Viele Erinnerungen und Anmerkungen erreichten die Redaktion – eine Auswahl.

Die Serie „Stunde Null“ in Hamburg hat viele Reaktionen ausgelöst – die Redaktion erreichten weitere Erinnerungen von Lesern, aber auch Vergleiche zur heutigen Situation. Hier dokumentieren wie einige Stimmen.

Herzlichen Glückwunsch zu diesem Rückblick. Das war der erste Zeitungsartikel der letzten Monate, den ich Zeile um Zeile zu Ende gelesen habe. Zum Teil sehr bewegend. Dass diese schöne Stadt wiederaufbaufähig geblieben und nicht völlig in Trümmern mit vielen zehntausenden Toten versunken ist, haben wir also zu einem Gutteil der Vernunft des Bayern Alvin Wolz zu verdanken Auch dies eine schöne kleine Geschichte in der großen! Vielen Dank für diesen Beitrag!

Dr. Gerhard Strate, Hamburg

Habe soeben Ihren außerordentlich gut recherchierten und spannend geschriebenen Bericht über die Stunde Null in Hamburg gelesen. Gratulation dazu!Da ich Geschichte studiert habe, habe ich diesem Thema immer großes Interesse entgegengebracht - daher folgendes Apercu: Die weiße Fahne, mit der Schäfer, Burchard und von Laun der englischen Front entgegen gegangen sind, befindet sich öffentlich zugänglich im 2. Stock des „Haus im Haus“ der Handelskammer (wirtschaftsgeschichtliche Ausstellung zur Geschichte der Handelskammer). Herr Schäfer wurde ja später erster Nachkriegspräses der Handelskammer. Er bewahrte diese Flagge im Familienbesitz auf und sein Sohn übergab sie mir vor einigen Jahren, um sie für die Nachwelt zu erhalten.

Hans-Jörg Schmidt-Trenz, Hamburg

Mit großem Interesse lese ich täglich die derzeitigen Folgen über Hamburgs Tage und Wochen bei und nach Kriegsende. Sehr beeindruckend - um nicht zu sagen entsetzlich! - sind die zahlreichen Fotos aus der zerbombten Stadt. Ich denke, jeder Leser sollte wissen, dass das die Folgen des deutschen Angriffskrieges sind und hierbei natürlich auch die vielen deutschen Luftangriffe auf britische Städte. Wäre es nicht hilfreich und einer Ergänzung (eigentlich die Vorgeschichte zur Bombardierung Hamburgs durch die Alliierten!) wert, auch hierauf einzugehen und vielleicht sogar ein paar Fotos vom Elend in London, Coventry und anderen Städten (oder auch von Rotterdam) zu bringen?

Klaus Lang, 20144 Hamburg

Schon seltsam sich in der Zeitung zu finden und gleichzeitig zu wissen, dass es doch noch viele mehr in Hamburg geben müsste, die den Krieg und die Zeit nach der Kapitulation nicht so glimpflich überstanden haben und bei denen beim Lesen etwas in Gange kommt, was dann schmerzlich aufbricht und vielleicht vergeblich seinen Frieden sucht.

Das Foto mit Ofen, Stahlgerüst-, Matratzenlager und den Kindern war vertraute Alltagsrealität und in vielen alten Häusern und Trümmerbuden rund um den Michel und Eimsbüttel die Standardsituation, wo viel übrig gebliebene Altbestand, mittenmang Werkstätten/ Kleingewerbe, notgedrungen von meinen Schulfreunden behaust wurden, weil es einfach nichts anderes gab. Ich wohnte damals im besseren Viertel Rothenbaum und lernte ziemlich schnell welche Privilegien ich gegenüber den anderen Kindern hatte, und was es hieß, ein Schmuddelkind zu sein, wenn man nicht in der richtigen Gegend wohnte. Und wenn ich damals als Schlüsselkind manchmal Schulfreunde mit nach Hause brachte oder mit ihnen vor der Haustür Kippel und Kappel spielen wollte, dann die abfälligen Bemerkungen der guten Nachbarn abbekam. … Sie als Bessere rümpften damals die Nase, weil man als Arbeiterkind ja sowie eigentlich nicht in der guten Gegend dazu gehörte und ich kann mich gut daran erinnern gehört zu haben, wenn man mal wieder als renitent auffiel und mit einem einen „kein Hemd auf’m Arsch, aber auf Bildung machen das können sie die Zugezogenen“, zurecht gewiesen wurde.

