Hamburg. Die Kaderanalyse zeigt auf, in welchen Bereichen der FC St. Pauli dringend Verstärkungen benötigt – und wo ein Abschied ratsam wäre.

Einen neuen Trainer finden, eine leistungsstärkere Mannschaft zusammenstellen und dabei weniger Geld als bisher ausgeben – das ist, sehr knapp zusammengefasst, der Aufgabenkatalog, den St. Paulis Sportchef Andreas Bornemann in den kommenden Tagen und Wochen abzuarbeiten hat. Die Analyse des Kaders, wie er sich zum jetzigen Zeitpunkt darstellt, zeigt auf, welche Defizite auf den einzelnen Positionen zu beheben sind. Im Gegenzug scheint für andere Spieler ein Abschied ratsam.


Tor:
Robin Himmelmann, der in seine neunte Saison bei St. Pauli geht und sich zuletzt beim Abfangen von Flanken leicht verbessert hat, ist ein zuverlässiger Rückhalt für das Team. Sein Vertrag läuft noch ein Jahr. Ein Fragezeichen steht hinter seinem Herausforderer Svend Brodersen, der sich nach überstandener Schulterverletzung jetzt reif fühlt, als Nummer eins zu spielen.

„Vielleicht will er dann auch weg“, sagt Sportchef Bornemann. Bisher kam der frühere U-21-Nationalspieler erst in zwei Profimatches zum Einsatz, beim 1:4 in Köln und beim 1:2 in Kiel jeweils in der Rückrunde 2018/19. Sollte Brodersen gehen, wäre eine Fortsetzung des Engagements von Korbinian Müller, dessen Vertrag ausgelaufen ist, wahrscheinlich. Dritter Keeper soll ein Nachwuchsmann werden. Leon Schmidt war bereits mit den Profis im Trainingslager und häufiger im Training dabei.

Außenverteidiger: Auf der rechten Seite stehen Luca Zander und Sebastian Ohlsson als potenzielle Stammkräfte bereit, wobei Ohlsson auch links, als Innenverteidiger einer Dreierkette und als „Sechser“ eingesetzt werden kann. Jakub Bednarczyk ist derweil ein Kandidat für eine Leihe oder einen Wechsel. Bei der Besetzung der linken Außenverteidigerposition muss der neue Trainer entscheiden, ob er den von Jos Luhukay zum Innenverteidiger umgeschulten Daniel Buballa eher auf dessen angestammter Position links hinten sieht. Bleibt Buballa Innenverteidiger, besteht dringender Handlungsbedarf, da Talent Mert Kuyucu noch zu unerfahren ist.


Innenverteidiger:
Auch für den Fall, dass die bisherigen Leihspieler Leo Östigard und James Lawrence, die noch nicht offiziell verabschiedet wurden, nicht zurückkommen, ist das Team mit Christopher Avevor, Philipp Ziereis und eventuell Daniel Buballa gar nicht so dünn besetzt, zumal auch Talent Marvin Senger zuletzt durchaus Potenzial bewiesen hat. Zur Verfügung steht zudem Florian Carstens. Er ist aber auch ein Kandidat für ein Leihgeschäft.

Ein gestandener, körperlich stabiler Innenverteidiger täte der Defensive gut, wenn Östigard nicht wieder zu bekommen ist. Da dessen Stammverein Brighton & Hove Albion inzwischen sehr gute Chancen auf den Klassenverbleib in der englischen Premier League hat, scheint ein erneutes Leihgeschäft für St. Pauli nicht ausgeschlossen. Eine Option ist weiterhin, dass Marvin Knoll wie bis vor zwei Jahren in Regensburg aus dem Mittelfeld eine Position nach hinten rückt.

Zentrales Mittelfeld: Aktuell stehen hier als „Sechser“, „Achter“ und „Zehner“ Marvin Knoll, Finn Ole Becker, Rico Benatelli und Christopher Buchtmann als potenzielle Stammspieler zur Verfügung. Die großen Probleme bei diesem Quartett: Defizite in der Torgefahr, der körperlichen Präsenz (außer Knoll) und beim Tempo (außer Becker). Dringend nötig wäre ein Spielertyp wie Bielefelds Manuel Prietl (1,87 m) oder Heidenheims Sebastian Griesbeck (1,89 m) für das defensive Mittelfeld. Dazu sollte ein torgefährlicher „Zehner“ kommen. Vertragsverlängerungen mit Johannes Flum und Waldemar Sobota scheinen derzeit unwahrscheinlich. Die Talente Christian Viet und Maximilian Franzke können weiter an den Profifußball herangeführt werden und punktuell Akzente setzen.

Lesen Sie auch:

Park macht einen Platz frei – weitere Abgänge könnten folgen

Trotz Corona: FC St. Pauli verkauft alle 15.500 Dauerkarten

Der FC St. Pauli sucht einen Trainer für Offensivfußball


Offensive Außenbahnen:
Hier gehört ein gesunder Ryo Miyaichi zu den besten Spielern der Liga. Daneben stehen nach dem Abgang Christian Contehs (Feyenoord Rotterdam) aktuell nur der bisher nicht überzeugende Kevin Lankford und der sehr schnelle Aurel Loubongo, der in den Profikader aufgerückt ist, unter Vertrag. Ein Pendant zu Miyaichi mit Erfahrung und Torgefahr ist dringend vonnöten. Dazu sollte der Vertrag mit Eigengewächs Luis Coordes verlängert werden.


Sturm: Nach dem Abgang von Dimitrios Diamantakos und dem Leihende von Viktor Gyökeres sind hier nur noch Henk Veerman sowie der enttäuschende und torlose Boris Tashchy unter Vertrag. Sportchef Bornemann muss gleich zwei Angreifer verpflichten, besser noch drei, wenn er einen Abnehmer für Tashchy findet. Die Rückkehr von Gyökeres aus Brighton scheint immerhin möglich.


Fazit: Größter Handlungsbedarf für Sportchef Andreas Bornemann besteht darin, Verstärkungen für den Angriff zu verpflichten. Dazu braucht das Mittelfeld neue Spieler mit körperlicher Präsenz und Torgefahr, die ebenso auf den offensiven Außenbahnen nötig ist.