Hamburg. Volle Strände an der Ostsee, neue Regeln auf Helgoland. Studentenwohnheim unter Quarantäne. Hamburg: Mehr Neuinfektionen.
Die Strände an Nordsee und Ostsee voll, die Autobahnen auch, die Szeneviertel in Hamburg im Ausnahmezustand: Das Sommerwochenende verlangt Disziplin von Touristen und Bürgern. Gesperrt war trotz Riesenandrangs der zuletzt im Visier stehende Strand von Scharbeutz (nördlich von Timmendorf) aber nicht. Das sagte eine Polizeisprecherin dem Abendblatt.
Das Alkoholverkaufsverbot in Hamburg zeigt offenbar Wirkung: Trotz sommerlicher Temperaturen blieb es auf St. Pauli, in der Sternschanze und in Ottensen in der Nacht zu Sonnabend ruhig. In Heide und Büsum müssen Einheimische und Urlauber dieses Wochenende mit verschärften Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus verbringen. Hintergrund ist die Zunahme von Neuinfektionen in Dithmarschen.
Die Polizei hat in Hamburg bei Ermittlungen bislang in fünf bekannten Fällen auf Kontaktdaten von Corona-Gästelisten in Restaurants zugegriffen. Die FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein kritisiert dies scharf.
Lesen Sie die Nachrichten zu Corona am Sonnabend, 1. August:
- Ausbruch in Studentenwohnheim – Quarantäne
- Strände an der Ostsee sind überfüllt
- 24 Neuinfektion in Schleswig-Holstein gemeldet
- Corona-Ausbruch auf Hurtigruten-Kreuzfahrtschiff
- Einschulungen in Mecklenburg-Vorpommern unter Hygiene-Vorgaben
- 19 neue Corona-Fälle in Hamburg
- Kreis Dithmarschen registriert vier Neuinfektionen
- Alkoholverkaufsverbot: Weniger Feiernde in Hamburgs Partymeilen
- Neuer Corona-Test-Erlass des Landes mit Anlaufschwierigkeiten
- Heide und Büsum vor Wochenende mit Corona-Restriktionen
- Treuenfels kritisiert Polizei-Ermittlungen mit Gästelisten
Ausbruch in Studentenwohnheim – Quarantäne
Nach einem Ausbruch mit fünf bestätigten Corona-Infektionen in einem Studentenwohnheim im niedersächsischen Clausthal-Zellerfeld hat der Landkreis Goslar fünf weitere Infektionsnachweise bekannt gegeben. In zwei der neuen Fälle seien Bewohner der Einrichtung positiv getestet worden, bei den drei weiteren Fällen handele es sich um Kontaktpersonen, teilte der Landkreis mit.
Die Quarantäne für den Komplex müsse vorerst bestehen bleiben, so Landrat Thomas Brych. Die Versorgung in der Quarantänezeit, die nach früheren Angaben eines Kreissprechers bis einschließlich 13. August gilt, soll neben Bekannten der Bewohner eine studentische Organisation sicherstellen.
Verschärfte Maskenpflicht auch auf Helgoland
Angesichts steigender Corona-Zahlen verschärft auch Helgoland die Maskenpflicht. Am kommendem Montag müsse zunächst für zwei Wochen auf der Einkaufsstraße Lung Wai und auf der Promenade vom Hafen bis zum Dorfkern eine Mund-Nase-Bedeckung getragen werden, sagte der Bürgermeister der zum Kreis Pinneberg gehörenden Nordseeinsel, Jörg Singer (parteilos), am Sonnabend NDR Schleswig-Holstein.
Es handele sich um eine Vorsichtsmaßnahme, um die Wirtschaft der Insel zu schützen. „Wenn wir jetzt in einen zweiten Lockdown reinkommen würden, hieße das, es fährt statt sieben Schiffen nur eines. Das wäre für viele hier das komplette Aus. Das wollen wir alle nicht“, sagte Singer.
In Heide und Büsum in Dithmarschen waren die Corona-Regeln zum Wochenende hin bereits verschärft worden.
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Strände an der Ostsee sind überfüllt
Entlang der Lübbecker Bucht sind alle Ostseestrände voll. Der Strandticker meldet aktuell volle Strandabschnitte in Scharbeutz, Haffkrug, Sierksdorf, Neustadt in Holstein, Pelzerhaken und Rettin.
