Hamburg. Immobilienkonzern immer wieder in der Kritik. Im Januar kassierte Landgericht eine Mieterhöhung. Jetzt spricht Nord-Chef Dirk Brunnert.

Mit rund 400.000 Wohnungen an etwa 400 Standorten in Deutschland ist die Vonovia das größte deutsche Immobilienunternehmen. Doch der Konzern sorgt auch immer wieder für Negativ-Schlagzeilen. Erst im Januar erklärte das Landgericht Hamburg eine Modernisierungserhöhung für unzulässig, laut Mieterverein sind viele Fälle ähnlich gelagert. Bislang hat die Vonovia sich dazu nicht geäußert. Jetzt spricht Dirk Brunnert, Geschäftsführer Nord des Konzerns.

Hamburger Abendblatt: Herr Brunnert, wer bei Google die Begriffe Vonovia und Ärger eingibt, erhält mehr als 28.000 Einträge. Wie in anderen Städten haben sich auch in Hamburg Vonovia-Mieter organisiert, um sich gegen ihren Vermieter zu wehren. Warum hat Vonovia so ein schlechtes Image?

Dirk Brunnert: Wir stellen uns sachlicher Kritik. Und wir gehen damit kon­struktiv um. In der Vergangenheit arbeitete die Wohnungswirtschaft anders, und auch wir hatten schwierige Themen. Seitdem hat sich aber die Branche und eben auch Vonovia sehr in Richtung Kunde und Gesellschaft verändert. Und auch wir haben viele gute Dinge umgesetzt, von denen unsere Mieter heute profitieren.

Ein großer Teil Ihrer Wohnungen gehörte früher der Gagfah und der Deutschen Annington, die diese Bestände wiederum von Kommunen und Unternehmen wie RWE oder Allianz erwarben. Gagfah und Deutsche Annington hatten nur ein Ziel: Möglichst schnell hohe Gewinne für Heuschrecken einzufahren.

Brunnert: Ich habe 2012 als Mitarbeiter der Gagfah die Schlussphase dieser Private-Equity-Gesellschaften …

… also Kapitalgesellschaften …

Brunnert: … miterlebt. Schon damals haben die Unternehmen verstanden, dass sie sich für die Zukunft neu ausrichten müssen. Hin zu einem Unternehmen, das langfristig bezahlbaren, attraktiven und nachhaltigen Wohnraum für Menschen schafft und erhält.

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    Konflikte bleiben dennoch. Mit Ihren Niederlagen vor den Landgerichten in Bremen und Hamburg sorgten Sie für Schlagzeilen. Die Richter haben Ihre Modernisierungs-Mieterhöhungen für unzulässig erklärt. In dem Hamburger Verfahren im Januar ging es um eine Erhöhung von 113,02 Euro im Monat bei einer Wohnung in Rissen. Laut Mieterverein könnten Tausende Mieter nun auch Mieterhöhungen zurückfordern. Werden Sie Rechtsmittel gegen das Hamburger Urteil einlegen?

    Brunnert: In den Verfahren in Hamburg und Bremen ging es um formale Auflistungen in unseren Abrechnungen nach der Modernisierung. Es geht also nicht um die Modernisierung an sich und auch nicht darum, wie hoch die daraus folgende Mieterhöhung ist. Das Landgericht Hamburg hat nun leider die Revision nicht zugelassen. Dagegen wäre eine Beschwerde vor dem Bundesgerichtshof möglich, dies ist aber erst ab einem Streitwert von 20.000 Euro möglich, der in diesem Fall nicht erreicht wird. Aber grundsätzlich streben wir an, dass diese Frage höchstrichterlich entschieden wird, um Klarheit für alle Beteiligten zu erreichen. Unsere klare Botschaft lautet: Wir halten unser Vorgehen und unsere Schreiben für richtig.

    Jetzt müssen wir in die Details gehen. Laut Gesetz übernimmt der Vermieter alle Instandhaltungskosten, dazu zählen zum Beispiel der Austausch von Rohren oder die Reparatur einer Heizung. Umlegen auf die Mieter dürfen Sie nur Modernisierungskosten wie etwa den Austausch von Fenstern mit besserer Wärmedämmung. Das Gericht hat gerügt, dass Sie das vermischt haben.

    Brunnert: Wir sehen das anders. Wir trennen Modernisierung und Instandhaltung klar und sauber. Dies wurde uns auch von Gerichten in anderen Städten bestätigt. Unsere Schreiben umfassen aktuell jetzt schon rund 20 Seiten. Klar, wir könnten auch auf 100 Seiten bei jeder einzelnen Maßnahme noch mehr ins Detail gehen. Aber dient dies wirklich der Transparenz für die Mieter? Was wir bedauern, ist, dass das Gericht zwar sagt, was aus seiner Sicht nicht richtig ist, aber leider nicht, wie man dies heilen kann. So entsteht ein Problem für die gesamte Wohnungswirtschaft, denn das schafft Unsicherheit.

    Dirk Brunnert, Vonovia-Geschäftsführer Nord
    Dirk Brunnert, Vonovia-Geschäftsführer Nord © Alexander Mertsch/Vonovia

    Laut Mieterverein zu Hamburg sind etwa zwei Dutzend ähnlich gelagerte Fälle in Hamburg vor Gerichten anhängig. Warum lassen Sie sich nicht auf ein Gespräch mit dem Mieterverein ein? Im Abendblatt hat der Mieterverein diese Gesprächsbereitschaft signalisiert.

    Brunnert: Wir sind im Norden im regelmäßigen Austausch mit den Mietervereinen, auch in Hamburg. Auch zu diesem Thema haben wir uns getroffen. Wir haben außerdem vereinbart, dem Mieterverein maximale Transparenz zu schaffen und werden bei einem Projekt genau offenlegen, wie wir Modernisierung und Instandhaltung trennen. Dies wollen wir auch wissenschaftlich begleiten lassen. Keine Frage, wir wollen hier gemeinsam zu einer guten Lösung kommen.

    Geld ist ja auf jeden Fall da. Die Vonovia hat 2019 über 1,1 Milliarden Euro Gewinn gemacht. Bereichert sich der Konzern über Sanierungen auf Kosten der Mieter?

    Brunnert: Nein. Wir modernisieren unsere Bestände mit Augenmaß. Wir wissen, dass wir Modernisierungen heute nur mit Zustimmung der Mieter durchführen können. Wir müssen im Vorfeld den Mieter abholen. Und das tun wir auch – ich sehe das ja täglich hier in Norddeutschland. Wir dürfen nicht vergessen, dass es auch um die Erreichung der Klimaziele geht. Da spielt die Wohnungswirtschaft eine ganz wichtige Rolle.

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      Viele Ihrer Wohnungen liegen in wirtschaftlich problematischen Quartieren. Überfordern Sie diese Mieter finanziell mit Modernisierungen?

      Brunnert: Wir sind uns unserer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst. Obwohl rechtlich mehr erlaubt wäre, übersteigt bei Vonovia keine Mietmodernisierungserhöhung unsere Zwei-Euro-Grenze. Zumeist liegen wir deutlich darunter. In Steilshoop haben wir in ein Quartier 32 Millionen Euro investiert, davon 60 Prozent in die Instandhaltung, also allein zu unseren Lasten. Die durchschnittliche Mieterhöhung in diesem Quartier liegt bei 1,64 Euro pro Quadratmeter. Die Mieten entsprechen damit immer noch dem Hartz-IV-Satz.

      Ein weiterer Vorwurf betrifft die Nebenkosten. Diese seien häufig zu hoch, weil Sie Tochterfirmen mit Winterdienst, Gartenpflege oder Reparaturen beauftragen. So machen Sie auch bei den Nebenkosten noch einmal Kasse.

      Brunnert: Die Leistungen, die meine Kolleginnen und Kollegen für unsere Mieter erbringen, verursachen natürlich Kosten. Wir schreiben diese Dienstleistungen regelmäßig aus, denn auch unsere Tochterfirmen orientieren sich an Marktpreisen. Im Übrigen ist die billigste Lösung nicht immer die beste für unsere Kunden. Wir legen Wert auf Qualität und können bei eigenen Mitarbeitern eben auch nachsteuern – und davon profitieren unsere Mieter.

      Wie viele Mieter können durch Corona bedingte Einkommensausfälle ihre Miete nicht mehr zahlen?

      Brunnert: Wir haben direkt zu Beginn der Krise jeden Mieter angeschrieben, mit der Bitte sich zu melden, wenn es durch Corona finanzielle Probleme geben sollte. Dieses Signal war uns sehr wichtig: Niemand soll Angst haben, seine Wohnung zu verlieren, wenn er vorübergehend seine Miete nicht oder nicht in voller Höhe zahlen kann. Bisher haben sich bundesweit um ein Prozent unserer Mieter bei uns gemeldet. Mit ihnen sind wir jetzt im Gespräch.

      Die Lage könnte sich noch verschlimmern.

      Brunnert: Es ist möglich, dass sich diese Zahl bei der Mai-Miete erhöhen wird. Aber wir merken bisher in den Gesprächen mit diesen Mietern, dass wir gemeinsam zu einer guten Lösung kommen können.