Kiel. Es geht um fast zwei Milliarden Euro: Das Kabinett in Kiel hat die Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs abgesegnet. Aber es gibt noch offene Fragen. Die Opposition sieht gar nur Makulatur.

Schleswig-Holsteins Landesregierung hat die Pläne des Innenministeriums zur Neuverteilung der Finanzmittel an die Kommunen gebilligt. Das Kabinett übergab den Gesetzentwurf für die Reform des kommunalen Finanzausgleichs am Mittwoch dem Landtag. Über das Volumen des Topfes mit rund zwei Milliarden Euro hatten sich Land und Kommunen geeinigt. In der sogenannten kommunalen Familie gab es aber keine Einigung über die Verteilung des Geldes untereinander. "Deshalb bleibt unser Gesetzentwurf bei der vorgesehenen Verteilung der Mittel zwischen Kreisen, Städten und Gemeinden", teilte Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) mit.

Das Land stehe trotz seiner durch die Corona-Krise entstandenen Mehrausgaben und Einnahmeausfälle zu den mit den Kommunen vereinbarten Aufstockungen. "Die faire Verteilung der aus dieser Krise resultierenden Ausnahmelasten ist außerhalb der anstehenden Reform des kommunalen Finanzausgleichs zu klären." Der Gesetzentwurf werde für einen bedarfsgerechten, nachhaltigen und fairen Finanzausgleich für Städte, Kreise und Gemeinden sorgen.

Der Finanzausgleich muss nach Urteilen des Landesverfassungsgerichts bis Jahresende neu geregelt werden. Die Kommunen müssen demnach finanziell so gestellt werden, dass sie ihre Pflichtaufgaben erfüllen und noch freiwillige Leistungen erbringen können. Zum ersten Entwurf gab es nur kleine redaktionelle Änderungen.

Das Land ist laut Grote bereit, die Ausgleichsmasse ab 2021 um 54 Millionen Euro aufzustocken. Die Landesregierung gehe diesen Schritt ausdrücklich, obwohl die vom Gericht geforderte gerechte und gleichmäßige Verteilung der im Land insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel eigentlich bereits heute gegeben sei. In den Jahren 2022, 2023 und 2024 werde die Ausgleichsmasse um jeweils weitere 5 Millionen Euro aufgestockt, bis 2024 gebe es damit 69 Millionen Euro zusätzlich. Darüber hinaus werde das Land den Kommunen weitere 5 Millionen Euro zusätzlich für den Öffentlichen Personennahverkehr zur Verfügung stellen, die ab 2021 ebenfalls mit 1,8 Prozent dynamisiert werden.

Zur Integration von Zuwanderern gleicht das Land einen Teil der Kürzungen der Bundesmittel aus. Im kommunalen Finanzausgleich stehen dafür künftig 9 Millionen Euro zur Verfügung. Darüber hinaus fördert das Land Integrationsleistungen in den Kommunen außerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs weiterhin direkt. Insgesamt werden dadurch 2020 etwa 25 Millionen Euro für Aufnahme- und Integrationsmaßnahmen vor Ort bereitgestellt.

Der Gemeindetag forderte umgehend Nachbesserungen vom Landtag. Der Regierungsentwurf greife keinen einzigen konstruktiven Vorschlag der Gemeinden auf, kritisierte der Landesgeschäftsführer Jörg Bülow. So wolle die Regierung den meisten Gemeinden die Mittel für die Integration von Flüchtlingen ganz streichen. Und: "Wir können nicht nachvollziehen, warum ausgerechnet der Anteil der Gemeinden an den Finanzmitteln für Infrastruktur gekürzt werden soll".

Die Kreise blieben auch nach dem jetzigen Entwurf die am stärksten unterfinanzierte Ebene, monierte der Landkreistag. Das sei kaum zu akzeptieren. Der Vorsitzende des Landkreistags, Ostholsteins Landrat Reinhard Sager (CDU), forderte darüber hinaus Entlastungen der Kommunen, um die finanziellen Folgen der Corona-Krise abzumildern. "Was wir derzeit erleben, trifft die Kommunen und insbesondere die Kreise ins Mark", sagte Sager. "Während wir auf der Einnahmeseite massive Einbußen haben, etwa durch Ausfälle bei den Steuereinnahmen, die wiederum Einbrüche der Kreisumlage sowie der Schlüsselzuweisungen im Kommunalen Finanzausgleich zur Folge haben, explodieren die Ausgaben etwa bei den Sozialleistungen oder im Gesundheitswesen." Das könnten die Kommunen nur mit Hilfe von Bund und Land überstehen.

"Ein kommunaler Finanzausgleich, der sich in seiner Bedarfsanalyse auf einen Zeitraum lange vor Corona bezieht, dürfte Makulatur sein, wenn nicht noch ein Wunder geschieht", kommentierte der SPD-Kommunalpolitiker Kai Dolgner. "Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass Jamaika die Reform, wie es wohl ursprünglich beabsichtigt war, noch vor der Sommerpause durch das Parlament bringt." Aus Dolgners Sicht muss das Gesetz 2023 überarbeitet werden.