Die Aussicht auf eine Erfrischung in der Ostsee bei sommerlichen Temperaturen hat am Sonnabend zahlreiche Kurzurlauber auf die Autobahnen gelockt und zu kilometerlangen Staus geführt. Schon zur Mittagszeit warnte die Polizei Kurzentschlossene und Nachzügler davor, ebenfalls noch den Weg an die Küste anzutreten. „Die Verkehrslage auf der A 1 ist katastrophal. Wer jetzt noch Richtung Ostsee losfährt, muss selbst wissen, was er sich antut“, sagte ein Sprecher der Polizei.
24 Neuinfektion in Schleswig-Holstein gemeldet
Schleswig-Holstein hat 24 Nueinfektionen gemeldet. Laut der Landesmeldestelle, dem Institut für Infektionsmedizin der Universität Kiel, wurden seit Ausbruch der Pandemie insgesamt 3451 bestätigte Corona-Fälle gemeldet. Damit gibt es im Vergleich zum Vortag 24 gemeldete Sars-CoV-2-Infektionen mehr.
Corona-Ausbruch auf Hurtigruten-Kreuzfahrtschiff
Bei Hurtigruten gibt es die ersten Corona-Fälle auf einem Kreuzfahrtschiff im laufenden Passagierbetrieb: Auf der "Roald Amundsen" wurden laut Kreuzfahrt-Portal Cruisetricks vier Crew-Mitglieder positiv getestet. Das Schiff war zuvor auf Spitzbergen-Kreuzfahrt.
Die vier positiv getesteten Crew-Mitglieder seien inzwischen in einem Krankenhaus an Land. Hurtigruten, die auch in Hamburg mit einer Niederlassung vertreten sind, teilte laut Cruisetricks mit, dass alle 160 Crew-Mitglieder der "Roald Amundsen" isoliert sind und getestet werden. Die 117 Passagiere der vorausgegangenen Kreuzfahrt würden kontaktiert, damit sie sich gegebenenfalls zu Hause in häusliche Quarantäne begeben und testen lassen können.
Einschulungen in Mecklenburg-Vorpommern unter Hygiene-Vorgaben
In Mecklenburg-Vorpommern sind am Sonnabend 13.900 ABC- Schützen eingeschult worden. Die Einschulungsfeiern fanden unter Beachtung der Hygiene-Vorgaben statt. Die Schulen konnten ihre Einschulungsfeiern weiterhin selbst gestalten. Die Polizei kontrollierte verstärkt im Umfeld von Schulen. Am Montag beginnt wieder der reguläre Schulbetrieb.
19 neue Corona-Fälle in Hamburg
In Hamburg steigt die Zahl der nachgewiesenen Corona-Infektionen weiter zweistellig. 19 neue Fälle wurden seit Freitag registriert, wie die Stadt am Sonnabend mitteilte. Insgesamt wurden damit seit Beginn der Pandemie 5420 Menschen in Hamburg positiv auf das Virus getestet. Rund 5000 davon können nach Schätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) inzwischen als genesen angesehen werden.
In den zurückliegenden sieben Tagen gab es nach Angaben der Behörden insgesamt 118 Neuinfektionen. Das sind 6,6 pro 100.000 Einwohner - 0,4 mehr als am Vortag. Das Infektionsgeschehen in der Stadt liegt damit nach wie vor weit unter dem Grenzwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche, ab dem der Senat über erneute Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie beraten müsste.
In den Krankenhäusern der Stadt wurden den Angaben zufolge mit Stand Freitag 20 Menschen (minus 6) mit dem Coronavirus behandelt, sieben von ihnen auf Intensivstationen.
Nach Angaben des Instituts für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Eppendorf starben in Hamburg bisher 231 Menschen an Covid-19. Das RKI, das unabhängig von der Todesursache alle mit dem Virus infizierten Toten erfasst, kommt auf 261.
Kreis Dithmarschen registriert vier Neuinfektionen
Im Kreis Dithmarschen ist die Zahl der nachgewiesenen Corona-Infektionen seit Freitag um vier gestiegen. Wie das Robert Koch-Institut (RKI) am Sonnabend mitteilte, wurden in dem Landkreis damit seit Ausbruch der Pandemie 120 Menschen positiv auf das Virus getestet. Seit dem vergangenen Wochenende waren die Zahlen deutlich angestiegen.
