Hamburg. Forscher des UKE wollen herausfinden, wie viele Mädchen und Jungen mit dem Coronavirus infiziert sind und wie schwer.

Zunge raus und mit dem extralangen Wattestäbchen in den Rachen. Einmal noch jeweils in beide Nasenlöcher und dann ein wenig Blut abnehmen. Die beiden Ärztinnen in ihren grünen Schutzkitteln, mit Visier und FFP2-Maske vor Viren geschützt, mögen ein wenig Respekt einflößend aussehen, sie sind aber nett und vorsichtig. Ja, es gibt Angenehmeres für die Kinder, die derzeit an der Studie zur Häufigkeit und Schwere von Coronavirus-Infektionen bei Kindern teilnehmen. Aber sie tun Gutes.

Denn die Ergebnisse der Studie C19CHILD Hamburg des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE) sollen später helfen, sowohl die medizinische Versorgung von an Sars-CoV-2 erkrankten Kindern und Jugendlichen gezielter anzupassen als auch besser entscheiden zu können, welche präventiven Maßnahmen im Rahmen der Pandemie sinnvoll sind – Stichwort Schul- und Kitaschließungen. Sind Kinder und Jugendliche Superspreader, also Virenschleudern oder eben nicht? Wie gefährdet sind Kinder wirklich?

Bis zu 200 Kinder und Jugendliche kommen täglich ans UKE

Glück gehabt: An diesem Nachmittag ist wenig los, keine Wartezeit unter dem provisorisch aufgebauten Pavillon vor der Studienambulanz. Bis zu 200 Kinder und Jugendliche kommen täglich ans UKE und in die an der Studie beteiligten anderen Hamburger Kinderkliniken. Vor der Blutabnahme und dem Nasen- und Rachenabstrich gilt es, Fragebögen und Einverständniserklärungen auszufüllen. Es geht um Vorerkrankungen, um die körperliche und um das seelische Befinden jetzt und zu Beginn der Pandemie, als Kitas und Schulen geschlossen waren, wie kommen Eltern und Kinder mit den Abstandsregelungen zurecht, machen sie sich Sorgen um die eigene Gesundheit oder die des Kindes? Wie groß ist der Leidensdruck in dieser für alle ungewohnten Situation? Und schließlich geht es am Ende darum, ob das Kind bereits mit dem Coronavirus Kontakt hatte, und darum, einen möglichst breiten Überblick über mögliche „stille“, also fast unbemerkte Infektionen mit dem Virus zu erhalten.

Der Wattebausch sei extra weich, hatte Professorin Ania Carolina Muntau, die Direktorin der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin des UKE, noch versprochen. Denn begeistert ist Emmie (12) über das Gebohre in Nase und Mund nicht. Das war ihr größter Horror, kannte sie den Rachenabstrich doch schon von einer Grippeerkrankung vor Jahren. Dass es dann aber so schnell über die Bühne ging, hätte sie nicht gedacht. Sie und ihre 14 Jahre alte Schwester Lina stellen sich für die Forschung zur Verfügung.

Bisher haben 2600 Kinder und Jugendliche mitgemacht

20 Minuten, und schon sind sie fertig mit dem Prozedere. Es könnten noch mehr Teenager zwischen 14 und 18 Jahren an der Studie teilnehmen, sagt die Leiterin der Studie, Professorin Muntau. Sie seien noch ein wenig Mangelware. Momentan kämen besonders viele Eltern mit Babys und Kleinkindern, um diese testen zu lassen. Und bei den meisten schwingt wohl auch immer ein wenig die Hoffnung mit, dass das eigene Kind unbemerkt und ohne Schäden bereits eine stille Infektion gehabt hat und damit im besten Fall immun gegen Sars-CoV-2 ist.

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Bis zu 6000 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen null und 18 Jahren sollen innerhalb von sechs Wochen getestet werden. Jetzt ist gerade Halbzeit, die dritte Studienwoche ist fast rum, und Stand Mittwoch haben 2600 Kinder und Jugendliche mitgemacht. „Bei 3000 können wir mit den Statistikern eine Zwischenauswertung machen“, so Muntau. „Es könnte sein, dass wir dann schon unsere Fragen beantwortet haben.“

Haben chronisch kranke Kinder ein größeres Risiko für einen schweren Verlauf

Was die Forscher bewegt, ist, herauszufinden, wie häufig Kinder und Jugendliche mit dem neuartigen Corona-virus infiziert sind und wie schwer. „Zugleich wollen wir erforschen, wie groß das Risiko einer Verbreitung des neuartigen Coronavirus durch asymptomatische Kinder ist und ob chronisch kranke Kinder ein größeres Risiko für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Infektion haben als gesunde Kinder“, sagt Professorin Muntau. In einer ersten Phase sollen zunächst über einen Zeitraum von sechs Wochen Daten zur Häufigkeit von Covid-19-Infektionen bei Kindern und Jugendlichen erhoben werden.

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Dabei sollen die Daten von nicht vorerkrankten Kindern und Jugendlichen mit Daten von pädiatrischen Risikogruppen verglichen werden, also Kindern, die unter anderem an Krebs erkrankt sind oder Kinder nach Stammzell- oder Organtransplantationen. „Es geht auch darum herauszufinden, wie viele Sorgen sich die Eltern dieser vorerkrankten Kinder tatsächlich machen müssen.“

Follow-up-Phase über sechs Monate

Sollten die Abstriche und der Antikörpertest von Lina und Emmie ergeben, dass sie sich unbemerkt mit Sars-CoV-2 infiziert haben, wenn sie also positiv getestet werden, werden sie in einer Follow-up-Phase sechs Monate lang begleitet. Dabei werden die immunologischen und biochemischen Folgen der Interaktion des Virus mit dem Immunsystem erforscht sowie Risikogruppen unter chronisch kranken Kindern identifiziert. „Bei den positiv Getesteten gehen wir dann in die Tiefe“, so Muntau. Die Betroffenen können schon am darauffolgenden Tag vom UKE Bescheid bekommen, ob der Test positiv war. Die Diagnostik macht das UKE in drei Schichten täglich selbst, um die Testkapazitäten für alle Hamburger nicht einzuschränken.

Wer an der Studie teilnehmen möchte, kann jeden Tag von 10 bis 18 Uhr ohne Termin ins UKE kommen, sonnabends von 10 bis 14 Uhr.

Alle Informationen zur Studie gibt es unter www.c19child.de