Thomas Kreutzfeldt, Hamburg

Mit Interesse, aber mehr noch mit viel Emotionen lese ich die Artikel über die Nachkriegsjahre in Hamburg. Viel gleicht meinen Erinnerungen über die Zeit, die wir damals im amerikanisch besetzten Baden-Württemberg durchmachten. Wir landeten als katholische Flüchtlinge aus einer Stadt in einem pietistisch-evangelischen Dorf. Hinzu kam, dass wir aus der Tschechoslowakei gekommen waren und von den unkundigen Dorfbewohnern nicht als Deutsche angesehen wurden, obwohl gerade das der Grund für die Vertreibung gewesen war. Das ist für meine Eltern ein Trauma geblieben, neben all der materiellen Not. Vielen Flüchtlingen aus Schlesien, Ostpreußen uns anderen Teilen Deutschlands ist diese geistige Vertreibung erspart geblieben.

Dr. Friedrich Weinhold

Zu Ihrer Serie passen wunderbar die Kriminalromane von Cay Rademacher, erschienen im DuMont Buchverlag. Die Hamburger Nachkriegszeit, die zerstörte Stadt, das Alltagsleben werden um die Ermittlungen um Oberinspektor Frank Stave herum beschrieben. Ich empfehle „Der Schieber“ und „Der Trümmermörder“.

Heide Knaffel, Delingsdorf

Ihre Serie zum 2. Weltkrieg kommt zum falschen Zeitpunkt! In einer Zeit, wo das Hamburger Abendblatt hauptsächlich über Corona berichtet – so wie alle Medien – , Angst und Panik verbreitet und viele Leser mittlerweile mit ihrer Stimmung am Nullpunkt sind, starten Sie diese Reihe mit schrecklichen schwarz-weiß Bildern und entsprechenden Berichten! Wie können Sie so unsensibel sein und ein weiteres Thema aufgreifen, dass „nach unten“ zieht, anstatt positive Serien/Berichte zu kreieren, die Zuversicht und Hoffnung geben?

Birte Richter, Hamburg

Zu dem Thema „KZ-Neuengamme“ kann ich aus den Lebenserinnerungen unseres Vaters Hermann Schulz (Jahrgang 1900, Gründer der „Hamburger Gewürz-Mühle“) zitieren: Es war nach der Ausbombung, Behelfsbetrieb und Wohnung im Dorf Tönnhausen. „Ernährungsmäßig waren wir auf dem Lande etwas besser gestellt und konnten den mit den Um- und Ausbauten in der Mühle beschäftigten Handwerkern ein Mittagessen anbieten, das in vielen Fällen die Voraussetzung für ihr Kommen in diesen Hungerjahren war. Auch hatten wir unseren Hamburger Müller, Herrn Huber, der wochentags bei mir in der Tönnhäuser Mühle beschäftigt war, an unserem Mittagstisch, bis er eines Tages von der Gestapo verhaftet wurde: Sein Verbrechen bestand darin, dass er einem Freund, der wegen politischer Untergrundtätigkeit gesucht wurde, an dessen Fluchtadresse per Post sogenannte Zusatz-Lebensmittel-Marken, die ihm als Schwerarbeiter zustanden, geschickt hatte, was streng verboten war. Er kam ins Konzentrationslager, Neuengamme,überstand dort aber die qualvolle Gefangenschaft und bekam nach dem Kriege als Wiedergutmachung den Posten eines Wohnungsamtsleiters in Hamburg.“

Georg Schulz, Hamburg

Zum Thema „Das Lager ist leer …“ darf ein Name nicht vergessen werden: Der Sternredakteur Günther Schwarberg hatte seiner Zeit den 20 ermordeten Kindern vom Bullenhuser Damm einen Namen gegeben die kurz vor dem Kriegsende noch meuchlings erhängt worden sind! Viele der Mörder haben unbehelligt weiterhin als Arzt praktizieren können. Das ist auch ein Beleg für das geringe Interesse der Deutschen an der Verfolgung der Naziverbrecher nach dem Kriegsende. Millionen von Ex-Nazis und Mördern konnten nach dem Kriegsende einfach weiter machen – in Gerichten, als Ärzte in Verwaltungen in der Politik – und das oft hochdekoriert! Günter Schwarberg ist es zu verdanken, dass der Mord an den 20 Kindern vom Bullenhuser Damm überhaupt öffentlich gemacht wurde. Durch seine Beharrlichkeit bei der Aufarbeitung dieser Gräueltaten wurden diese Verbrechen erst öffentlich und die Schule am Bullenhuser Damm nach langem Zögernn der Stadt Hamburg zu einer Gedenkstätte erklärt!

Gerd Weißmann

Die Serie zum Kriegsende ist spannend und ernüchternd zugleich. Das damalige Elend und die Entbehrungen waren riesengroß! Die Serie zeigt die damaligen Zustände, zum Erinnern. Die heutigen „Entbehrungen und Einschränkungen“ durch den unsichtbaren Feind „Conora“ sind so minimal gegenüber 1945. Wir sollten alle mit unseren „Errungenschaften und Forderungen“ mal zwei Gänge zurückschalten. Diskussionen, Zerreden und hätte, wenn und aber ist fehl am Platze.

Claus Pohle