Hamburg. Drei Menschen starben, fünf Mitarbeiter wurden infiziert, zwei Stationen geschlossen. Asklepios erhebt schwere Vorwürfe.

Im Asklepios-Klinikum Harburg ist es zu einem Ausbruch des neuartigen Coronavirus gekommen – weil möglicherweise ein Pflegeheim versäumt hat, das Krankenhaus umfassend über einen Verdachtsfall zu informieren. Das bestätigten der Klinikkonzern und die Gesundheitsbehörde auf Anfrage. Drei Patienten des Krankenhauses, bei denen das neuartige Coronavirus daraufhin festgestellt wurde, sind inzwischen verstorben. Eine der Toten soll Jahrgang 1970 sein. Auch fünf Mitarbeiter des Krankenhauses wurden positiv getestet, zwei Stationen geschlossen und insgesamt 48 Ärzte und Pfleger in Quarantäne geschickt.

Zuerst hatte "Der Spiegel" am Donnerstagmittag über den Ausbruch berichtet. Demnach könnten zwei älteren Patienten aus einem Pflegeheim in Wilhelmsburg den Erreger in die Klinik eingeschleppt haben. Am 1. und 2. April waren sie in das AK Harburg gebracht worden – einer von ihnen wurde daraufhin stationär in der Urologie, ein weiterer in der Thoraxchirurgie des Klinikums aufgenommen und teilweise ohne entsprechende Schutzausrüstung behandelt.

Wenige Tage zuvor war in dem Pflegeheim auch ein erster Covid-19-Fall bestätigt worden. Einer der in die Klinik gebrachten Männer wurde daraufhin erst am Morgen vor der Fahrt in das Krankenhaus ebenfalls auf den Erreger getestet, es lag jedoch noch kein Ergebnis vor. Ebenfalls am selben Tag meldete das Gesundheitsamt auch förmlich einen möglichen Ausbruch in dem Pflegeheim an das Robert-Koch-Institut (RKI).

Klinik erfuhr erst vier Tage nach Einlieferung von Corona-Fall

Nach Darstellung des Asklepios-Klinikums sei man jedoch erst am 6. April – also vier Tage nach der Aufnahme des Urologie-Patienten – über die Geschehnisse informiert worden. Erst dann sei auch das positive Testergebnis für die Patienten übermittelt worden. Man habe daraufhin alle Kontaktpersonen der Patienten in der Klinik auf das Coronavirus getestet.

Nach Abendblatt-Informationen hatten sich ein Arzt und vier Pflegekräfte bereits mit Corona infiziert. Neben den drei inzwischen Verstorbenen wurde das Virus auch bei einem vierten Patienten festgestellt, der ebenfalls auf eine entsprechende Spezialstation verlegt wurde. "Wir waren sehr erbost darüber, dass wir erst mit großer Verspätung von einer möglichen Covid-19-Infektion erfahren haben. Die Infektionskette hätte gar nicht erst entstehen müssen, wenn wir einen Hinweis auf einen Corona-Verdacht gleich bei Einlieferung bekommen hätten", sagte Asklepios-Sprecher Rune Hoffmann.

Corona-Infektion bekannnt? Asklepios widerspricht Pflegeheim

Gegenüber dem "Spiegel" betonte das Pflegeheim, eine Mitarbeiterin habe den Verdacht auf Covid-19 bei dem kurz zuvor getesteten Bewohner den Rettungssanitätern mitgeteilt, die ihn ins Krankenhaus brachten. Die vom Klinikum "dargestellten Infektionswege stellen eine nicht belegte Behauptung dar", wird der Träger des Heimes zitiert. Gegenüber dem Abendblatt wies der Asklepios-Sprecher Hoffmann dies energisch zurück. "Die Rettungswagenbesatzung ist nach Aussagen der Mitarbeiter eindeutig nicht informiert gewesen. Es steht auch nichts davon im Übergabeprotokoll des Patienten, wo ein Infektionsverdacht mit absoluter Sicherheit vermerkt worden wäre", sagte Hoffmann.

Am 9. April wurden die beiden betroffenen Stationen geschlossen und die negativ getetesten Patienten in anderen Räumen der Klinik weiterbehandelt. Ob und wann sich die Patienten und Mitarbeiter erst im Klinikum mit dem Virus infiziert haben, ist noch umstritten und kann laut dem Klinikum wegen der langen Inkubationszeit möglicherweise nicht abschließend geklärt werden. Unter den betroffenen Mitarbeitern ist aber etwa der Arzt, der den Urologie-Patienten operiert hatte.

Inzwischen seien nur noch zwei Mitarbeiter akut infiziert und die zwischenzeitlich in Quarantäne gestellten Ärzte und Pfleger zurück im Dienst. Alle erkrankten Mitarbeiter hätten nur leichte Symptome entwickelt. "Es ist zum Glück gelungen, die Situation gut zu handhaben und die Zahl der Infizierten stark zu begrenzen". so der Asklepios-Sprecher. Insgesamt seien im AK Harburg rund 2000 Mitarbeiter beschäftigt.

Behörde verweist auf Regeln für Kommunikation

Ein Sprecher der Gesundheitsbehörde sagte auf Anfrage, dass generell "im Normalfall" alle wichtigen Informationen in einem sogenannten Überleitungsbogen schriftlich vermerkt würden und dies eine Kommunikationsaufgabe zwischen Heimen und Kliniken sei. Aus dem Umfeld der Asklepios-Klinik heißt es, man habe nach Bekanntwerden des Ausbruchs auch darauf gedrängt, zukünftig bei Ausbrüchen in Pflegeheimen grundsätzlich und vorsorglich informiert zu werden.

Seit dem 20. April sind in Hamburg alle Pflegeheime auch rechtlich verpflichtet, einen Covid-19-Ausbruch bei jeder Verlegung von Bewohnern in Krankenhäuser selbst zu melden. Auch werden Bewohner, die in Krankenhäuser gebracht werden, regelhaft auf Covid-19 getestet.

Die CDU in der Bürgerschaft reagierte auf das Bekanntwerden des Ausbruchs mit scharfer Kritik an Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD). "Es ist nicht akzeptabel, dass über Wochen solche Vorfälle verheimlicht werden. Das muss auf die Tagesordnung des nächsten Corona-Ausschusses der Bürgerschaft", sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Stephanie Gramm. "Offenbar hat die Gesundheitssenatorin ihre Behörde nicht im Griff."

Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde

  • Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum, und halten Sie mindestens 1,50 Meter Abstand zu anderen Personen
  • Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
  • Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
  • Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
  • Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an Ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden