Hamburg. E-Bikes und Lastenräder sind in der Corona-Zeit besonders gefragt. So können Sie die teuren Räder vor Dieben schützen.

Der Rahlstedter Fahrradhändler Felix Lange (42) arbeitet derzeit 70 bis 80 Stunden pro Woche. Er und seine Mitarbeiter haben alle Hände voll zu tun. Denn sein Unternehmen erlebt seit dem Ende des Corona-Lockdowns einen ständigen Kundenansturm. Sie wollen ihr Fahrrad reparieren lassen oder ein neues kaufen. „Ich hätte es niemals für möglich gehalten, dass wir die Verluste durch die Schließung längst wieder aufgeholt haben“, sagt er. Die Zuwachsrate liege „gut zweistellig“ über dem Vorjahr.

Interessierten sich die Kunden nach den ersten Corona-Lockerungen für preiswerte City- und Trecking-Räder bis maximal 600 Euro, investieren sie jetzt ihr Geld in teurere E-Bikes und batteriebetriebene Lastenräder. Jene Vehikel, die Lasten, Kinder und Hunde transportieren können, sind der neue Trend. Die beliebten Drahtesel stehen unter Strom: E-Bikes gibt es inzwischen als flinke Sprinter, mit leichteren Motoren und eben auch als nützliche Lastenräder.

Hamburgs Fahrradhändler haben volle Auftragsbücher

Mit vielfältigen Innovationen befindet sich also die Branche krisensicher auf der Überholspur. „Hamburgs Fahrradhändler haben spätestens nach dem Ende des Lockdowns rappelvolle Auftragsbücher“, sagt Dirk Lau, Sprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Weil Politik und Medien das Rad in der Corona-Pandemie als das cleverste, gesündeste und klimafreundlichste Verkehrsmittel der Stadt benannt hatten, seien viele Hamburger jetzt auf das Rad umgestiegen, so Dirk Lau.

Die Folgen bringt Felix Lange, Chef des 1933 gegründeten Zweiradfachgeschäfts Max Lange, zugespitzt so auf den Punkt: „Es gibt derzeit fast keine Fahrräder mehr.“ Kinderräder und Gravel Bikes seien inzwischen rar. Und auch bei den E-Bikes sei längst nicht jedes gewünschte Produkt sofort zu bekommen. Vor allem die Lastenräder der gängigen Hersteller wie Babboe seien besonders gefragt, berichten die Unternehmer Alexander und Klaus Robert von Waldow.

Förderprogramm für Lastenräder ist ein „absoluter Hit“

Die zwei Brüder sind mit den beiden Geschäften ihrer Firma Trankvile in Hamburg-Altona und Kiel Spezialisten für Elektrofahrzeuge. „Viele junge Familien entscheiden sich bewusst für ein Lastenrad, um ihren Beitrag für den Klimaschutz zu leisten“, sagen sie. Lastenräder seien dafür geeignet, bequem Einkäufe in der Stadt zu erledigen, Kinder in die Kita zu fahren oder „den Hund zum Park“. Wer ein solches Rad kauft, bekommt sogar Geld vom Staat. Seit Anfang Juni fördert das Land Schleswig-Holstein den Kauf eines Lastenrades im Rahmen des Klimaschutz-Förderprogramms mit bis zu 400 Euro.

In Hamburg konnten interessierte Radfahrer, die ein Lastenrad kauften, bislang ebenfalls eine staatliche Förderung erhalten – 33 Prozent des Kaufpreises. Das Förderprogramm „Moin Zukunft“ sei ein „absoluter Hit“, heißt es beim ADFC, der neben einer Verlängerung des Projekts vor allem eine Infrastruktur fordert, die lastenradtauglich ist. Händler berichten derweil, dass sich die Kunden von den hohen Preisen der ab 4000 Euro teuren und mit einem Elektromotor ausgestatteten Lastenräder nicht abschrecken lassen. Ähnlich ist das auch bei den E-Bikes. Während die meisten Käufer älter als 50 Jahre sind, begeistern sich inzwischen immer mehr junge Leute für die schicken Pedelecs. „Bereits Schulkinder erhalten ein E-Bike“, sagt Felix Lange. „Und das gibt es schon ab 24 Zoll.“

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Die Serie:

  • 20. Juli: Trends und Neuheiten auf dem Fahrradmarkt
  • 22. Juli: Interview mit Stadtentwicklungsforscher Prof. Jörg Knieling
  • 24. Juli: Werkstatt für historische Fahrräder
  • 25. Juli: Die schönsten Radtouren in und um Hamburg
  • 28. Juli: Vorkämpfer für Radverkehr: Die Critical-Mass-Bewegung
  • 30. Juli: Die Fibel der Verkehrsregeln für Radfahrer
  • 31. Juli: Wie ein besseres Miteinander auf der Straße gelingt
  • 1. August: Vom Glück und Unglück, in Hamburg Rad zu fahren

Auch bei den Helmen gibt es Innovationen

Gefragt seien diese Räder bei Kindern und Jugendlichen wegen der Coolness und der Schnelligkeit. Die Leistungsfähigkeit der Akkus – zwei Drittel der E-Antriebe stammen von der Firma Bosch – wächst stetig. Die neue Power­Tube 625 versorgt die E-Bike-Fahrer auch bei längeren, bergigen Touren mit Energie und ist in 3,7 Stunden voll aufgeladen. Mit dem Boom der Pedelecs wird die Digitalisierung immer wichtiger. GPS-Ortung und Diebstahlschutz komplettieren die Innovationen.

„Auch bei den Helmen gibt es eine Menge von neuen Entwicklungen“, berichten Alexander und Klaus Robert von Waldow. So werden neben farbenfrohen Fahrradhelmen mittlerweile viele Helme mit integrierten Blinkern, Bremslicht und Bluetooth-Anbindung für Mikrofon und Lautsprecher angeboten. Der Airbag-Helm der schwedischen Firma Hövding wird sogar als Schal getragen. Dieses Produkt sei für Leute gedacht, die keinen Helm auf dem Kopf tragen mögen. Darüber hinaus gibt es neue Produkte auf dem Markt der Fahrradschlösser.

Schlösser, die sich per Smartphone öffnen lassen

Die Elektronik, so Dirk Lau vom ADFC, sorge für einige Neuerungen. So gebe es Schlösser, die sich per Smartphone öffnen lassen, und GPS-Tracker, mit denen sich gestohlene Fahrräder verfolgen lassen. Wer sich bei so vielen Innovationen noch in dieser Saison für den Kauf eines E-Bikes entscheidet, sollte das Fahrzeug ausgiebig zur Probe fahren – und den Helm ebenfalls, raten die Fahrradhändler. Die Hersteller und Verkäufer stellen sich auf weiterhin großes Interesse bei den Kunden ein.

Die Folgen spürt der Rahlstedter Fahrradhändler Felix Lange am eigenen Leibe: Während er früher privat rund 10.000 Kilometer mit den eigenen Rädern unterwegs war, sei das „jetzt aus Zeitgründen nicht mehr viel“. Aber immerhin – mit seinen Kindern schwingt sich Vater Lange in seinem Wohnort Großhansdorf immer wieder aufs Rad.

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Das Hamburger Abendblatt hat ein eigenes Magazin zum Thema „Hamburg mit dem Rad“ herausgebracht: 108 Seiten, 9 Euro (Treuepreis 7 Euro). Erhältlich in der Abendblatt-Geschäftsstelle am Großen Burstah 18–32 unter Telefon 040/333 66 999, unter abendblatt.de/magazine und bei Amazon.