Hamburg. Die Gastronomie in Hamburg fürchtet wegen Corona um Zehntausende Jobs – und protestiert auf kreative Weise.

Gummienten demonstrieren auf dem Rathausmarkt? In Coronazeiten scheint vieles möglich, was bis vor wenigen Wochen für unmöglich gehalten wurde. Der niedliche Auftritt der Gummitiere hat einen ernsten Hintergrund: Den Köchen und Kellnern in Hamburg bricht der Lohn weg durch den anhaltenden Lockdown der Restaurants und Cafés.

Betroffen davon sind rund 56.000 Beschäftigte des Hamburger Hotel- und Gaststättengewerbes. Sie fürchten um ihre Existenz. Wegen der Ansteckungsgefahr protestierten die Enten stellvertretend für die Menschen. So machten die Betroffenen auf ihre schwierige Lage aufmerksam.

„Mit dem Protest zeigen die Beschäftigten, dass sie nicht wegen Corona baden gehen wollen“, sagt Silke Kettner von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss Gaststätten (kurz NGG). Anlass ist eine Debatte der Bürgerschaft um eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes am Mittwochmittag. Die Abgeordneten diskutierten einen Antrag der Linksfraktion, die in Hamburg eine Erhöhung des Lohnausfallgeldes auf 90 Prozent fordert.

Corona: Gastronomie fordert Aufstockung des Kurzarbeitergelds

Mindestens 80 Prozent fordert auch Stefan Wäge, der als Sous-Chef in der Großküche Stadthausküche an der Caffamacherreihe in der Hamburger Neustadt arbeitet. Seitdem die Kantine geschlossen hat, und er und seine 43 Kollegen 67 Prozent Kurzarbeitergeld bekommen, wird es finanziell eng.

„Ich komme derzeit auf 1300 Euro netto, das ist echt knapp“, sagt er. Den Unterhalt für seinen Sohn kann der 54-Jährige zurzeit nicht voll abdecken. Immerhin: Nach Gesprächen mit dem Jugendamt muss er nur die Hälfte des Betrages zahlen.

Als Betriebsratsvorsitzender setzt er sich auch für seine Kollegen ein, telefoniert regelmäßig mit ihnen und hat ihnen bei Behördengängen geholfen und auch mit Vermietern gesprochen. „Viele waren verständnisvoll und stunden die Mieten, aber so viel verdienen wir in der Gastronomie auch nicht, dass wir die gestundeten Mieten später zurückzahlen können.“

Bei Kurzarbeit bleiben nur 800 Euro

Noch enger wird es für Oliver Riek, der als Kellner in einem Hamburger Hotel in der Innenstadt arbeitet und derzeit von rund 800 Euro leben muss. Einmal die Woche arbeitet er noch, den Rest der Woche hat er frei und ist zu Hause in Berne. Von der Politik und den Arbeitgebern ist er enttäuscht. Denn der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) lehnt eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes per Tarifvertrag weiterhin ab, heißt es von der NGG. „Ich fühle mich im Stich gelassen, niemand von denen kann sich vorstellen, von so wenig Geld zu leben“, sagt Riek.

„Es ist höchste Zeit, dass das Thema auf die Tagesordnung kommt. Die rot-grüne Landesregierung ist gut beraten, sich beim Bund für die Aufstockung einzusetzen“, sagt Gewerkschafterin Kettner. Der sozialdemokratische Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sei hier bereits vorangegangen. Jetzt müsse sich auch der Bundesfinanzminister und ehemalige Hamburger Bürgermeister, Olaf Scholz, anschließen und als Vizekanzler in der GroKo – gegenüber CDU und CSU – für eine Erhöhung eintreten, fordert die NGG.

Die Hamburger Corona-Soforthilfe (HCS) für Unternehmer:

  • Solo-Selbständige: 2500 € (Hamburg), 9000 € (Bund), 11.500 € (Gesamt)
  • 1–5 Mitarbeiter: 5000 € (HH), 9000 € (Bund), 14.000 € (Gesamt)
  • 6–10 Mitarbeiter: 5000 € (HH),15.000 € (Bund), 20.000 € (Gesamt)
  • 11–50 Mitarbeiter: 25.000 € (HH), keine Beteiligung vom Bund
  • 51–250 Mitarbeiter: 30.000 € (HH), keine Beteiligung vom Bund

Zusammen mit Betriebsräten aus dem Lebensmittel- und Gastgewerbe hat sich die Gewerkschaft in einem offenen Brief an Senat und Bürgerschaft gewandt. Unter dem Motto „Existenzen sichern, soziale Verwerfungen verhindern“ fordern die Unterzeichner eine deutliche Aufstockung des Kurzarbeitergeldes. Eine ausgebildete Gastro-Fachkraft müsse in Kurzarbeit mit knapp über 800 Euro auskommen, heißt es in dem Schreiben. „Dieses Einkommen reicht in Hamburg nicht zum Leben und stellt die Menschen vor unüberbrückbare Schwierigkeiten. Vielen droht eine Verschuldung. Das kann bis zur Privatinsolvenz gehen“, so die Verfasser.

Der Antrag der Linken wurde am Mittwoch in den noch zu gründenden Sonderausschuss überwiesen.