Hamburg. Abendblatt-Aktion „Seid nett zueinander“: Das Engagement reicht von Hausaufgabenhilfe bis Einkauf für die älteren Nachbarn.

Es geht immer ums Geld bei Anja Kaltschmidt. Natürlich nur rein beruflich. Kredite, Aktien, Fonds. Seit mehr als 20 Jahren. So lange arbeitet die 42-Jährige nämlich schon bei der Hamburger Sparkasse, seit einigen Jahren berät sie an drei Tagen in der Woche Kunden in der Duvenstedter Filiale.

Doch während der Monate der Corona-Pandemie ging es, noch mehr als sonst, um andere Werte. Um jene, die unbezahlbar sind: Zusammenhalt, Gemeinschaft, Nachbarschaftshilfe. Das ältere Ehepaar, das in Henstedt-Ulzburg, wo Anja Kaltschmidt mit Ehemann Jörg, der in der Haspa-Zentrale im Private Banking tätig ist, und den beiden Kindern seit elf Jahren lebt, nur ein paar Häuser weiter wohnt, das kannte man vom Sehen, vom schnellen Gruß über die Straße. Zu „Ersatz-Großeltern“ wurden Brunhild und Wilfried Graupner aber in den Wochen, in denen ein Virus die ganze Welt veränderte.

Corona-Pandemie: Kontakt auch nach den Lockerungen

„Da beide fast 80 Jahre alt sind und damit zur sogenannten Risikogruppe zählen, habe ich sofort angeboten, den Einkauf für die beiden zu erledigen“, erzählt Anja Kaltschmidt. Sie sei ja ohnehin für den Familieneinkauf in den Supermarkt gefahren, das sei dann doch selbstverständlich. Genau wie der Geburtstagskuchen, aus Schokolade mit vielen bunten Kerzen, den sie am 21.
April für Wilfried Graupner, als Überraschung gebacken und nach nebenan gebracht habe. Der Nachbar sei ganz auf sich gestellt gewesen an seinem Ehrentag, seine Frau Bruni, herzkrank, habe einige Tage im Bett verbringen müssen. „Die Tochter der Graupners, die in Kiel lebt, hat Kontakt zu uns aufgenommen und war sehr dankbar, dass wir uns in dieser schwierigen Phase so gut um ihre Eltern gekümmert haben“, sagt Anja Kaltschmidt.

Anja Kaltschmidt (l.) hilft  Bruni und Wilfried Graupner.
Anja Kaltschmidt (l.) hilft Bruni und Wilfried Graupner. © Anja Kaltschmidt | Anja Kaltschmidt

Die Beziehung wurde schnell innig – von beiden Seiten aus. Denn als die Corona-Maßnahmen vorsichtig gelockert wurden und auch Anja Kaltschmidt wieder nach Duvenstedt in die Haspa-Filiale fuhr, half Bruni Graupner. Sie machte Nudelauflauf für die Kinder, um die arbeitende Mutter zu entlasten, sie reichte Kuchen rüber, um den Nachbarn eine Freude zu machen. „Es ist ein Geben und Nehmen“, sagt Anja Kaltschmidt. Und ihre zehnjährige Tochter und der siebenjährige Sohn, die hätten jetzt noch eine weitere Oma und einen weiteren Opa. „Drei Großeltern! Wer hat das schon“, sagt Anja Kaltschmidt.

Viele der 5000 Haspa-Mitarbeiter engagieren sich ehrenamtlich

Sie ist nur eine von rund 5000 Haspa-Mitarbeitern, die sich während der Corona-Krise und in einer Zeit, die ohnehin für die Hamburger Sparkasse angesichts geplanter Umstrukturierungen herausfordernd ist, besonders engagiert haben. Bescheiden und leise. Aber nicht unbemerkt. „Viele unserer Mitarbeiter stellen sich in beeindruckender Weise ehrenamtlich in den Dienst anderer Menschen und sorgen für Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Sie machen ihre Nachbarschaft, Hamburg und unsere Welt damit einfach ein Stück besser“, sagt Harald Vogelsang, Vorstandssprecher der Hamburger Sparkasse.

Coronavirus – die Fotos zur Krise

Um diesen Einsatz zu würdigen, vergebe die Haspa jedes Jahr an zehn Kollegen den „Haspa-Ehrenamtspreis“. Ganz ausgezeichnet ist auch der Einsatz von Sandra Korb, die seit 1994 bei der Haspa tätig ist und in der Zentrale am Wikingerweg im internen Vertriebsmanagement arbeitet.

Hausaufgabenhilfe für Kinder mit Migrationshintergrund

Seit fünf Jahren schon engagiert sich die Eilbekerin im Familienzentrum der SOS-Kinderdörfer in Dulsberg. Einmal in der Woche half sie Kindern, von denen viele einen Migrationshintergrund haben, bei den Hausaufgaben. Vor gut anderthalb Jahren kam sie auf die Idee, eine Kochgruppe für Kinder zu gründen. Sie schnitt mit den Kleinen Gemüse, klärte über gesunde Ernährung auf und zeigte den jungen Teilnehmern, wie viel Freude es macht, gemeinsam zu kochen und anschließend auch zusammen zu essen.

