Hamburg. Weil viele Helfer selbst zur Risikogruppe gehören, ist das Angebot eingeschränkt. Manche bieten Lieferdienste an.

Tafeln helfen bedürftigen Menschen – der Betrieb geht auch unter erschwerten Bedingungen weiter. Bei der Hamburger Tafel mit Sitz an der Jenfelder Schimmelmannstraße sind zahlreiche Ehrenamtliche dabei, Lebens­mitteltüten zu packen und damit die geöffneten Ausgabestellen zu beliefern.

Wilhelmsburger Tafel trotz Corona im Einsatz

Während die Bergedorfer Tafel ihren Dienst vorübergehend eingestellt hat, hat die Wilhelmsburger Tafel nach kurzzeitigem Ausfall ihre vier Ausgabestellen erneut in Betrieb genommen.

„Wir sind wieder komplett für die Elbinsel, aber auch alle im Umfeld im Einsatz, die den weiten Weg zu uns schaffen“, sagte Michèl Schmidt von der Wilhelmsburger Tafel.

100 Ehrenamtliche gehören zur Corona-Risikogruppe

Tafelarbeit ist während der Coronapandemie vor allem eine logistische Herausforderung. Bei der Hamburger Tafel, die von Annemarie Dose (1928–2016) gegründet wurde, mussten laut Tafelsprecher Harald Prokosch 100 der 120 Ehrenamtlichen wegen Ansteckungsgefahr aus dem Dienst genommen werden. Sie gehörten zur Corona-Risikogruppe, sind älter als 60 Jahre.

Jetzt ist ein harter Kern von 20 jungen und jüngeren Mitarbeitenden im Einsatz, die unter entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen an drei „Produktionsstraßen“ in Jenfeld arbeiten. Der 32 Jahre alte Florian ist einer von ihnen.

An langen Tischen packen in der Zentrale der Hamburger Tafel  viele junge Ehrenamtliche die Versorgungstüten.
An langen Tischen packen in der Zentrale der Hamburger Tafel viele junge Ehrenamtliche die Versorgungstüten. © Andreas Laible / FUNKE Foto Services

Er sagt: „Man kann doch in einer solchen Situation nicht die Augen verschließen vor der Not anderer. Ich habe im Moment Zeit, also packe ich gerne mit an. Und der Teamgeist hier ist einfach großartig.“

Handschuhe und Sicherheitsabstand beim Verpacken

Während an den Biertischen sonst gefeiert wird, bilden sie jetzt die feste Arbeitsgrundlage: Hier werden Tüten mit Konserven, Reis, Frischobst und anderen Nahrungsmitteln gepackt. „Allein in den vergangenen Tagen waren das 4000 Tüten“, sagt Prokosch.

Die Mitarbeitenden tragen Handschuhe und achten auf den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand zueinander. Derzeit werden weitere Helfer gesucht, die bereit sind, Lebensmitteltüten zu packen.

Mehr Spenden für die Tafel dank Coronakrise

In diesen Tagen wächst die Hilfsbereitschaft auch bei Firmen. Beiersdorf stellte jüngst eine Ladung mit Körperpflegemitteln für die Bedürftigen kostenlos bereit. Und Obstbauern aus dem Alten Land haben Kisten gespendet, damit die vielen Tüten zwischengelagert und transportiert werden können.

Die Hamburger Tafel sammelt jetzt nicht mehr bei allen bisherigen Supermärkten die Nahrungsmittel ein. Die Frischware kommt von einigen wenigen ausgewählten Partnern. Außerdem werden die sehr gut gefüllten Bestände des Tafel-Lagers genutzt.

Für die Auslieferung stehen zwölf Fahrzeuge bereit. Von den bislang 130 Ausgabestellen hat allerdings der größte Teil inzwischen geschlossen.

Wegen Corona kein Mittagstisch für Bedürftige

Auch in Wilhelmsburg mussten die Tafel-Helfer umdenken. Damit die Arbeit in einigermaßen gewohnten Bahnen läuft, haben die Ehrenamtlichen das weitere Vorgehen intensiv beraten. Nachdem zunächst drei von vier Ausgabestellen geschlossen wurden, um Mitarbeiter und Bedürftige zu schützen, gab es vergangene Woche einen Neustart.

„Trotzdem können wir im Moment keinen Mittagstisch mehr für die Bedürftigen und Ehrenamtlichen anbieten. Dafür können wir die Anforderungen nicht erfüllen“, sagt Michél Schmidt, Vorstand der Arbeitsloseninitiative Wilhelmsburg/Tafel Wilhelmsburg.

"Warenkorb" im Wert von 30 bis 60 Euro gegen Spende

In Wilhelmsburg können die Bedürftigen direkt zur Tafel kommen, um dort die Lebensmittel abzuholen. Der „Warenkorb“, fügt Schmidt hinzu, habe einen durchschnittlichen Wert von 30 bis 60 Euro – bei einer Spende von 4 Euro.

Ehrenamtliche packen jeden Tag hunderte Verpflegungstüten für Hilfebedürftige. Im Lager stapeln sich die gepackten Tüten, die dann von den Fahrern ausgefahren und verteilt werden.
Ehrenamtliche packen jeden Tag hunderte Verpflegungstüten für Hilfebedürftige. Im Lager stapeln sich die gepackten Tüten, die dann von den Fahrern ausgefahren und verteilt werden. © Andreas Laible / FUNKE Foto Services

„Wir haben natürlich auch Bedürftige, die aus gesundheitlichen Gründen nicht die Möglichkeit haben, zu uns zu kommen.“ Sie würden per Fahrzeug beliefert. Das bietet auch der Borsteler Tisch in Groß Borstel an.

Registrierten Kunden wird einmal pro Woche eine Tüte mit Lebensmitteln nach Hause gebracht (Anmeldung unter Tel. 514 31 412). Außerdem werden bis auf Weiteres auch Bedürftige aus anderen Hamburger Stadtteilen versorgt.

Tafelarbeit im Norden droht finanzieller Engpass

So professionell die Hamburger Tafeln in Coronazeiten arbeiten – die Mitarbeiter sorgen sich auch um die Zukunft. Sie rechnen zwar nicht damit, dass die Zahl der Bedürftigen steigt. Aber sie fürchten um den Fortbestand der Tafelarbeit.

„Ich vermute, dass wir – je länger die Krise dauert – bei gleichbleibenden Kosten finanziell untergehen und uns selbst nicht mehr tragen können“, heißt es bei der Wilhelmsburger Tafel.

Spenden von Privatpersonen nicht erwünscht

Fast alle Tafeln, die noch Lebensmittel ausgeben, brauchen vor allem Reis, Nudeln in handelsüblichen Packungsgrößen sowie Handschuhe und Desinfektionsmittel. Spenden sollen in Hamburg allerdings nur Unternehmen und keine Privatpersonen.

„Wir haben sonst hier einfach zu viele Menschen auf dem Hof“, sagte Julia Bauer von der Hamburger Tafel. Auch Fünf-Kilo-Packungen Nudeln oder Ein-Liter-Packungen Salatsoße seien nicht zu gebrauchen.

Weniger Ausgabestationen in Schleswig-Holstein

Die Coronakrise macht sich außerdem bei den Tafeln in Schleswig-Holstein bemerkbar. Von den 57 Ausgabestellen ist nur noch rund ein Dutzend geöffnet. Gründe dafür sind der Schutz der vorwiegend älteren Helfer und die Schwierigkeit, vor Ort die Abstands­regeln einzuhalten.