Hamburg. Hamburgs Verfassungsschutzchef Voß beklagt eine “unglaubliche Enthemmung“ im Netz. Wann die AfD zum Beobachtungsfall wird.

Der Hamburger Verfassungsschutz sieht im Rechtsextremismus „derzeit die größte Gefahr für unsere Demokratie“. Das sagte Verfassungsschutzchef Torsten Voß im Abendblatt-Interview. Eine neue Spezialeinheit des Nachrichtendienstes zur Aufklärung des digitalen Rechtsextremismus stoße bei Recherchen im Netz auf Menschen, die in der „realen Welt kaum oder gar nicht mehr präsent sind, aber in der virtuellen Welt immer präsenter werden“.

Voß warnt: „Was mich sehr beunruhigt, ist, dass wir eine unglaubliche Enthemmung feststellen. Wir gehen mit dem Ziel ins Netz, Rechtsextremisten zu detektieren. Wir stoßen dabei auf ... Menschen, die wir bis dato gar nicht kannten – und die man deshalb auch der rechtsextremistischen Ideologie nicht zuordnen konnte. Und diese Menschen posten auf einmal rechtsextremistisches Gedankengut oder übelste Gewaltfantasien.“ Der Nachrichtendienst geht verstärkt gegen solche rechtsextremistische Bestrebungen vor.

Nachdem auch in Hamburg Mitglieder des sogenannten Flügels der AfD ins Visier genommen wurden, könnte die Partei selbst unter Druck geraten. „Wir haben nicht nur bundesweit, sondern auch in Hamburg Anzeichen, dass sich die AfD möglicherweise weiter in Richtung Rechtsextremismus entwickeln könnte“, so Voß. Der „Flügel“ um Björn Höcke und Andreas Kalbitz wird bereits vom Verfassungsschutz mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet.

Verfassungsschutz hat Hamburger AfD-Mitglieder im Blick

Man habe festgestellt, dass es auch in „Hamburg AfD-Mitglieder gibt, die den rechtsextremistischen ,Flügel‘ unterstützen, vor allem aus dem Bezirksverband Mitte. Wir beobachten die Entwicklung sehr genau“, sagte Voß. Man habe „einige Menschen im Fokus“. Wenn man etwa feststelle, dass der Einfluss des ,Flügels‘ auf die „Gesamt-AfD steuernd und entscheidend wird, dann wird der Verfassungsschutz die Gesamtpartei in Hamburg beobachten“, so Voß.

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Der Verfassungsschutz beschäftigt sich auch mit dem Verhältnis der Partei zur Identitären Bewegung. Zu dieser rechtsextremistischen Gruppierung habe die AfD in der Bürgerschaft parlamentarische Anfragen gestellt. „Wenn man sich manche Formulierungen der AfD darin anschaut, könnte man die Anfragen auch als Fanpost direkt an die Identitäre Bewegung senden“, so Voß.