Hamburg. Gesundheitsbehörde meldet sieben weitere Tote. Von den 3217 Erkrankten sind 1790 wieder genesen – erstmals mehr als die Hälfte.

Es bleibt dabei: Nach der Einschätzung von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) wird es mindestens bis nach Ostern nötig sein, die Kontaktbeschränkungen, das Abstandsgebot und Ansammlungen von mehr als zwei Personen aufrechtzuerhalten. Er bitte alle Hamburger darum, die Corona-Regeln „weiterhin strikt einzuhalten“, sagte Tschentscher am Dienstag im Rathaus.

Zwar gebe es „gute Hinweise darauf, dass wir in einer insgesamt positiven Entwicklung sind, was die Verlangsamung der Ausbreitungsgeschwindigkeit der Coronaviren“ betreffe, erklärte der Bürgermeister. Doch er werde keine Erwartungen wecken, die er später womöglich enttäuschen müsse. „Wir wissen noch nicht genug darüber, wie sich die Infektionszahlen entwickeln.“ Der rot-grüne Senat wolle nicht riskieren, durch eine zu frühe Lockerung der Beschränkungen in eine „bedrohliche Situation zu kommen, was die Auslastung des Gesundheitssystems angeht“, sagte Tschentscher.

Corona-Kontakteinschränkungen gelten auch für Genesene

Aktuell stecke in Hamburg im Durchschnitt ein Infizierter einen anderen Menschen mit dem neuartigen Coronavirus an. Da vor allem für ältere Menschen eine Covid-19-Erkrankung gefährlich werden könne, sollten auch Eltern mit Kindern weiterhin „in eigenem familiären Interesse“ darauf verzichten, Oma und Opa zu besuchen, auch wenn dies schwerfalle, so der Bürgermeister. Dass man keine Symptome habe, bedeute nicht, dass man nicht infiziert sein könne. Die Kontakteinschränkungen gelten selbst für Genesene, da immer noch unklar sei, ob eine überstandene Infektion die Betroffenen wirklich immun gegen eine erneute Ansteckung mache.

Wie andere deutsche Städte will auch Hamburg unbedingt Zustände wie in Italien vermeiden, wo nicht genügend Behandlungsplätze für Patienten mit schweren Verläufen bereitstehen. In Hamburg stieg die Zahl der Covid-19-Erkrankten, die intensivmedizinisch betreut werden, von 65 am Montag auf 70 am Dienstag, wobei insgesamt 244 Infizierte in stationärer Behandlung sind. Am Montag waren es 220 Patienten.

Unklarheit bei den Zahlen

Das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin meldete zuletzt, es seien in Hamburg 20 Menschen an einer Covid-19-Erkrankung gestorben. Dagegen hat das Institut für Rechtsmedizin am Uniklinikum Eppendorf (UKE) bereits bei 25 Verstorbenen Covid-19 als Ursache festgestellt. Die Gesundheitsbehörde führt dies darauf zurück, dass es wie bei den gemeldeten Gesamtfallzahlen auch bei der Erfassung der Toten einen Verzug beim RKI gebe. Damit sind in Hamburg sieben Todesfälle hinzugekommen.

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Bürgermeister Peter Tschentscher ist gegen eine Maskenpflicht etwa im öffentlichen Nahverkehr und in Supermärkten, wie sie von der kommenden Woche an in Jena gelten soll. Es gebe immer noch einen erheblichen Mangel an Atemschutzmasken und anderer Schutzkleidung in Hamburg. Priorität habe die Versorgung von Ärzten und Pflegern mit solcher Ausrüstung. Solange es nicht genügend Masken gebe, sei die Abstandspflicht eine „sehr gute Vorkehrung“ zum Schutz vor Infektionen, so Tschentscher.

Vielversprechende Antikörpertests

Bisher ist auch in Hamburg unklar, wie viele Menschen sich mit dem Erreger Sars-CoV-2 angesteckt haben, ohne davon etwas zu bemerken. Um mehr Klarheit über das Ausmaß der Infektionen zu bekommen, werden Forscher am UKE zwei vielversprechende Antikörpertests der Lübecker Firma Euroimmun erproben, wie Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) sagte. Mithilfe dieser Tests soll sich im Blut nachweisen lassen, ob das Immunsystem als Reaktion auf das neuartige Coronavirus Schutzstoffe gebildet hat.