Die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen sank nach RKI-Angaben auf 27,8. Am Freitag hatte er noch bei 41 gelegen. Um den Grenzwert zu erreichen, ab dem schärfere Maßnahmen eingeleitet werden, müssten es 66,5 neue Fälle binnen einer Woche sein. In dem Kreis leben 133.000 Einwohner.
Alkoholverkaufsverbot: Weniger Feiernde in Hamburgs Partymeilen
Das neue Alkoholverkaufsverbot in Hamburgs Ausgehvierteln hat am Freitagabend offenbar viele Menschen vom Feiern auf den Straßen abgehalten. „Die Nacht war ruhig in den Corner-Hotspots und absolut unauffällig“, sagte ein Sprecher des polizeilichen Lagedienstes am Sonntagmorgen. In den Wochen zuvor hatten sich besonders an Wochenenden Tausende auf St. Pauli, in der Schanze und in Ottensen getroffen und ohne Abstand ausgelassen gefeiert.
Das sind die Corona-Regeln für Hamburg:
- Privat können bis zu 25 Personen zu Feiern zusammenkommen, egal aus wie vielen Haushalten. Treffen in der Öffentlichkeit sind auf 10 Personen aus beliebig vielen Haushalten begrenzt.
- Alle Kinder dürfen in einem eingeschränkten Regelbetrieb wieder die Kitas besuchen.
- Nach dem Ende der Sommerferien am 6. August können wieder alle Schüler einer Klasse gemeinsam unterrichtet werden. Dennoch sollen Einschränkungen wie die bisherigen Abstandsgebote vorsichtshalber erhalten bleiben.
- Unter Auflagen sind wieder Veranstaltungen mit bis zu 1000 Teilnehmern im Freien und 650 Teilnehmern in geschlossenen Räumen zulässig.
- Für größere Versammlungen gibt es keine Teilnehmerbegrenzung mehr. Es wird jeweils der Einzelfall mit Blick auf Hygiene- und Abstandsregeln geprüft.
Die von den Bezirken Altona, Mitte und Eimsbüttel am Donnerstag per Allgemeinverfügung erlassenen Einschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie gelten für Freitag, Sonnabend und Sonntag jeweils von 20 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages. Betroffen sind Kioske, Supermärkte, Tankstellen und der sogenannte Gassenverkauf von Alkohol durch Bars oder Lokale unter anderem auf St. Pauli, in der Schanze und im Bereich Alma-Wartenberg- und Spritzenplatz in Ottensen.
Bereits in den ersten Stunden nach Beginn des Verbots zeigte sich etwa im Party-Hotspot am Schulterblatt im Schanzenviertel, dass weniger Menschen auf den Straßen feierten als am Wochenende davor. Die Alkoholregale in den Geschäften waren häufig mit Absperrband oder mit Getränkekisten blockiert. In einem Supermarkt am sonst vielfrequentierten Schulterblatt blieben die Kassen gegen 21 Uhr nahezu leer. Nach Angaben eines Kassierers sei an Wochenenden um diese Zeit deutlich mehr los.
Trotz alledem hielten sich auch bei erhöhter Polizeipräsenz mit mehreren Einsatzwagen immer wieder einzelne Gruppen an der Straße vor dem linksautonomen Zentrum Rote Flora auf, die den Mindestabstand nicht einhielten. Einige hielten Bierdosen und Becher in der Hand, die sie offenbar selbst mitgebracht hatten.
Sollten auch die erlassenen Verkaufsverbote nicht dazu führen, dass die Regeln des Infektionsschutzes eingehalten werden, können weitere Maßnahmen folgen. Laut Altonas Bezirksamtschefin Stefanie von Berg (Grüne) könnten dies Betretungsverbote oder ein generelles Trinkverbot von Alkoholika im öffentlichen Raum außerhalb von Gastronomie sein.
Neuer Corona-Test-Erlass des Landes mit Anlaufschwierigkeiten
Die Fleischindustrie gehörte in den vergangenen Wochen zu den Schwerpunkten von Corona-Infektionen, auch in Niedersachsen. Das Land reagierte darauf mit einer Anweisung an die Betriebe, regelmäßig zu testen - der Anlauf war aber schwierig.
