Hamburg. Zahl der Todesfälle steigt um drei auf elf. Anteil der Senioren unter den positiv Getesteten steigt. Neuer Bußgeldkatalog in Kraft.
In der Coronapandemie verfestigen sich in Hamburg zwei Entwicklungen, die auch in anderen Ländern zu beobachten sind – eine erfreuliche und eine unerfreuliche: Die Kurve, die die Zahl der Neu-Infektionen anzeigt, flacht langsam ab – mittlerweile genesen sogar jeden Tag mehr Menschen, als sich neu anstecken. Dafür steigt die Zahl der Todesfälle umso schneller.
Konkret wurden am Donnerstag in Hamburg 120 weitere Erkrankungen mit Covid-19 bestätigt, die Gesamtzahl der gemeldeten Fälle ist damit auf 2557 angestiegen. Das war ein Anstieg um 4,9 Prozent zum Vortag. Derweil schätzte die Gesundheitsbehörde die Zahl derjenigen, die die Erkrankung bereits überstanden haben, mittlerweile auf rund 1000 Personen – 140 mehr als am Mittwoch. Das sei eine „gute Nachricht“, sagte Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) auf der Landespressekonferenz am späten Donnerstagnachmittag im Rathaus. Die Daten seien zwar nicht ganz verlässlich, so die Senatorin. „Aber um einen allgemeinen Trend darzustellen, sind sie ausreichend.“
Zahl der schweren Corona-Verläufe steigt
Obwohl die berichteten Krankheitsverläufe weiterhin „in der Regel mit leichten bis mittleren grippeähnlichen Symptomen“ einhergingen, so der Senat, steigt die Zahl der schweren oder gar tödlich verlaufenen Fälle. 183 Hamburger befinden sich aufgrund einer Covid-19-Erkrankung in stationärer Behandlung – drei mehr als am Vortag. 44 von ihnen werden intensivmedizinisch betreut – eine Person weniger als am Vortag. Prüfer-Storcks sprach angesichts dieser Zahlen von einer „stabilen Lage“.
Das gilt jedoch nicht für die Todesfälle: Deren Zahl ist in Hamburg am Donnerstag von acht auf elf gestiegen, so die Gesundheitssenatorin. Nähere Angaben zu den Verstorbenen machte sie nicht. Das Berliner Robert-Koch-Institut (RKI), das die Pandemie bundesweit verfolgt, kommt dagegen wie am Vortag sogar auf 14 Tote in Hamburg. Der entscheidende Unterschied seien die Wörter „mit“ und „an“, so Prüfer-Storcks: Während das RKI alle Verstorbenen mit einer Covid-19-Infektion in seine Statistik aufnehme, lasse Hamburg alle diese Fälle zunächst im Institut für Rechtsmedizin am UKE untersuchen – und zähle dann nur die, die nachweislich an den Folgen der Covid-19-Erkrankung gestorben sind.
Weitere Schritte des Senats
Damit diese Zahl möglichst gering bleibt, hat der Senat am Donnerstag erneut getagt und weitere Schritte beschlossen. So werden alle bisherigen Allgemeinverfügungen in eine einzige Rechtsverordnung überführt, zu der es einen speziellen Bußgeldkatalog gibt (siehe Seite 1). Die Strafen reichen von 150 Euro, etwa für die Nichteinhaltung eines Mindestabstands von 1,5 Metern zueinander, bis zu 5000 Euro für die Öffnung von Gewerbebetrieben, Kneipen oder Diskotheken.
„Die allermeisten Hamburgerinnen und Hamburger verhalten sich verantwortungsbewusst“, sagte Innensenator Andy Grote (SPD). Dennoch registriere die Polizei täglich eine dreistellige Zahl an Verstößen, vor allem gegen das Kontaktverbot. Neun Personen seien wegen Verstoßes gegen die Auflagen bereits in Gewahrsam genommen worden. Häufig gingen auch Hinweise von Bürgern auf verbotenes Verhalten ein. Es ärgere halt viele Hamburger, wenn sich Menschen nicht an die Kontaktverbote hielten, sagte Grote und betonte: „Wer sich nicht daran hält, gefährdet alle.“ Mit dem neuen Bußgeldkatalog, der ab heute gilt, sei zwar „keine härtere Linie“ verbunden, so der Innensenator. Aber er erlaube eine „schnelle, spürbare Sanktionierung“.