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Dazu sollen zunächst etwa 300 zurückgestellte Blutspenden von 2017 auf Antikörper gegen ein herkömmliches Coronavirus untersucht werden, um das Verfahren für die eigentliche Untersuchung zu „schärfen“. Ab Mai sollen die UKE-Forscher dann wöchentlich 300 aktuelle Blutproben, die dafür zurückgestellt werden, auf Antikörper gegen den neuartigen Coronaerreger testen. Auf dieser Grundlage sollen Hochrechnungen zur Zahl der unbemerkten Infektionen möglich werden.

Es geht um Herdenimmunität

Antikörpertests könnten der Politik bei der Einschätzung helfen, ab wann und in welchem Umfang sie die Einschränkungen des öffentlichen Lebens lockern könnte. Denkbar wäre etwa, dass positiv auf Antikörper getestete Menschen wieder zur Arbeit gehen können. Hilfreich sein könnten Antikörpertests auch für medizinisches Personal. Im weitesten Sinne geht es um den Gemeinschaftsschutz, die sogenannte Herdenimmunität, die nach Einschätzung von Virologen erreicht wird, wenn etwa 70 Prozent der Bevölkerung eine Infektion durchgemacht haben.

„Ich begrüße alle Studien, die das untersuchen“, sagte Dr. Pedram Emami, Präsident der Ärztekammer Hamburg. Es sei jedoch wenig sinnvoll, dass sich nun alle Bürger in Eigeninitiative auf Antikörper testen ließen. Vielmehr sollte die Notwendigkeit eines Antikörpertests mit dem Hausarzt besprochen werden, um „im Interesse der Allgemeinheit die Ressourcen zu schonen“, sagte Emami.

Test nicht zu früh machen

In mehreren Hamburger Einrichtungen können Bürger ihr Blut schon auf Antikörper gegen Sars-CoV-2 untersuchen lassen. So bietet etwa die Arztpraxis am Michel solche Tests bereits seit Mitte vergangener Woche an. Für Mitarbeiter in systemrelevanten Berufen, etwa medizinisches Personal, Feuerwehrleute oder Polizisten übernehme das in Absprache mit dem Arzt meist die Krankenkasse, sagte eine Praxismitarbeiterin. Ihr zufolge kommen viele Menschen aber als Selbstzahler – der Test kostet knapp 48 Euro. „Im Moment gibt es eine große Nachfrage“, sagte die Mitarbeiterin. Nach ein bis zwei Tagen bekommen die Testpersonen ihre Ergebnisse.

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Durchgeführt werden solche Tests in Hamburg etwa im Labor Dr. Fenner & Kollegen. Nach Angaben von Labormitarbeiter Jörg Steinmann sind in den vergangenen eineinhalb Wochen 671 Blutproben getestet worden, davon seien aber nur 1,9 Prozent positiv gewesen. Das heißt, die meisten Testpersonen hatten den Verdacht, sich mit Sars-CoV-2 angesteckt zu haben, litten aber tatsächlich nur an einer Erkältung oder ähnlichen Symptomen. „Die meisten Einsendungen kamen von Krankenhäusern und Betriebsärzten“, sagte Steinmann. Der Mediziner wies darauf hin, dass in vielen Fällen der Test zu früh gemacht werde. Sechs Wochen nach den Symptomen sei der richtige Zeitpunkt. „Das erhöht die Chance, dass das Ergebnis valide ist.“

Leiter des Gesundheitsamts im Zwangsurlaub

Unterdessen hat das Bezirksamt Harburg mitten in der Coronakrise den Leiter des Gesundheitsamts, Robert Wegner, in den Zwangsurlaub geschickt. Auf Anfrage wollte das Amt keine Stellung zu dem Vorgang nehmen. Die Maßnahme stößt auf Unverständnis. Wegner gilt als überaus fleißig, aber unkonventionell. Er hatte als erster Leiter eines Gesundheitsamtes in Hamburg verfügt, dass angesichts der Ausbreitung des Coronavirus keine großen Hochzeitsfeiern mehr stattfinden dürfen.

Informationen zum Coronavirus:

Die CDU-Fraktion in der Bezirksversammlung hat zu dem Vorgang eine Kleine Anfrage gestellt. CDU-Bezirksfraktionschef Ralf-Dieter Fischer sagte: „Ich halte es für unverantwortlich, in einer Situation, in der man Hilfskräfte für das Gesundheitswesen sucht, bewusst auf einen solchen Fachmann zu verzichten.“ Wenn es Unstimmigkeiten gebe, hätte man das nach dem Ende der Krise klären können.