Das Sozialministerium hatte einen Erlass in der vergangenen Woche herausgegeben, dass in Schlacht- und Zerlegebetrieben nur noch Personen arbeiten dürfen, die mindestens einmal in zehn Tagen negativ auf Covid-19 getestet wurden. Ausgenommen sollen kleine Betriebe mit wenigen Beschäftigten sein. Bei einigen Landkreisen gab es aber zunächst Irritationen, weil einige Punkte aus ihrer Sicht nicht klar genug gefasst waren.
So hatten eigenen Angaben zufolge etwa die Landkreise Cloppenburg und Emsland noch Nachfragen an das Ministerium, etwa was die Betriebsgröße angeht. Alle Landkreise hätten in dieser Frage selber Entscheidungen treffen müssen, sagte ein Sprecher des Kreises Cloppenburg. Ein Sprecher des Ministeriums verwies wiederum auf das eigene Ermessen der Landkreise. „Wir haben auch nicht gesagt, die Landkreise sollen testen, sondern die Unternehmen sind verpflichtet, selber zu testen.“
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Treuenfels kritisiert Polizei-Ermittlungen mit Gästelisten
Die Polizei hat in Hamburg bei Ermittlungen bislang in fünf bekannten Fällen auf Kontaktdaten von Corona-Gästelisten in Restaurants zugegriffen. Das geht aus einer Antwort des rot-grünen Senats auf eine Anfrage der FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Anna von Treuenfels-Frowein hervor. „In vier Fällen handelte es sich dabei um strafrechtliche Ermittlungen durch die Kriminalpolizei und in einem Fall um Ermittlungen der Verkehrsdirektion zu einem Verkehrsunfall“, hieß es. Das seien die bekannten Fälle, denn die Polizei erhebe die Zahl nicht statistisch. „Rot-Grün zeigt alarmierendes Fehlverhalten im Umgang mit den Corona-Gästelisten“, kritisierte Treuenfels-Frowein.
Mundschutz-Mode: Kreativ durch die Krise
„Wenn sie schon in fünf Fällen für polizeiliche Zwecke ausgenutzt wurden und mangels Übersicht eine hohe Dunkelziffer in der Umwidmung abseits der Corona-Ansteckungsverfolgung zu erwarten ist, dann belegt das alle Befürchtungen: Daten, die Bürger freiwillig für den Virusschutz geben, werden missbraucht“, sagte die fraktionslose Abgeordnete. „Sogar um nur Ordnungswidrigkeiten zu verfolgen.“ Ein solcher Fall, den die Bußgeldstelle der Innenbehörde mitteilte, geht auch aus der Senatswort hervor.
„Das widerspricht dem von Tschentscher, Grote & Co in Anspruch genommenen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“, monierte Treuenfels-Frowein. „Es wird bei Gastwirten wie Gästen das Vertrauen in die Nutzung der Gästelisten mindern.“ Am Ende werde der Virusverbreitung ausgerechnet in Zeiten wieder ansteigender Infektionszahlen Vorschub geleistet, um Verkehrssündern oder anderen schwarzen Schafen auf die Spur zu kommen.“ Der Senat betonte in seiner Antwort, die Hamburgische Sars-CoV-2-Eindämmungsverordnung erlaube in gewichtigen Einzelfällen, die Gästelisten bei Ermittlungen zu nutzen.
Ein Polizeisprecher schilderte auf dpa-Anfrage einen der Hamburger Fälle von Ende Juni: Ein Mann habe in dem Park Planten un Blomen mehrere Menschen mit einem Messer bedroht. 13 versuchte gefährliche Körperverletzungen seien gezählt worden. Glücklicherweise sei aber niemand verletzt worden. Bei der Verfolgung hätten Zeugen in einem Lokal wichtige Hinweise gegeben, wohin der Mann weggelaufen sei. So sei die Festnahme gelungen.
Als Beamten später zu dem Lokal zurückkamen, um von den Zeugen mehr zu erfahren, seien sie nicht mehr da gewesen. Deshalb habe man die Gästeliste benutzt, um die Zeugen für eine Befragung zu finden und zu klären, ob es noch weitere Opfer gab. „Es stand eine Straftat von besonderer Bedeutung im Raume“, erklärte der Polizeisprecher.
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Lesen Sie hier den Corona-Newsblog vom Freitag, 31. Juli 2020