Große Dynamik der Epidemie
Die Dynamik der Epidemie sei nach wie vor zu groß, sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). Daher hätten alle Länder und der Bund gemeinsam beschlossen, die Beschränkungen bis mindestens 19. April aufrechtzuerhalten – was nicht automatisch bedeute, dass sie danach aufgehoben würden. „Wir müssen davon ausgehen, dass wir noch eine ganze Zeit mit dieser Epidemie befasst sein werden“, sagte Tschentscher.
Dass Behörden, Polizei und Justiz keine Nachlässigkeiten im Umgang mit den Coronaregeln dulden, zeigen sie immer wieder. So hat das Bezirksamt Eimsbüttel jetzt rund um die Außenalster Schilder aufgestellt, die ein Zusammentreffen der Passanten verhindern sollen. „Zu Ihrer Sicherheit gilt hier Richtungsverkehr“, steht dort. „Zusätzlich“ möge man bitte immer zwei Meter Abstand voneinander halten. Ähnliche Schilder gebe es bereits im Alstervorland, sagte Bezirkssprecher Kay Becker. „Das hat recht gut funktioniert, aber noch nicht gut genug. Vor allem die Jogger haben sich noch nicht an die Regeln gehalten.“
Polizei regt weitere Maßnahmen an
Die Polizei habe daher weitere Maßnahmen angeregt. Dazu gehöre auch, dass die Gehwege mit Kreidewagen (wie man sie vom Fußballplatz kennt, wo sie derzeit ja nicht gebraucht werden) markiert wurden. „Letztlich soll alles dazu dienen, dass die Abstände eingehalten werden“, so Becker. Am Isebekkanal habe das Bezirksamt daher ebenfalls insgesamt 51 Schilder aufgehängt, die auf das Rechtsgehgebot hinweisen.
Passend dazu hat das Verwaltungsgericht Hamburg am Donnerstag den Eilantrag einer Privatperson abgelehnt, die sich gegen das am 22. März verhängte Mindestabstandsgebot von 1,5 Metern gewandt hatte. Die Einschränkungen seien hinzunehmen, so das Gericht: „In der Abwägung überwiegt danach das öffentliche Interesse an einer Eindämmung der Covid-19-Epidemie und der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Gesundheitssystems das private Interesse des Antragstellers an einer Aussetzung dieser Kontaktbeschränkung.“
Abstände auf Wochenmärkten vergrößern
Auch auf den bezirklichen Wochenmärkten sollen die Abstände vergrößert werden – zwischen den Verkaufsständen. Möglich wird das durch den temporären Wegfall der „Non-Food-Stände“. Zahlreiche Markthändler haben zudem Markierungen vor ihren Ständen auf den Boden geklebt, wie es in Supermärkten inzwischen üblich ist. „Verwaltung und Markthändler sorgen gemeinsam dafür, dass der Gesundheitsschutz auf den Hamburger Wochenmärkten gewährleistet ist“, sagte Finanz- und Bezirkssenator Andreas Dressel (SPD). Altonas Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg (Grüne) ergänzte: „Ich freue mich, dass die Märkte mit dieser Verabredung auch weiterhin die Hamburgerinnen und Hamburger mit frischen regionalen Produkten versorgen können.“
Sorgen bereitet den Behörden derweil ein Altenheim in Wellingsbüttel. Dort wurden nach Abendblatt-Informationen 39 Bewohner, die meisten von ihnen dement, positiv getestet. Bei 17 war der Test negativ – die beiden Gruppen werden nun räumlich getrennt voneinander betreut. Erschwerend kommt hinzu, dass auch sechs Mitarbeiter in Quarantäne sind.
Anteil älterer Menschen an Infizierten steigt
Auch aus dem aktuellen Lagebild der Innenbehörde vom Donnerstag geht hervor, dass der Anteil älterer Menschen an den Infizierten steigt. Stellten die über 70-Jährigen am 25. März noch lediglich rund fünf Prozent der positiv Getesteten, waren es eine Woche später schon neun Prozent. Auch die Gruppe der 60- bis 69-Jährigen ist auf rund neun Prozent angewachsen, während der Anteil der 30- bis 39-Jährigen von mehr als 20 auf rund 18 Prozent zurückging.
Informationen zum Coronavirus:
- Die Stadt Hamburg informiert die Bürger auch online über das Coronavirus. Zusätzlich gibt es eine Hotline: 040 42828-4000
- Das Robert-Koch-Institut beantwortet häufig gestellte Fragen zu SARS-CoV-2
- Auch das Bundesgesundheitsministerium hat eine eigene Informationsseite zum Virus eingerichtet
Unterdessen gibt es positive Neuigkeiten von Hamburgs erstem Testzentrum in Bergedorf: Nach Abendblatt-Informationen wird es vermutlich am Freitagnachmittag an den Start gehen.