„Dieses Angebot konnte ich in der Corona-Zeit aber natürlich leider nicht aufrechterhalten“, sagt Sandra Korb. Aber sie habe doch weiterhin unbedingt etwas tun wollen. „Irgendwann rief Sandra Korb mich an und fragte, wie sie sich denn auch in diesen schwierigen Wochen einbringen könne“, erinnert sich Claudia Töllner, Koordinatorin des Projekts Stadtteilmütter im SOS-Familienzentrum, einem Hilfsangebot von Frauen für Frauen im Stadtteil.

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Schnell kam die Idee auf, den Kindern mit einer Bastelarbeit gegen die Langeweile zu helfen. Sandra Korb kaufte alle Materialien ein und erstellte eine Anleitung, wie man aus einer Toilettenpapierrolle und einigen anderen Bastelutensilien einen Osterhasen zaubern könne. „Das war ein ganz süßer Einfall“, sagt Claudia Töllner. „Es müssen nicht immer die ganz großen Dinge sein, die Großes auslösen.“ 15 Kindern habe sie die von Sandra Korb liebevoll zusammengestellten Basteltüten vor die Tür gestellt.

Hilfe beim Einkaufen für ältere Menschen

Und auch die Hausaufgabenbetreuung hat Sandra Korb wieder aufgenommen – wegen der geltenden Abstandsregeln aber natürlich als 1:1-Projekt: Zweimal in der Woche unterstützt sie den achtjährigen Leon bei den Schulaufgaben. „Wir sind richtig gute Freunde geworden“, sagt Sandra Korb. „Wir mögen uns sehr, hatten gleich einen Draht zueinander und vielleicht war auch deshalb der Lernerfolg schnell da.“

Sehr schnelle Hilfe hat auch Anja Maselkowski (52) geleistet, die seit 2002 im Haspa-Unternehmensbereich Personal arbeitet. Am 18. Mai, mitten in der Corona-Krise, musste sie aber nicht ins Büro und wollte für sich und ihre 14-jährige Tochter Jara schnell Croissants im nahe gelegenen Rewe-Markt an der Jarrestraße besorgen. Vor den Einkaufswagen habe sich eine kleine Warteschlange gebildet. „Zuerst war auch ich etwas genervt, sah dann aber, wie ein älterer Herr mit seinem Gehstock, dem Einkaufswagen und seinem Einkaufstrolley kämpfte und es deshalb nicht voranging“, sagt Anja Maselkowski. Sie habe dem Herrn sofort geholfen, während viele andere Einkäufer einfach zuschauten. „Als ich dann gesehen habe, wie schwer er eingekauft hatte, habe ich kurzerhand mein Auto geholt, den Herrn nach Hause gefahren und seine Tüten in den vierten Stock getragen.“

Sie hätte selbstverständlich weiterhin für den älteren Herrn, dessen Namen sie nicht erfragt habe, die Einkäufe erledigt. „Aber er hat mir glaubhaft versichert, dass er jemanden hat, der das normalerweise für ihn tut.“ Zu Hause habe sich Tochter Jara schon gesorgt, wo ihre Mutter so lange bleibe. „Beim gemütlichen Frühstück habe ich es ihr dann ausführlich erzählt. So gab es nebenbei noch eine kleine Homeschooling-Lektion in Sachen Hilfsbereitschaft.“

Coronavirus: Das sollten ältere Hamburger beachten:

  • Meiden Sie soziale Kontakte so weit wie möglich
  • Halten Sie Kontakt mit Ihren Freunden und Ihrer Familie über Telefon, Brief, soziale Netzwerke oder Skype
  • Besuchen Sie keine Freizeitveranstaltungen
  • Meiden Sie den öffentlichen Personennahverkehr
  • Meiden Sie unbedingt den Kontakt zu Enkelkindern
  • Halten Sie persönlichen Abstand von mindestens zwei Metern
  • Geben Sie niemandem die Hand, und umarmen Sie niemanden
  • Gehen Sie nicht in eine Arztpraxis, sondern rufen Sie bei Bedarf dort an, und besprechen Sie das weitere Vorgehen
  • Wenn möglich, gehen Sie nicht in Apotheken, sondern lassen Sie sich benötigte Medikamente nach Hause liefern
  • Nutzen Sie Lieferdienste von Supermärkten
  • Nehmen Sie gern Hilfe oder das Angebot von Botengängen aus der Nachbarschaft und Familie an
  • Gehen Sie gern eine Runde spazieren. Wenn Sie dabei Bekannte treffen: Denken Sie daran, Abstand von zwei Metern zu halten
  • Waschen Sie sich regelmäßig und gründlich die Hände