Aus Hamburg kommend über die A 1 bis zur Ausfahrt Moorfleet, über Brennerhof, Hofschläger Weg und Ochsenwerder Landstraße bis zum Ochsenwerder Kirchendeich. Mit dem Bus bis zur Haltestelle Elversweg (Linien 120, 124, 224). Der Elberadweg verläuft in 50 Meter Entfernung auf dem Marschbahndamm.
    • Kosten: Eine Übernachtung kostet 69,50 Euro für zwei Personen. Frühstück kann dazu gebucht werden.
    • Kontakt: Wein- und Friesenstube, Ochsenwerder Kirchdeich 10, 21037 Hamburg, 040/737 41 98, E-Mail: restaurant@friesenstube.hamburg

    Und wer nach einer Radtour oder einer Nacht im Fass eine erfrischende Dusche braucht, der findet im hinteren Bereich des Gartens eine entsprechende Nasszelle. Ganz standesgemäß natürlich auch im Fass – mit Dusche, Waschbecken und Toilette.

    Wenn es nach Katja und Arne Meyer geht, sollen die Fässer aber nicht die einzige Übernachtungsmöglichkeit der Wein- und Friesenstube bleiben: Schon seit fast zehn Jahren träumen sie von einem kleinen Hotel. Und der Traum lebt weiter: „Der Bedarf ist definitiv da. Wir brauchen hier etwas“, ist Arne Meyer überzeugt.

    Nächste Folge: Am Dienstag, 11. August, stellen wir Ihnen das Baumhaushotel auf der Elbinsel Krautsand vor.