Hamburg. Viel Grün, gute Anbindung und Raum für Innovationen: Grasbrook soll zum klimaneutralen Quartier werden.

3000 Wohnungen, ein öffentlicher, mit einer Glaskonstruktion überdachter Platz als zentraler Treffpunkt, eine Brücke zur Veddel, viel Grün und viel Wasser – so soll Hamburgs neuer Stadtteil Grasbrook aussehen.

Elbphilharmonie-Architekten gestalten Grasbrook

Anderthalb Jahre hat das Wettbewerbsverfahren gedauert, jetzt hat sich die Jury entschieden – für die Architekten, die auch die Elbphilharmonie geplant haben. Gemeinsam mit Vogt Landschaftsarchitekten aus Zürich werden Herzog & de Meuron das Hafengebiet am Südufer der Norderelbe, auf dem derzeit hauptsächlich alte Lagerhallen stehen, bebauen. 2023 sollen die Bauarbeiten beginnen.

„Für die Entwicklung des neuen Stadtteils Grasbrook haben wir mit unserer Jury-Entscheidung eine sehr gute Grundlage geschaffen“, sagt Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD). „Der neue Stadtteil wird bezahlbaren Wohnraum für alle Bevölkerungsgruppen, qualifizierte und innovative Arbeitsplätze und lebendige, vielfältige Freiräume bieten.“

Grasbrook wird klimaneutraler "Vorzeigestadtteil"

In den kommenden Jahren werde ein „unverwechsel­barer Ort“ entstehen, für die neuen Bewohner, aber auch für alle Hamburger. Jürgen Bruns-Berentelg, Chef der HafenCity Hamburg GmbH, spricht von einem klimaneutralen „Vorzeigestadtteil“, der 16.000 Arbeitsplätze bieten soll und „die Möglichkeit für Nachhaltigkeitsinnovationen“ eröffne.

Mit dem Siegerentwurf steht jetzt fest, wie der neue Stadtteil zwischen HafenCity und Veddel gegliedert sein wird, wo Wohn- und Bürogebäude gebaut werden und wo Parks und Grünanlagen entstehen sollen.

Lang gezogener Park als Stadtteil-Mitte

Das Team aus Herzog & de Meuron und Vogt Landschaftsarchitekten hat den Grasbrook dafür in drei Viertel geteilt: das Moldauhafenquartier, das Hafentorquartier und das Saalehafenquartier.

In der Mitte soll ein fünf Hektar großer, lang gezogener Park, der Stadtpark „Veddelhöft“, mit einem See entstehen, an dessen westlicher Spitze später auch das Museumsschiff „Peking“ seinen Platz bekommt.

"Überseemeile" für Kulturveranstaltungen

Parallel zum Park ist die „Überseemeile“ als zentrale Anlaufstelle für alle Bewohner geplant. Der Platz vor dem jetzigen Überseezentrum soll dafür ein gigantisches Glasdach bekommen und für Kulturveranstaltungen und Open-Air-Kino genutzt werden.

Der Entwurf sieht zudem eine Grundschule mit einem Fußballplatz, Kitas, dazu Anlagen für Outdoor-Sport und einen Marktplatz vor. Von der „Überseemeile“ wird dann eine begrünte Fuß- und Fahrradbrücke über die stark befahrene Straße Am Moldauhafen sowie über die Bahngleise zum Veddeler Marktplatz führen. Sie soll – ein entscheidender Punkt im Wettbewerb – die beiden Stadtteile auf kürzestem Weg verbinden.

Der Platz vor dem Überseezentrum erhält ein gigantisches Glasdach.
Der Platz vor dem Überseezentrum erhält ein gigantisches Glasdach. © Herzog, de Meuron und Vogt

"Hochattraktiv" für Fußgänger und Radfahrer

Der Grasbrook, so die Architekten, soll für Fußgänger und Radfahrer „hochattraktiv“ werden. Binnen fünf Minuten, so das Versprechen, wird jeder Bewohner zudem die neue U-4-Haltestelle Grasbrook zu Fuß erreichen können. Die Haltestelle wird über dem Wasser entstehen – auf Stelzen im Becken des Moldauhafens, gegenüber der „Überseemeile“.

„Der Stadtteil vereint alles, was die Lebensqualität der Stadt Hamburg ausmacht“, sagen die Architekten. „Man wohnt und arbeitet mitten in der Stadt, und doch am Wasser und in der Natur.“

Fassaden an Hamburger Architektur angepasst

Bei den Fassaden der geplanten Gebäude haben sich Herzog & de Meuron an der bestehenden Hamburger Architektur orientiert. So soll es im Moldauhafenquartier zur HafenCity hin weiß verputze Fassaden geben, dahinter Gebäude aus Holz. In den anderen beiden Quartieren soll roter Backstein dominieren.

Von oben werden die Gebäude dagegen einheitlich aussehen: begrünt und mit Solaranlagen ausgestattet. Rund um das Becken des Moldauhafens sind zudem drei Hochhäuser geplant.

Hamburger können weiterhin mitbestimmen

So weit die Grundstruktur – jetzt geht es an die Details. Die nächsten Schritte seien die Erstellung einer Funktions- und Bebauungsplanung, die Vergabe der Grundstücke und die weitere architektonische Planung der einzelnen Gebäude, so die HafenCity GmbH.

Und auch bei diesen Schritten werden die Hamburger mitentscheiden können. Die jetzigen Ergebnisse sollen voraussichtlich im Herbst mit Plänen und Modellen öffentlich ausgestellt und in verschiedenen öffentlichen Diskussionsformaten erörtert werden.

Das gesamte Wettbewerbsverfahren, das im September 2019 startete, wurde durch einen Beteiligungsprozess begleitet, interessierte Bürger und vor allem die Anwohner der benachbarten Stadtteile Veddel, Rothenburgsort, Wilhelmsburg und HafenCity konnten auf öffentlichen Veranstaltungen sowie Online mitdiskutieren. Rund 2500 Hamburger haben sich auf diese Weise eingebracht.

Öffentliche Präsentation online durchgeführt

Auch die Schlusspräsentation am Vorabend der Jury-Sitzung am vergangenen Freitag sollte eigentlich öffentlich stattfinden – aufgrund der Coronapandemie wurde dies durch eine zwölfstündige Online-Beteiligung ersetzt, bei der Bürger noch mal rund 200 Kommentare abgegeben haben.

Jedes der drei Finalisten-Teams – ganz bewusst immer ein städtebauliches und ein freiraumplanerisches Büro – hat dafür eine 20-minütige Videopräsentation gebastelt. Die Fach­jury traf ihre Entscheidung dann per Videokonferenz­, nur einige Mitglieder kamen im Cruise Center zusammen – wo sie auf 1200 Quadratmetern genug Platz hatten, um den Schutzabstand zueinander einzuhalten.

Hamburger beeinflussten Architekten-Entwürfe

„Das war ein sehr ambitioniertes Verfahren, was wir trotz der Coronakrise zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht haben“, sagt der Jury-Vorsitzende Matthias Sauerbruch. „An der Entwicklung der Entwürfe seit der Zwischen­präsentation konnte man ablesen, wie stark der Dialog die Autoren geleitet und angeregt hat. Am Ende hat die Arbeit gewonnen, die auf eine sehr kluge Weise die Anregungen aufgenommen hat.“

Lob gab es auch von Oberbaudirektor Franz-Josef Höing: Der Entwurf mache den Sprung über die Elbe jetzt konkret und anschaulich.